Elek-Mantow: Zyklus 3 - André Wiesler
Elek-Mantow: Zyklus 3 - André Wiesler
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Vogelfreiheit - Stephan Packard<br />
flogen sie über die weiten kargen Felder, die sich nach Norden hin anschlossen. Dem Falken gefiel<br />
nicht, daß der andere ihm folgte. Wenn er sich nicht abschütteln ließ, mußte er ihn wohl töten.<br />
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Der Raum war winzig klein, nur ein Schreibtisch und zwei Stühle standen darin. An der Wand war<br />
ein schmales Brett angeschraubt, auf dem ein paar Folianten lagen. Welches Leben konnte ein<br />
Mensch zwischen den papiernen Seiten führen, das es wert war, gelebt zu werden? Und wieso hatte<br />
der alte Mann diese karge Stube mit magischer Hilfe gesichert?<br />
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Schon drei Erzminen hatten die beiden Vögel jetzt auf ihrer Jagd überflogen, und nun endlich<br />
änderte der Falke seine Richtung und bog nach Westen ab. Die Krähe folgte ihm weiter.<br />
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Lyr hatte eine Türe gefunden. Es war ein schweres, gut geriegeltes Schloß daran, aber der<br />
Türflügel stand einen Spalt weit offen. Mit einiger Anstrengung zerrte Lyr das eiserne Portal zur<br />
Seite und spähte auf eine Treppe hinunter.<br />
Kurze Zeit nur zögerte sie, dann legte sie wie zur Beruhigung die Hand auf das Schwert an ihrer<br />
Seite, richtete sich auf und ging die von Fackeln beleuchteten Windungen hinunter.<br />
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Jetzt griff er an. Eben noch hatte der Falke alle Kraft darauf verwendet, möglichst schnell nach<br />
Hause zu kommen, jetzt bremste er urplötzlich ab, machte eine Kehrtwende und sauste mit<br />
einem Mal auf die etwas unter ihm fliegende Krähe hinab.<br />
Manyr erschrak, konnte gerade noch ausweichen. Kurz war er ins Trudeln gekommen, jetzt pumpte<br />
er sich mit seinen hölzernen Flügeln in eine bessere Position hinauf.<br />
Der Falke war in seinem Sturzflug fast bis zum Erdboden gelangt. Kurz streiften seine Krallen<br />
den steinigen Untergrund, dann erhob er sich wieder. Mit wenigen Flügelschlägen hatte er eine<br />
günstige Luftströmung erreicht und machte sich an einen zweiten Angriff.<br />
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Am unteren Ende der Treppe befand sich eine weitere Tür, noch besser gesichert als die obere, aber<br />
ebenfalls geöffnet. Lyr stieß sie zur Gänze auf und warf einen Blick in Manyrs Keller.<br />
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Noch zweimal konnte die Krähe ihrem neuen Verfolger ausweichen, nur ihr linkes Bein war vom<br />
hölzernen Rumpf abgesplittert und die vielen Sprungweiten bis zum Boden gefallen.<br />
Der Gebirgsfalke wurde mit jedem Mal zorniger, seine Bewegungen ständig schneller. Diesmal<br />
würde der andere nicht entkommen. Er ruhte sich auf einem kurzen Gleitflug in Wolkenhöhe<br />
von der letzten Strapaze aus, dann löste er sich ganz sanft von dem kreiselnden Kurs und fiel auf<br />
Manyr zu.<br />
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Ein wildes Krächzen jagte durch den dunklen Keller.<br />
Gleichzeitig krümmte sich Manyrs schlafender Leib auf dem Sand zusammen. Lyr hatte eine der<br />
Fackeln aus dem Treppenhaus von der Wand losmachen und in den Keller mitnehmen müssen,<br />
weil alle Flammen in diesem Raum verlöscht waren.<br />
Jetzt beugte sie sich mit fragendem Gesicht über den wild zuckenden Greis und versuchte<br />
herauszufinden, ob er nur schlecht träumte oder womöglich krank und ins Fieber gefallen war.