Botanische Zeitung - hibiscus.org - preview site
Botanische Zeitung - hibiscus.org - preview site
Botanische Zeitung - hibiscus.org - preview site
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
— 837 — - 858 -<br />
als den Balken im eignen erkannten und dabei nicht<br />
etwa Staatsbürger wurden, sondern — Staatskinder,<br />
blieben. Die neueste Zeit hat der Belege nur<br />
zu viele dafür geliefert, dass Unverstand von allen<br />
Seiten nur unser Staatsgebäude untergrabe, wenn<br />
der Eine nur ewig still zu stellen wünscht , der An-<br />
dere lieber mit Siebenmeilenstiefeln vorwärts schrei-<br />
tet, Beide somit die höhere Weltordnung offenbar<br />
verkennen, wo nur ewige gesetzliche Entwickelung<br />
herrscht. Es gehört Bildung dazu, sich dieErkenntniss<br />
dieser ewigen Weltordnung anzueignen , um<br />
einzusehen, dass jeder andere Weg nur zur Revolte<br />
führt und die Erkenntniss dieser Weltordnung<br />
ist nirgends klarer und sicherer zu gewinnen als<br />
auf dem Gebiete der Naturwissenschaften. Wenn<br />
dieses aber nicht bestritten werden kann ; wenn es<br />
wahr ist, dass die Naturwissenschaften uns über-<br />
all zur Vernunft, zum Gesetze, zur Liebe und so<br />
zum Frieden führen , wenn sie nur recht verstanden<br />
werden, ist es auch klar, dass es die Pflicht,<br />
die dringende Pflicht der Priester der Naturwissen-<br />
schaften ist, diese selbst auch den Laien zu predigen,<br />
um immer mehr Bildung in die grösseren Mas-<br />
sen zu bringen, um immer mehr zu dem tausend-<br />
jährigen Reiche hinzudrängen , wenn wir es auch<br />
nicht erreichen möchten. Die Zeit drängt und das<br />
Vaterland ruft! Wehe und Schande über uns, wenn<br />
wir die Hände noch unthätig in den Schooss legen,<br />
wo Jeder dazu beitragen soll, in seinem nächsten<br />
Kreise zu wirken und der Unvernunft entgegen zu<br />
treten , wo Bildung und wieder nur Bildung die<br />
dringendsten Bedürfnisse unsres Volkes sind!<br />
Von diesem allgemeinen Standpunkte aus ist<br />
vorliegendes Buch abgefasst und es ist zunächst für<br />
Kinder geschrieben, weil mit dem Kinde, dieser<br />
jungen noch unverdorbenen Generation, der Hoffnung<br />
des Vaterlandes, noch Alles zu machen ist,<br />
während der alte Vetter Michel nicht mehr gebessert<br />
werden zu können scheint. Diesem jungen<br />
Publikum gegenüber war es nun nölhig, Styl, Behandlung<br />
und Methode auf das S<strong>org</strong>samste dem Stoffe<br />
anzupassen. Der Styl musste kindlich naiv, heiter,<br />
einfach und oft poetisch sein, die Behandlung der<br />
Sache bei tiefster Wissenschaftlichkeit ethisch, so<br />
dass das junge Gemüth, der junge Geist sich immer<br />
seihst wieder in der Natur auffinden konnte und zu-<br />
gleich den Weg, durch welchen uns die Natur so<br />
einfach lieblich selbst erzieht, dass sie auch ein<br />
Herz für uns hat, wenn wir ein Herz für sie haben.<br />
Zunächst ging ich — was die Methode anlangt<br />
— zu der Betrachtung des <strong>org</strong>anischen Reichs und<br />
somit zuerst zur Pflanzenwelt, welche die Hälfte<br />
des ganzen Buches ausmacht. Ich ging zuerst hier-<br />
her, weil dem Menschen diese grüne Welt die zu-<br />
nächst liegende und auch die anziehendste ist. Hier<br />
zeigt' ich, wie die ganze Pflanzenwelt nur Ein Organismus<br />
ist, in welchem überall Leben, Entwicke-<br />
lung und Ordnung herrschen. Das System, das ich<br />
dabei befolgte, ist auf die Entwickelungsgeschichtc<br />
der Pflanzenachse begründet und dasselbe, was ich<br />
in meiner Entwickelungsgeschichte der Lycopodia-<br />
ceen (Bot. Zeit. 1846 p. 685 u. f) näher erläutert<br />
habe. In diesem Pflanzenreiche habe ich es versucht,<br />
das Kind durch Styl, Behandlung des Stoffes und<br />
Methode für die Natur zu gewinnen. Ist mir die-<br />
ses gelungen, dann wird das Kind gewiss auch<br />
gern wissen wollen , wie es denn auch im Thier-<br />
reiche aussehe; ob auch dort dasselbe Leben, die-<br />
selbe Entwickelung, dieselbe Ordnung herrschen;<br />
ob auch dort ein einziger untheilbarer, mit dem<br />
vorigen zusammen hängender Organismus sei? Und<br />
so gehe ich denn auch zum Thierreiehe über, wo-<br />
selbst ganz auf ähnliche Weise ein vollständiges<br />
System durchgeführt wird, wie vorher im Pflanzen-<br />
reiche. Damit schliesst das <strong>org</strong>anische Reich. Die,<br />
in beiden Reichen befolgte, Methode ist die, dass<br />
ich jede Familie mit einigeu, meist poetischen Wor-<br />
ten einleitete, um so das Kind unvermerkt auf die<br />
leichteste Weise von der Welt in den Gegenstand<br />
seihst und somit in das Schwierigere hereinzuzie-<br />
hen und so zu fesseln. Deshalb ist das Ganze ge-<br />
nau so gehalten, als ob das Kind einen Roman zu<br />
lesen hätte, in welchem aber immer wieder der<br />
eigentliche Kern der Wissenschaft den Mittelpunkt<br />
bildet, um den sich jede Phrase bewegt. Meine<br />
Aufgabe war, auf diese Weise dem Kinde eine<br />
Fii^le von positiven Kenntnissen zu verschaffen und<br />
das ist nur dadurch geschehen, dass jede Familie<br />
nur das Fundament hergab, auf welchem ewige<br />
Wahrheiten festwurzeln. So z. ß. behandelte ich<br />
bei den Gräsern die Verbreitung der Pflanzen, bei<br />
den Coniferen die Blattstellung, bei den Orchideen<br />
die Befruchtung, bei den Euphorbiaceen die Harz-<br />
und Milchsaftgefässe , bei den Umbelliferen die ßlü-<br />
thenständc, bei den Leguminosen die Fruchtgestalten<br />
, bei den Solaneen das Amylum u. s. w. Da-<br />
durch allein wird die ganze Behandlung erst pla-<br />
stisch, anschaulich. Die Beziehungen der Pflanze<br />
zum Menschen in materieller und geistiger Beziehung<br />
bilden den ethischen Faden, der sich durch<br />
das Ganze zieht. So z.B. spreche ich bei den Gräsern<br />
von der Bedeutung des Zuckerrohrs, durch<br />
welches so und so viel Tausende beschäftigt, Meere<br />
und Festland belebt werden, ja die Schicksale und<br />
Freiheiten so vieler Völker bestimmt wurden. Absichtlich<br />
habe ich das Kind immer zu dem Unbedeutenden<br />
geführt, zu dein Zunächstliegenden und<br />
darum gewöhnlich so leicht Ueberseheneii, demVer-