06.04.2013 Aufrufe

Botanische Zeitung - hibiscus.org - preview site

Botanische Zeitung - hibiscus.org - preview site

Botanische Zeitung - hibiscus.org - preview site

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

419 420 —<br />

die aucli ganz ausbleibt. (Involucrum abortn oli-<br />

gophyllum, monopltyllum, imlliim.)<br />

Da manche Botaniker beanstanden möchten,<br />

den bei Synd. tuberosum von mir als Involucrum<br />

bezeichneten Blattkreis als solches anzuerkennen,<br />

andere vielleicht der BlumenhüUe überhaupt keinen<br />

besonderen Wertli beizulegen geneigt sind , und<br />

eine dritte Klasse mir möglicherweise vorwirft,<br />

Ungleichartiges und üugleichwerthiges zusammenzuwerfen,<br />

so muss ich wohl in thunlichster Kürze<br />

einerseits das Verhältniss der Blumenhüllen zum<br />

Blüthenstände und ihren systematischen Wert», an-<br />

dererseits ihre Zusammensetzung und Entstehungs-<br />

weise auseinandersetzen.<br />

Vom physiologischen Standpunkte aus betrach-<br />

tet ist Alles Blüthenluille , was einen Blüthenstaud<br />

umhüllt, also auch der scheidenartig erweiterte, die<br />

unentwickelte Dolde fast hermetisch einschliessende<br />

Blattstiel des derselben zunächst sitzenden Stängel-<br />

blattes der Archangelica officinalis, der Angelica<br />

sylvestris und anderer Vmbelliferen , ferner die<br />

Spätlia der Aroideen, die blattartigen Nebenblät-<br />

ter mancher Leguminosen, die Schuppen unterhalb<br />

der Weiden - Kätzchen , die obersten Blattscheiden<br />

mancher Gräser u. s. w. u. s. w. Diesen Standpunkt<br />

muss der wissenschaftliche Botaniker verwerfen,<br />

sobald wie es sich darum handelt, durchgreifende<br />

Gesetze im Reiche der Pflanzengestalten nachzuweisen<br />

; die Verrichtungen , die unwesentlicheren<br />

wenigstens, binden sich bei den Pflanzen eben so<br />

wenig wie bei den Thieren, nicht an einzelne Organe<br />

oder Organkreise, sondern erscheinen unserm<br />

Auge oft willkührlich vertheilt. Beinen wird aufgegeben<br />

, als Fühler, als Raub<strong>org</strong>aue, als Kiefer,<br />

als Flossen, wohl gar als Kiemen zu funktioniren;<br />

Flügel müssen die Rolle der Flossen, dafür aber<br />

auch Flossen diejenige der Flügel übernehmen;<br />

Blattstiele, Nebenblätter, Blüthenstände werden als<br />

Haft<strong>org</strong>ane verwendet; Kelche müssen den Früch-<br />

ten als Hülle dienen; Kelche, Deckblätter, Fruchthüllen<br />

und Griffel, theilen sich mit dem Haarschopf<br />

der Saamen und dem flügelartigen Saamenrande in<br />

die aeronautischen Aufgaben derVersaamung, u.s. w.<br />

u. s. w. Der Morpholog lässt durch die Funktionen<br />

sich nicht irren , sondern hält sich an die Aufein-<br />

anderfolge der Organe, au den Platz, welchen das<br />

Organ am Körper einnimmt; die Einfügung ist für<br />

ihn das Norm- und Namen -Gebende. Ob er ein<br />

Deckblatt unterhalb einer grossen Blume mit seinem<br />

schärfsten Glase aufsuchen müsse, oder dasselbe<br />

für sich selbst als Schirm gegen Sonne und Regen<br />

brauchen könne , gilt ihm gleich ; für beide Gestal-<br />

tungen hat er nur einen Namen, in beiden sieht er<br />

dasselbe Organ. Und entwickelt es sich seinen<br />

leiblichen Augen gar nicht, so lässt er sich, dem<br />

Astronomen gleich , der die störenden Einflüsse erst<br />

in Anschlag bringt, nachdem er eine Planetenbahn<br />

nach der Theorie berechnet, dennoch nicht irre<br />

machen , und trägt das Organ als todtgsboren (fehl-<br />

geschlagen) ein, wenigstens die Stelle bezeichnend,<br />

an welcher es hätte erscheinen sollen. Für den<br />

Morphologen ist der erste wirkliche Organenkreis<br />

einer Blume ein Kelch, der zweite eine Krone,<br />

gleichviel ob er Conium macuTatum oder Pliysalis<br />

Alkekengi, Myosurus minimus oder Paeonia officinalis<br />

vor sich hat. Und Involucrum oder Blüthenstandshülle<br />

hat der Morpholog oder Organograph<br />

jeden Blattkreis zu nennen, der zum Blüthenstände<br />

sich verhält wie der Kelch zur einzelnen Blume,<br />

d. lt. den Blattkreis, der das Ende der vegetativen<br />

und den Anfang der reproductiven Pflanze bezeich-<br />

net, mit dem der eigentliche, typische Blüthen-<br />

staud beginnt. Dass Blüthenstaud und Blütheuzweig,<br />

d. h. ein Zweig, der selbst einen typischen Blü-<br />

thenstaud trägt (wie z. B. die Blüthenzweige der<br />

Euphorbien, deren eigentliche Inflorescenz von<br />

dem kelchähnlichen fünfblättrigen *) Involucrum<br />

umzäunt wird, wie die Blüthenzweige einer Angelica<br />

, eines Carduus u. s. w.) nicht dürfen verwechselt<br />

werden, versteht sich von selbst, sobald wir<br />

nicht in vielen Fällen fast das ganze Individuum<br />

zu einem einzigen Blüthenstände machen wollen,<br />

und werden wir deshalb jedesmal die Natur des<br />

Blüthenstandes s<strong>org</strong>fältig zu ermitteln haben. —<br />

Leicht ist letzteres keinesweges immer, und nicht<br />

selten bleiben uns, selbst nach der mühevollsten<br />

und umsichtigsten Prüfung aller Verhältnisse, Zweifel<br />

und Bedenken in Menge. Ja ich möchte nach-<br />

gerade behaupten, dass man in den Naturwissen-<br />

schaften um so schwieriger und seltner zu einem<br />

„Abschlüsse", einer „mathematischen<br />

G ewissheit" gelangt, je gewissenhafter man<br />

verfährt , je s<strong>org</strong>fältiger man vermeidet, der Natur<br />

Gewalt anzuthun.<br />

So z. B. wird man meines Erachtens häufig<br />

durch diejenigen Erscheinungen irre geleitet oder<br />

zweifelhaft gemacht, die ich unter die allgemeine<br />

Rubrik der,, Bestrebungen", des ,, Ringen nach einem<br />

bestimmten Ziele" bringen möchte. Zu diesen ge-<br />

*) Ich erwarte immer noch den Beweis der Unnahbar-<br />

keit meiner Annahme eines fünfgliedrigen Eupliorlrien -<br />

Involucruins und eines, durch das Auftreten von Nebenblättern<br />

anscheinend doppelten , in der That aber auch<br />

nur einfachen Erdbeeren-, Poteniillen- , Geurn - Kelches.<br />

Oder darf ich des Gegners Schweigen so deuten, wie es<br />

vor Gericht wurde gedeutet werden ? IUir antwortete<br />

die IVatur, auch im Jahr 1S47, auf diese Frage ,,ja!"<br />

Aber Andere erhalten vielleicht anderen Bescheid.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!