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Elek-Mantow: Zyklus 3 - André Wiesler

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Schattenspiele - Claudia Wamers<br />

zwischen die Ohren - dieser jaulte auf und ließ von ihr ab. Mit angelegten Ohren duckte sich<br />

Silbermähne vor ihr und ließ ein dunkles Grollen vernehmen, dann machte er auf der Stelle kehrt und<br />

die anderen Wölfe folgten ihm - auf der Suche nach einem leichteren Opfer.<br />

Der Mann blickte den flüchtenden Tieren nur kurz hinterher, steckte den Säbel weg und wandte sich<br />

der jungen Frau zu. Diese ließ sich, langsam, mit der einen Hand den verletzten Unterarm haltend, an<br />

dem Baumstamm zu Boden sinken. In Gras und Schlamm am Fuße des Stammes blieb sie nach Atem<br />

ringend sitzen.<br />

Während der Mann auf sie zutrat betrachtete er sie interessiert. Eine Strähne dunkler roter Locken fiel<br />

ihr unter der Kapuze ihres ledernen Umhanges in das blasse, erschöpft aussehende Gesicht. Die<br />

Anstrengung ließ sie älter aussehen, als sie wohl war. Man konnte sie auf etwas über zwanzig<br />

Sommer zählen. Der Reiter kniete neben ihr nieder und griff vorsichtig nach ihrem Arm, um sich die<br />

Wunde einmal anzusehen, die rot durch den Blusenärmel schimmerte.<br />

Das heißt er wollte nach dem Arm greifen, doch plötzlich, wie der sprichwörtliche Blitz aus heiterem<br />

Himmel, spürte er eine kleine aber ungemein scharfe Klinge unverrückbar an seiner Kehle.<br />

„Eine falsche Bewegung, mein Freund, nur eine falsche Bewegung..“, hörte er die Frau leise sagen,<br />

„dann hast Du große, große Schwierigkeiten.“<br />

Er ließ seinen Blick vorsichtig von dem verletzten Arm hochwandern, bis in ein paar klare graue<br />

Augen - und er glaubte der Frau aufs Wort. Sofort nahm er seine Hand zurück und hob<br />

beschwichtigend beide Hände. Die Frau rückte etwas von ihm ab, somit verschwand auch der Druck<br />

der scharfen Klinge.<br />

„Wenn Ihr es wollt, so kann ich gerne gehen und euch hier zurücklassen. So es euer Wunsch ist, edle<br />

Dame, kann ich auch gerne sehen, ob ich die Wölfe noch finde, die ja nicht allzuweit fort sein<br />

dürften.“ Man hörte ihm deutlich den Sarkasmus seiner Worte an, und daß sich hier jemand sehr<br />

darum bemühte, nicht aus der Haut zu fahren. Oh ja, daß der Mann hier wütend war - das war<br />

unschwer zu erkennen.<br />

Die Frau blickte ihn lange aus ihren grauen Augen an, was suchten diese Augen in den seinen?<br />

Anscheinend hatten sie gefunden was sie suchten, denn die Rothaarige seufzte, murmelte etwas wie<br />

„...wohl doch keiner von denen...“ und steckte mit einem undeutlichen Fluch den Dolch wieder zurück<br />

in die in ihrem Blusenärmel geschickt versteckte Dolchscheide.<br />

Oh, er hatte die Kleine wirklich unterschätzt. 'Dieses Luder ist unheimlich vorsichtig...und<br />

unheimlich flink mit den Fingern. Da hat sie doch, als sie scheinbar den verletzten Arm umklammert<br />

hielt, die ganze Zeit den Dolch griffbereit gehabt!', dachte der Mann.<br />

'Dumm von mir, sehr dumm - und unvorsichtig.,', sinnierte der Mann mit einem Schmunzeln, 'langsam<br />

sollte ich vielleicht etwas mehr Instinkt dafür entwickeln, sonst zieht man mich irgendwann einmal<br />

ohne einen Lebensfunken aus dem Dreck des Rattenloches heraus.'<br />

Eine Stimme riß ihn aus seinen Gedanken.<br />

„Grins' nicht so dämlich, hilf mir lieber auf, Du Bauer!“ Eine behandschuhte Linke streckte sich ihm<br />

entgegen. Er griff fest zu und zog die Frau auf die Beine.<br />

Sie verzog kaum das Gesicht, unterdrückte den Schmerz in ihrem Arm, und als sie stand klopfte sie<br />

sich ein wenig den Schmutz von der Kleidung. Ein vergebliches Unterfangen, wo es doch immer noch<br />

regnete und sie auf dem Waldbogen gehockt hatte.<br />

Sie trug robustes und praktisches Leder, eine dunkelblaue, jetzt aufgeweichte und zerrissene Bluse,<br />

und, unter der Kapuze, ein dunkelblaues Haarband mit dem sie die Flut ihrer in viele kleine Zöpfe<br />

gebändigten roten Haare nach hinten zwang, mit einem großen, in regenbogenfarben schillernden<br />

Stein als Zierde.<br />

Suchend blickte sie sich um, fand ihren Säbel und den Knüppel. Wie der Mann jetzt sehen konnte,<br />

war dieser Knüppel wohl eher ein in einen Stoff eingeschlagener, schlanker Gegenstand. Sie nahm<br />

beides auf und sah sich nochmals suchend um. Dann ließ sie einen schrillen Pfiff hören. Anscheinend<br />

rief sie ihr Pferd, das vor den Wölfen wohl die Flucht ergriffen hatte.<br />

Immer noch machte die Frau keinerlei Anstalten, sich ihm vorzustellen oder sich für die Rettung vor<br />

den Wölfen zu bedanken. Abwartend stand der Mann einige Schritt von ihr weg und beobachtete die<br />

Frau aufmerksam. Sie war schon seltsam. Jetzt sah sich die Frau besorgt um, auf ihren Pfiff hin war<br />

nichts geschehen. Sie starrte in den Wald hinein, dort wo die Wölfe verschwunden waren.<br />

„Verdammte Mistbiester, haben die Wölfe wohl doch meinen treuen, alten Braunen erwischt, soll die<br />

Schlucht sie holen...“<br />

'Die Schlucht,' dachte der Mann, 'die Kleine scheint aus <strong>Elek</strong>-<strong>Mantow</strong> zu sein'.

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