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5S" — — 5SS -<br />
feierlicher Stille einer jungfräulichen Natur breitete<br />
sich zu unseren Füssen das von einer Menge üppi-<br />
ger Oasen überstreute Thal des Miiyäng aus. Kein<br />
Zeichen eines regen Lebens, kein Lärmen schaf-<br />
fender Menschenhände störte den tiefen ernsten<br />
Frieden, in welchem die Natur stolz zu uns heraufblickte.<br />
Nach S. , 0. und W. verschmolzen unabsehbare<br />
Bergketten zu der Oberfläche eines grünen<br />
wogenbewegten Meeres; nur in S.O. und im fernen<br />
W. ragten die düstern kahlen Felsenmassen des<br />
Mairari und in S.W. der eigenthümliche thurmähuliche<br />
Mareppa - Emba , der letztere in einer Höhe<br />
von 3500' über diess Vegetationsmeer empor, über<br />
das sich, etwas weiter gegen W. , der Erimitepu,<br />
in W. gen S. aber die ücaraima -Kette erhob.<br />
Nach dem Böhenbarometer befanden wir uns 3690'<br />
ü. d. M. Die erstiegene Felsenwand war noch keineswegs<br />
der Gipfel des Humirida, dieser war noch<br />
zu ersteigen, bevor wir den Blick auch frei gegen<br />
N. schweifen lassen konnten. Zwischen den Ritzen<br />
der Sandsteinschichten sprossten mehrere Orchideen,<br />
namentlich jene beiden Species Epidendrum und<br />
ein schönes Odontoglosswn hervor, zu denen sich<br />
auch eine kleine mit schilfartigen Blättern ausge-<br />
stattete Orchidee gesellt hatte, die sich aber leider<br />
nicht mehr in Blüthe befand. Ausser diesen Or-<br />
chideen hatte sich auch die mit rosa Blüthen bedeckte<br />
Marcetia taxifolia DC. die Ritzen und<br />
Spalten zum Standort erwählt, eine Pflanze, die<br />
ich hier zum erstenmal sah und in der ich aus der<br />
Ferne schon eine Erica gefunden zu haben glaubte.<br />
Als wir den eigentlichen Gipfel erreicht, lag gegen<br />
N.W. , N. und N.O. ein weites herrliches Hochland<br />
vor uns, das von unbedeutenden Hügeln, saftig<br />
grünen Wald- und Gesträiichgruppen unterbrochen<br />
wurde , bis den fernen Horizont wieder hohe Gebirgsketten<br />
begrenzten. Ueber einen weichen<br />
sammtartigen , noch vom Thau bewässerten Rasen-<br />
teppich setzten wir urisern Weg rein gegen N. fort,<br />
bis mich eine dichte Gruppe baumartiger Gewächse<br />
von diesem ab- und nach sich hinzogen. Es waren<br />
merkwürdige Formen ! Ihr nackter Stengel von<br />
mehreren Fuss Umfang, verzweigte sich bald dicho-<br />
tomisch , wobei diese Zweige an ihrer Spitze in<br />
lange grasartige breite Blätter ausliefen. Der Man-<br />
gel an Blüthen und Früchten liess es unentschieden,<br />
ob die merkwürdigen Pflanzen den Pandaneen oder<br />
Vellozieen zuzuzählen seien. Zwischen kleinem<br />
Sandsteingeröll, das von Eriocaulon und einem<br />
eigenthümlich grauschwarzen Grase überzogen war,<br />
ragten diese sonderbaren Formen steif in die reine<br />
Luft empor. Schon bei der Ersteigung dieses Sand-<br />
steingebirges im J. 1838 hatte mein Bruder eine<br />
Gruppe dieser merkwürdigen Pflanzen entdeckt, sie<br />
aber damals auch ohne Blüthe und Frucht gefun-<br />
den. Sein lebhafter Wunsch, diese eigenthümliche<br />
Pflanze mit der Blüthe kennen zu lernen , sollte<br />
bald erfüllt werden. Unter dem Austausch gegen-<br />
seitiger Vermutlmugen hatten wir den Abhang er-<br />
reicht, wo uns von dem leichten Westwind der<br />
köstlichste Wohlgeruch zugetragen wurde und das<br />
Auge mit Verwunderung auf zahllosen, mit weiss,<br />
violett und purpurrot», übersäeten Blüthenstengeln<br />
haften blieb, die hoch über das sie umgebende Ge-<br />
büsch emporragten. Es waren Gruppen der reizenden<br />
Sobralia, unter denen die Sobralia Elisa-<br />
bethae Schomb. alle anderen au Hohe übertraf.<br />
Ich fand Blüthenstengel von 5— 6'. Doch nicht<br />
allein die Sobralien, sondern auch das Gebüsch<br />
und die niederen Bäume , die in Folge des starken<br />
Thaues von Nässe trieften, waren mir unbekannt.<br />
Jeder Strauch , jede Staude , jeder Baum war mir<br />
neu, wenn auch nicht der Familie, so doch der<br />
Species nach. Ich stand jetzt an der Grenze einer<br />
mir noch fremden Pflanzenzone, die, wie durch<br />
ein Zauberwort in neuen, wunderreichen Formen<br />
herv<strong>org</strong>erufen , unerwartet vor mir lag. Dasselbe<br />
Staunen, dieselbe Ueberraschung, dieselben Gefühle<br />
stiegen in meiner Brust auf, die sich meiner bei<br />
dem Landen auf dem südamerikanischen Continent<br />
bemeistert hatten, nur dass ich mich nicht mehr auf<br />
ihm, sondern auf einem neuen Welttheile, zwischen<br />
die Proteaceen Afrika's und Neuholland's, die Mela-<br />
leuca's Ostindiens und Australiens versetzt glaubte.<br />
Die lederartigen steifen Blätter , die vielfach gewundenen<br />
Zweige , die fremdartigen noch nie gesehenen<br />
grossartigen Blüthenformen, ihr grelles Colorit,<br />
alles, alles wich wesentlich von dem mir<br />
schon vertraut gewordenen Vegetationscharacter<br />
ab. Ich wusste nicht, wo ich mein Auge zuerst<br />
hinwenden, ob nach dem wachsälinlichen, grell<br />
mit krystallreinen Thautropfen behangenen Blüthen<br />
der Thibaudia , Bejaria und Archytaea, oder nach<br />
den grossen camellienartigen weissen Blüthen einer<br />
Bonnetia , ob ich es haften sollte lassen auf den<br />
mit tausend Blüthen besetzten Sträuchern der Melastoma's,<br />
der Abolboda , Yochysia , Ternstroemia,<br />
Andromeda , Clusia , Kielmeyera , oder auf den<br />
fremdartigen Blüthengebilden der Sobralien. Onci-<br />
dien, Cattleva's, Odontoglossen , Epidendrum's, die<br />
die feuchten Sandsteinblöcke überzogen; — und<br />
wie unendlich viel waren schon verblüht, oder war-<br />
teten noch ihrer Blüthenentwicklung! Fast schien<br />
es, als habe Flora durch diese unendliche Blüthen-<br />
fülle den auffallend drückenden Mangel alles animalischen<br />
Lebeus ausgleichen wollen; — alles war<br />
still, iu tiefe Feier gehüllt, selbst die neckenden<br />
Colibris und Nectarinen waren verschwunden ; —