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Elek-Mantow: Zyklus 3 - André Wiesler

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Wie der Hieb des multorischen Säbels - <strong>André</strong> <strong>Wiesler</strong><br />

„Wenn ich es nicht besser wüßte“, und Inigo verharrte, freundlich lächelnd, „könnte ich meinen, ihr<br />

würdet mir einen Vorwurf daraus machen. Aber dem ist wohl nicht so. Wenn dies aber auf eure<br />

eigene Art und Weise die Frage war, ob ich Abhilfe weiß, so seid mir willkommen!“<br />

Die junge Frau starrte ihn mit offenem Mund an, die Wut malte sich langsam in ihren Zügen ab.<br />

Inigo beschloß noch einen Scheit auf das Feuer zu werfen, daß zu entzünden er im Begriff war:<br />

„Allerdings ist an das ganze eine Bedingung gebunden. Ich meine, ihr werdet verstehen, ich kann euch<br />

schwer helfen, ohne...“<br />

Das Feuer loderte auf und ließ ihr Gesicht in einem hübschen Licht erstrahlen. Sie war eine dieser<br />

Frauen, denen man sagen konnte: Ihr seht bezaubernd aus, wenn ihr wütend seid.<br />

Die Multor stampfte einmal kurz auf und fauchte ihn an: „Eine Gegenleistung! War es das was ihr<br />

sagen wolltet? Dann hört mir gut zu, ihr Straßendieb, ihr mantowinischer Halsabschneider. Ich bin ein<br />

anständiges Mädchen, und was in Köpfen wie den euren vorgeht, weiß ich nur zu gut!“<br />

„Darüber“, gab Inigo ruhig zurück, „sollten wir uns ausführlich unterhalten, denn ich würde gern<br />

erfahren, was in Köpfen wie meinem vorgeht. Was ich aber sagen wollte, war, und bitte unterbrecht<br />

mich nicht, ich kann euch nicht helfen, ohne euren Namen zu kennen! Da werdet ihr mir doch<br />

zustimmen?!“<br />

Wieder stand ihr Mund offen, und Inigo beschloß, daß es nun genug war. Er wollte die junge Dame<br />

nicht noch verspotten, schließlich hatte sie ihre Barschaft verloren und Inigo wußte, wie schmerzhaft<br />

dies war. Gedankenverloren tätschelte er die vier Eisensonnen in seiner Tasche: „Verzeiht meine<br />

Frechheit, aber ihr müßt verstehen, daß ich etwas unwirsch reagiere, wenn eine so bezaubernde junge<br />

Dame von solchen Rüpeln nicht nur belästigt, sondern auch noch bestohlen wird. Das ich meinen<br />

Spott auf euch gelenkt habe, ist unverzeihlich, ich möchte euch aber trotzdem bitten es zu versuchen.“<br />

Das Gesicht der Multor entspannte sich ein wenig. Sie nickte, nun sogar mit einem leicht amüsierten<br />

Lächeln.<br />

„Wollt ihr mir nun euren Namen nennen?“<br />

„Yes...“, sie brach ab, fing sich aber schnell wieder,“ Yesihja ist mein Name, Yesihja... die Magd!“<br />

Sie lächelte etwas schief.<br />

Wie interessant, sie wollte ihm also ihren richtigen Namen nicht nennen... Nun ja, sie würde ihre<br />

Gründe dafür haben.<br />

„Nun denn, Yesihja, dann wollen wir mal überlegen, was wir nun tun. Mir scheint, ihr seid fremd in<br />

<strong>Elek</strong>-<strong>Mantow</strong>?“<br />

Yesihja nickte zustimmend: „Ich bin schon seit einigen Tagen in der Stadt. Ich wollte eine Freundin<br />

besuchen, aber sie scheint verschollen. In dem Haus, in dem sie wohnen soll, hat man seit Tagen<br />

nichts von ihr gesehen, sagt man.“<br />

„Und das war euer ganzes Geld?“<br />

Yesihja nickte erneut: „Ich bin sehr verzweifelt. Ich hoffte bei Atakuela Zuflucht zu finden. Nun kann<br />

ich nicht mal mehr mein Zimmer im Gasthaus zahlen.“<br />

Inigo witterte seine Chance, doch abgesehen davon tat ihm das Mädchen... die Frau wirklich leid.<br />

Also legte er ihr -vorsichtig- die Hand auf die Schulter, bemühte sich es so väterlich als möglich zu<br />

tun, und sprach mit einer Stimme voller Mitleid: „Ich weiß, ihr werdet ablehnen, aber es würde mich<br />

sehr glücklich machen, wenn ihr in meinem bescheidenes Hause... Ich werde natürlich auf dem Boden<br />

schlafen. Ihr habt außerdem mein Wort als Ehrenmann!“<br />

Yesihja blickte ihn mißtrauisch an. Inigo schob ein wenig das Kinn vor und versuchte so aufrichtig<br />

wie möglich auszusehen. Wie hatte es sein Mentor gesagt: „Inigo, auch echte Aufrichtigkeit braucht<br />

den entsprechenden Schuß Schauspielkunst, sonst wird sie einem nicht abgenommen!“<br />

„Einverstanden“, sagte sie, und dann in einem überraschend harten Befehlston: „führt mich!“ Ob sie<br />

gewohnt war zu befehlen?<br />

���<br />

„Der Tee müßte im Moment so weit sein! Es dauert mich wirklich, euch nur diese windschiefe Hütte<br />

und dieses karge Mahl bieten zu können.“, sagte Inigo und wies mit der Hand auf Brot, Käse, Wurst<br />

und Obst, daß er aufgetischt hatte. Es war vielleicht dreist einfach Logush´ Hütte zu übernehmen, aber<br />

er war ja auf Reisen und würde so bald nicht wiederkommen, und für eine anständige Unterkunft in<br />

einem Gasthaus reichte sein Geld nicht mehr. Auch er war erst seit Jahresanfang in <strong>Elek</strong>-<strong>Mantow</strong> und<br />

hatte bis jetzt in den verschiedensten Gasthäusern genächtigt.

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