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Elek-Mantow: Zyklus 3 - André Wiesler

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„Das Licht das weg tut“ ist eingeschlafen - Claudia Wamers<br />

er die große Truhe unter dem Fenster ins Auge gefaßt um sich zu verstecken, aber dann bräuchten sie<br />

nur den Deckel anzuheben, dann wäre er entdeckt. Nein, Gabraal schaute sich gehetzt um.<br />

DA! Er entdeckte in einer Ecke des Raumes die Axt und den Bogen seines Vaters. Die bösen<br />

Zauberer hatten auch nur eine Chance gehabt, weil Vater sie nicht erwartet hatte! Jawohl, wenn er es<br />

gewußt hätte, dann hätte er sie mit seiner Axt in zwei Stücke gehauen, in ganz viele Stücke, wie einen<br />

Baumstamm für das Feuer, jawohl. Für einen Sekundenbruchteil sah sich Gabraal mit der Axt einer<br />

Übermacht von Monstren und Magiern gegenüber... brrr, äh ba!<br />

Er schüttelte den Kopf. So würde das dann doch nicht gehen, die Axt war ja so groß wie er selber.<br />

Lieber tat er einen Griff in die Jagdtasche des Vaters. Dort war ein unheimlich scharfes Messer, ein<br />

kostbarer Besitz der nicht gerade reichen Familie Barilkian. Das Messer nahm Vater immer, wenn er<br />

einem erlegten Tier das Fell zerschnitt, falsch, wenn er das „Wild aufbrach“, so nannte Vater das<br />

immer, ja. Gabraal füllte noch einmal Öl aus der Flasche auf dem Wandbord in die Lampe nach, so,<br />

dann machte er sich bereit.<br />

Mit dem scharfen Jagdmesser vor sich in den zusammengekrampften Händen kauerte sich Gabraal in<br />

den finstersten Winkel des Wohnraumes, tief in die ihn eigentlich schrecklich ängstigenden Schatten,<br />

und wartete. Worauf? Er wußte es nicht. Er saß nur da und wartete, er würde ein Held sein, jawohl,<br />

ein Held! Ein Held, der sich wahrscheinlich gleich in seine Hosen machen würde...<br />

Und so saß er nun da in seinem Winkel und ließ seinen Blick über die im Dunkel der Nacht so seltsam<br />

unvertraut und fast bedrohlich wirkenden Gegenstände im Wohnraum schweifen. Fast in jedem<br />

Eckchen saß auf einmal ein Monstrum mit Klauen und Fängen, das ihm an den kleinen Kragen wollte.<br />

Wieder spürte Gabraal den kalten Schweiß aus seinen Haaren hervor rinnen, wieder spürte er den<br />

Eisklumpen in seinem Magen. Seine Augen begannen zu brennen, er wollte keinen Moment die Lider<br />

senken - das konnte genau der Augenblick sein, den „die da draußen“ nutzen würden, bestimmt war<br />

das so!<br />

Doch irgendwie, irgendwie, senkten sich etwas später die bleischweren Lider und Gabraal sackte, von<br />

Erschöpfung übermannt, schlummernd in sich zusammen. Das war zu viel gewesen für den kleinen<br />

Kerl. Kurz darauf hörte man dann aus der Ecke das leise klappern eines zu Boden fallenden<br />

Jagdmessers und die raschen Atemzüge eines unruhig schlafenden Kindes, das in seinen Träumen<br />

durch die Gassen von <strong>Elek</strong>-<strong>Mantow</strong> jagte - um als großer, gelehrter Zauberer die bösen Leute zu<br />

finden, die seiner Mama, seinem Vater und seinem Bruder etwas getan hatten.<br />

���<br />

Nachdem sich das Wesen seine Wut aus dem Leib geschrien hatte, und seine Wut war groß, schlich es<br />

sich näher an den Holzkasten heran. Jetzt nahm es sich die Zeit, den Holzkasten zu umrunden, sich<br />

alles genau anzusehen. Ja - nur ein Zweibeinling war hier in diesem Kasten aktiv, nur einer. Und das<br />

war der kleine Zweibeinling aus dem Hain, der den Stein gestohlen hatte. So, jetzt nochmals genau<br />

alles überprüfen... Die Fäden des Zweibeinlings deuteten darauf hin, daß er sich in dem Holzkasten<br />

umherbewegte und sehr aufgeregt war....<br />

Sehr schön, der Geschmack des Blutes wäre danach nur noch besser, alles angereichert mit Angst,<br />

Aufregung und... mhm, Zorn auf etwas. Aber lange durfte er nicht mehr warten, dann hätte der kleine<br />

Zweibeinling wahrscheinlich genau so wirre Fäden um sich herum, wie der weiche Zweibeinling, den<br />

er etwas früher getroffen hatte.<br />

Das kleine Wesen huschte nahe an die Wand heran, suchte einen Eingang in den Holzkasten.<br />

Während seiner Suche spürte er immer noch den Fäden des Steines und des Zweibeinlings nach...<br />

wunderbar. Der Stein war nahe, und die Fäden des Zweibeinlings.... bei allem Blut der tausend<br />

Welten! Was taten denn die Fäden des Zweibeinlings da?<br />

Die Fäden waren eine Zeit lang ziellos umher gewirbelt, nicht wild durcheinander, nein, aber eben<br />

ziellos. Jetzt schienen sie sich zu formieren, schienen irgendwo etwas bewirken zu wollen, etwas zu<br />

suchen. Allerdings war das Muster, das diese Fäden vor den Augen der Kreatur woben, sehr<br />

ungewöhnlich. Der Zweibeinling sollte eines solchen Musters gar nicht fähig sein, das Muster war<br />

viel zu komplex... Irgendwie schienen sich die zu diesem Muster benutzten Fäden auch verändert zu<br />

haben, nicht direkt von dem kleinen Zweibeinling zu stammen. Später vielleicht, wenn der kleine zu<br />

einem großen Zweibeinling geworden wäre, dann vielleicht... dann hätte er solche Fäden weben<br />

können.

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