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nach mehreren Jahren ein Baus für Kappflanzen<br />
und ein anderes für neuholländische Gewächse; der<br />
Garten erfreute sich um diese Zeit der besonderen<br />
Gunst der Königin Charlotte aus dem Uause<br />
Mecklenburg- Strelitz, Gemahlin von Ge<strong>org</strong>e III.,<br />
der zu Ehren das Genus Strelitzia von Smith<br />
seinen Namen empfing und deren nicht unbeträchtliches<br />
Herbarium jetzt im Besitz von Robert<br />
Brown ist. Schon 1768 veröffentlichte Dr. Hill<br />
ein Verzeichniss der exotischen Pflanzen des Gartens<br />
in Kew, und 1789 Aiton ein zweites, wel-<br />
ches schon 5600 Nummern zählte. Als 1793 der<br />
ältere Aiton starb, folgte ihm in der Direktion<br />
sein Sohn W. T. Aiton, und kurze Zeit zuvor<br />
1789 ging der Garten durch Kauf an die königliche<br />
Familie über. Dem köuigl. Garten in Kew floss die<br />
reiche Ausbeute der Reisen von Cook und Banks<br />
um die Welt, von Flinders, Robert Brown<br />
und Cunningbam nach Neuholland, von Bowie<br />
nach Brasilien und von Masson nach dem Kap zu.<br />
Ausserdem waren zahlreiche Sammler in allen<br />
Theileu der Welt beschäftigt, neue Gewächse für<br />
die Aulagen in Kew aufzufinden , so dass meh-<br />
rere neue Gewächshäuser gebaut werden mussteu,<br />
um die reichen botanischen Schätze zu beherbergen.<br />
Leider aber hörte mit Ge<strong>org</strong>e's III. und<br />
Banks's Tode fast alles Interesse für den Garten<br />
in der königl. Familie auf, und der Zustand des-<br />
selben fing an Rückschritte zu machen, bis die<br />
öffentliche Meinung, welche sich anfing dafür aus-<br />
zusprechen ,<br />
dass der Garten ganz und gar öffentlichen<br />
wissenschaftlichen Zwecken gewidmet wer-<br />
den sollte, so weit durchdrang, dass 1838 das Finanzministerium<br />
eine Kommission feststellte, die<br />
den Zustand des Gartens untersuchen und darüber<br />
berichten sollte. Dieser Kommission stand Dr.<br />
L in die 3', der bekannte Botaniker, vor, und der<br />
Bericht dieser Kommission , welcher 1840 dem Un-<br />
terhause v<strong>org</strong>elegt wurde , hatte zur hauptsächlich-<br />
sten Folge, dass der Garten zur Verwaltung der<br />
königl. Forst- und Waldkommission zuertheilt und<br />
dass das Direktorat des Gartens, von Aiton dem<br />
jüngeren, 1841 auf den jetzigen Direktor Sir William<br />
Hook er übertragen wurde. SeitHooker's<br />
Direktorschaft beginnt eine neue Periode für den<br />
Garten in jeder Beziehung. Das Terrain des Gar-<br />
tens erhielt unter Hooker und seinem Unterdi-<br />
rektor (Curator) John Smith vielfache vorteil-<br />
hafte Veränderungen. Die alten , oft höchst unzweckmässigen<br />
Gewächshäuser wurden niederge-<br />
rissen und neue gebaut, besonders die höchste Zierde<br />
des Gartens: das Palmenhaus, ein Museum für<br />
Pflanzenprodukte angelegt u. s. w. , so dass der<br />
jetzige Garten mit Ausnahme des Museums 21 Ge-<br />
wächshäuser enthält, auf einer Fläche von 75 eng-<br />
lischen M<strong>org</strong>en (acres). Man ist aber im Begriff,<br />
ein Stück von 170 M<strong>org</strong>en hinzuzufügen, um darauf<br />
ein Arboretum anzulegen.<br />
Ich wende mich jetzt zur Beschreibung des heu-<br />
tigen Gartens*). Wir treten in ihn ein durch ein<br />
herrliches, dreithoriges, eisernes Portal; er ist alle<br />
Tage von 1 bis 6 Uhr für das Publikum im Allgemeinen,<br />
aber auch zu jeder anderen Zeit für einigermaassen<br />
anständig aussehende Menschen geöff-<br />
net. Es ist die gute Einrichtung getroffen, dass<br />
man bei dem Portier, der immer am Thore ist, eine<br />
höchst verständig geschriebene, populäre Beschrei-<br />
bung des Gartens von 56 kleinen Oktavseiten, aus<br />
der Feder des Sir William Hooker selbst, für<br />
6 d. (5 Sgr.j kaufen kann. Wenn diese Beschrei-<br />
bung wenig wissenschaftlichen AVerth hat , so ist<br />
sie doch von grossem praktischen Nutzen; denn<br />
durch die höchst populäre, koncise, nur die wich-<br />
tigsten Pflanzen und ihre Merkwürdigkeiten anführende<br />
Darstellung, durch Angabe des besten Weges,<br />
den man zu gehen hat, füllt sie ein dringen-<br />
des ßedürfuiss eines jeden, eiuigermaasseu gebil-<br />
deten Menschen aus und nährt das Interesse eines<br />
grösseren Publikums. Wie gut wäre es, wenn die<br />
Direktoren der botanischen Gärten in Deutschland<br />
Sir Will. Hook er in Abfassung eines populären<br />
und bündigen Führers nachahmten ! Je weniger<br />
wir haben, je mehr sollten wir dafür auf verstän-<br />
dige , praktische Weise in weiteren Kreisen zu in-<br />
teressiren und nützlich zu werden suchen.<br />
Sogleich rechts vom Eingange zeigt sich uns<br />
ein höchst elegantes Gewächshaus, welches ich<br />
etwa 25' hoch , 80' lang und 40' breit schätze. Es<br />
hat, wie die meisten anderen, die Firste des Daches<br />
in der Mitte. Diess Haus beherbergt eine höchst<br />
bedeutende Sammlung von Proteaceen vom Kap<br />
und besonders Neuholland, wovon jedoch, mit Ausnahme<br />
einiger Banksien und Vryandren — es war<br />
Anfangs März — nichts in Blüthe war. Diesem<br />
Hause gegenüber ist eine Pflanzung ausländischer<br />
Bäume, die englisches Klima ertragen können,<br />
worunter eine Ceder vom Libanon, deren Gipfel<br />
leider verstümmelt ist, von 3Ü' Dicke unsere Aufmerksamkeit<br />
besonders auf sich ziehen dürfte. Etwas<br />
weiter vorwärts und zur Linken hin erscheint wie-<br />
der ein prächtiges Gewächshaus , die ehemalige<br />
Orangerie von 142' Länge, 30' Breite und 25' Höhe.<br />
Hier sind eine Menge zarter Koniferen, z. B. Arau-<br />
caria excelsa, Abies Cunninghami , A. brasiliana,<br />
*) Siehe den Grundriss aur der dem vorigen Stück«<br />
der <strong>Zeitung</strong> beigegebenen Tafel IX.