Elek-Mantow: Zyklus 3 - André Wiesler
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„Das Licht das weg tut“ ist eingeschlafen - Claudia Wamers<br />
„Das Licht, das weh tut“ ist eingeschlafen ...<br />
Claudia Wamers<br />
„Hmmm, nein.... nicht.... ich will nicht... Mama... warum ist es so dunkel..., so kalt...“, Gabraal<br />
Barilkian murmelte leise und verängstigt im Schlaf vor sich her.<br />
„Ich will nicht mehr schlafen.... Mama... mach mich wach, Mama!“, Gabraal schrie den letzten Satz<br />
aus seinen Träumen. So laut war der Ruf, daß er selber davon erschrak und einen Augenblick lang<br />
nicht mehr wußte, ob er noch schlief oder schon wach war.<br />
Ein seltsamer Traum war das, ein blöder, böser, häßlicher...! Gabraal atmete immer noch sehr schwer<br />
und schnell, er spürte wie der Schweiß ihm aus dem zerwühlten roten Haar eiskalt in den Nacken<br />
rann, und doch lag er still und steif auf seinem Strohsack und klammerte sich an den rauhen Stoff, der<br />
ihm ein trügerisches Gefühl von Vertrautheit vermittelte. Dann, langsam, ließ die schreckliche<br />
Anspannung nach, allerdings - irgendwo in einem kleinen Winkel seines Magens saß die Erinnerung<br />
wie ein Klumpen Eis... Was hatte er geträumt? Keine Ahnung - er wußte es nicht mehr, er wollte sich<br />
aber ganz gewiß auch nicht mehr daran erinnern!<br />
Nach und nach stellten sich seine anderen Sinne ein... Er lauschte auf das Haus, er starrte vor sich an<br />
die Wand seines Schlafwinkels... Es mußte wirklich noch sehr früh am Morgen sein, es war noch sehr<br />
dunkel in diesem kleinen Winkel, den er sich zum Schlafen mit Krajin, seinem Zwillingsbruder,<br />
teilte... Allerdings war Gabraal gar nicht mehr müde... So finster wie es im Haus war, mußte es<br />
eigentlich noch früh, und er eigentlich noch viel müder sein. Er konnte ja noch nicht einmal den<br />
Feuerschein von Mutters Herd unter seinem Vorhang hindurch schimmern sehen, der ihn sonst jeden<br />
Morgen begrüßte...<br />
Er sah sich nach seinem Bruder um. Der hätte eigentlich längst neben ihm im Bett stehen müssen, so<br />
laut wie Gabraal geschrien hatte. Überhaupt schien ihn keiner gehört zu haben - es war still in dem<br />
kleinen Haus... Vielleicht hatte er ja seinen Schrei auch nur geträumt, vielleicht?<br />
Gabraal knotete sich langsam und umständlich aus der Decke und hockte sich auf die Knie. Dann ging<br />
er auf die Suche. Irgendwo hier mußte er doch sein, sein Bruder.... na wo war er denn... Er tastete über<br />
die gesteppte Decke, die ihre Mutter im letzten Sommer für sie gemacht hatte, damit die kalten<br />
Wintermonate nicht so schlimm waren. Normalerweise war die mit duftenden Gräsern ausgestopfte<br />
und mit Kaninchenflaum, der bei den Pelzarbeiten seines Vaters schon einmal abfiel, gepolsterte<br />
Decke warm und weich. Jetzt war der Stoff aber seltsam hart, steif und kalt unter seinen kleinen<br />
Fingern.<br />
Seine Hände wühlten immer wilder, in der Hoffnung irgendwo auf seinen Bruder zu stoßen. Doch<br />
Krajin, sein GROSSER Bruder Krajin (immerhin ein paar Minuten älter als er), war nirgendwo zu<br />
entdecken.<br />
Langsam wurde es Gabraal unheimlich. Wo konnte... natürlich, er war sicher draußen, der besondere<br />
„Topf“ stand dort neben ihrer Schlafnische, und... Aber es war so still draußen... Krajin hätte doch<br />
sicher etwas hören und sich rühren müssen. Ah nein - nicht Krajin! Der stand doch sicher neben dem<br />
Vorhang, draußen vor der Nische, um ihm ein Kissen, oder vielleicht den Inhalt eines Wassereimers,<br />
auf den Kopf zukommen zu lassen. Langsam tastete sich Gabraal bis an den Rand der Bettkiste und<br />
lugte von innen unter dem Vorhang hervor - nichts.<br />
Gabraal seufzte ergeben - lieber einen Schwall kalten Wassers abbekommen, dann hatte man selbst<br />
seine Ruhe und der Bruder seinen Spaß...<br />
Langsam schob er also seinen Kopf durch die Spalte in dem bunten Vorhang hinaus - nichts geschah,<br />
niemand war da! Seltsam.<br />
Als er sich suchend umblickte nahm er noch verschiedene andere Dinge wahr, die Luft war kalt, sehr<br />
kalt, der Ofen war wirklich nicht an, und sofort fröstelte ihn. Aber irgendwie bemerkte er auch, daß<br />
dies eine besondere Art von Kälte war. Eine Gänsehaut überkam ihn, die man nicht durch einen<br />
angewärmten Stein am Fußende des Bettes oder einen Becher mit heißer Milch bekämpfen konnte...<br />
Er sah sich in dem Raum um, der ihnen als Wohnraum, Küche und Webstube diente. Es war zwar<br />
dunkel, aber irgendwie schien es Gabraal so, als wäre die Dunkelheit nicht richtig - Unsinn... aber das<br />
Licht war seltsam - es war irgendwie... falsch. Immer wenn er in einen Winkel des Raumes sah,<br />
glaubte er aus den Augenwinkeln ein seltsames Schimmern der Luft auf der anderen Seite des Raumes<br />
wahrzunehmen. Wenn er dann schnell hinsah, war es verschwunden. Gabraal wägte ab - war er nun<br />
wach, oder träumte er immer noch diesen seltsamen Traum?