Elek-Mantow: Zyklus 3 - André Wiesler
Elek-Mantow: Zyklus 3 - André Wiesler
Elek-Mantow: Zyklus 3 - André Wiesler
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Schattenspiele - Claudia Wamers<br />
„Bercan Tibrand, schwöre mir bei allem was Dir heilig ist, daß Du für mich die Aufgabe vollenden,<br />
den Stab nach Kar'Yatan bringen und Dorgen Achadin aufhalten wirst, damit meine Freunde wieder<br />
ohne Angst leben können!“<br />
Bercan Tibrand, was war jetzt zu tun? Es sah nicht so aus, als würde sie einen nächsten<br />
Sonnenuntergang sehen, auch war die ganze Geschichte schön wirr. Noch dazu flogen hier giftige<br />
Bolzen umher - außerdem mußte er in <strong>Elek</strong>-<strong>Mantow</strong> so einiges erledigen. Nun, warum sollte man es<br />
ihr nicht versprechen? Er nickte also und versprach es.<br />
Shirinn schüttelte den Kopf, langsam.<br />
„Nein - schwöre es, schwöre daß Du die Aufgabe übernimmst, als würde ich dich dabei begleiten, als<br />
wäre es deine ureigene Aufgabe - schwöre!“<br />
Der alte Heiler sah verwirrt auf die beiden Menschen herunter, die Angelegenheit war ihm im ganzen<br />
nicht geheuer - magische Pfeile und besessene Frauen, er schüttelte den Kopf, machte ein Zeichen<br />
gegen böse Magie und verließ die Kammer sehr schnell und sehr leise.<br />
„Schwöre es mir, Tibrand!“<br />
Bercan kam sich äußerst seltsam vor, er ballte die Fäuste, einerseits um dieses seltsame Ding,<br />
andererseits um Shirinns kalte Hand.<br />
„Ja! Ja, ich schwör es Dir!“, rief er aus - 'damit es ein Ende hat..', hätte er beinahe noch dazu gerufen.<br />
Und es hatte ein Ende.<br />
Ein gleißend heller Blitz schien sich inmitten des Zimmers zu entladen, der Schlag ging durch Mark<br />
und Bein. Der Blitz schmetterte Bercan Tibrand zu Boden, er war unfähig auch nur seinen kleinen<br />
Finger zu bewegen. Die Luft zum Atmen wurde ihm knapp. Dann wurde ihm schwarz vor Augen.<br />
Als er wieder klar sehen konnte fand er sich auf dem Boden vor der Pritsche liegend wieder. Er<br />
rappelte sich auf, eine Hand auf die Pritsche legend und sich daran hochziehend, bis er wieder an<br />
seiner alten Stelle vor der Lagerstatt kniete.<br />
Was war das für ein Blitz gewesen? Hatte denn niemand außer ihm den Blitzschlag bemerkt?<br />
Anscheinend nicht - es blieb still, sehr still - Shirinn?<br />
Er sah auf Shirinn hinab, jetzt lag sie ruhig. So ruhig lag sie da - nun hatte sie es wohl überstanden.<br />
Bercan wollte sich schon abwenden und hinaustreten um den Einsiedlern Bescheid zu geben, da<br />
bemerkte er aus den Augenwinkeln eine Bewegung. Shirinn! Ja, sie atmete - das war ja fast<br />
unmöglich! Er trat ganz nahe heran und betrachtete sie genauer - sie atmete ganz schwach und<br />
langsam, unmöglich langsam. Er legte das Bündel beiseite, wie er merkte hatte er im Sturz das<br />
Haarband heruntergerissen - auch das hob er auf und legte es wie in Trance fort. Dann setzte er sich<br />
auf die Kante der Pritsche.<br />
Er fühlte ihre Stirn, sie war warm, nicht fiebrig oder eiskalt, auch nicht schweißnaß, nein. Shirinn sah<br />
ganz so aus, als schliefe sie nur. Bercan legte eine Hand auf ihre gesunde Schulter und versuchte<br />
vorsichtig, sie zu wecken - vergebens. Er schüttelte verwundert den Kopf, trat dann aber vor die Tür,<br />
um nach einem der Heiler zu rufen.<br />
Der Mann hörte sich das ganze an, Bercan verschwieg den Blitz geflissentlich, und trat dann mit dem<br />
Heilkundigen zurück an ihr Lager. Nichts vermochte der Mann anderes als zu sagen, als daß diese<br />
Frau schlief und nicht zu wecken war!<br />
Bercan überlegte was nun zu tun sei. Er konnte sie nicht mitnehmen, er wollte sie auch nicht<br />
mitnehmen. Er hatte in <strong>Elek</strong>-<strong>Mantow</strong> auch genug andere Dinge zu erledigen. Am besten sie bliebe<br />
hier...<br />
Bercan Tibrand stellte eine entsprechende Bitte an die frommen Einsiedler, die sich bereit erklärten,<br />
über den Schlaf der Frau zu wachen, bis man entsprechende Angehörige benachrichtigt hätte. Um<br />
seiner Bitte gehörigen Nachdruck zu verleihen ließ Bercan etwas Gold bei den Männern - auch<br />
Einsiedler müssen schließlich Leben.<br />
Bevor er die Kammer verließ um abzureisen warf er nochmals einen Blick zurück auf die Frau. Neben<br />
ihr lag noch immer das lange Bündel - der Stab aus ihrer Rede? Sie hatte das Bündel die ganze Zeit<br />
umklammert wie einen Schatz - das mußte der Stab sein.<br />
Bercan trat wieder an das Lager. Er würde es, wenn er an einem anderen und ruhigeren Ort war,<br />
einmal näher in Augenschein nehmen. Er ergriff das Bündel und nahm es an sich. Neben dem Bündel<br />
erblickte er das Haarband mit dem regenbogenbunten Stein. Er hätte niemandem erklären können<br />
wieso, aber aus einem Impuls heraus nahm er auch das Band an sich, vielleicht als eine Erinnerung,<br />
und schob es in seine Tasche.