Elek-Mantow: Zyklus 3 - André Wiesler
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Der Ruf des Falken - Claudia Wamers * Jürgen Nilkens * Oliver Nothers * Robert Symons<br />
ausrechnen. Angegeben hat der - wem er das alles abgenommen hätte, und wie einfach das gewesen<br />
sei, und wie hübsch ich wohl gewesen sein müsse, und was er mit mir nicht alles angestellt hätte - na<br />
warte, Bursche, dachte ich mir, so nicht auf meine Kosten - und bin im Sturzflug auf ihn zu. Himmel,<br />
muß das ausgesehen haben! Das ganze Lager fing schallend zu lachen an, aber es ist ja auch<br />
ungewöhnlich, daß ein Angeber aus heiterem Himmel von einem Eichelhäher angegriffen wird. Noch<br />
alberner war allerdings, daß ausgerechnet jetzt die Zauberwirkung nachließ... jedenfalls stand ich<br />
plötzlich wieder als Mensch mitten im Lager der - wie sich später herausstellte - Nushq´qai.“<br />
Zhoreena legte wieder eine kurze Pause ein, um etwas zu trinken.<br />
„Na da bin ich ja mal gespannt, wie du dich da wieder herausgeredet hast“ warf Lianna ein.<br />
„Herausgeredet? Das war eigentlich gar nicht nötig“ entgegnete Zhoreena.<br />
„Eigentlich hat sich das meiste von ganz alleine geklärt - eine der anwesenden Damen hat<br />
einigermaßen verstanden, was passiert war und dem angeberischen Frechdachs verbal auf die Finger<br />
geklopft - und anschließend haben mich die Nushq´qai quasi als Entschuldigung zum Abendessen<br />
eingeladen. Übrigens, sehr lecker, so was, und amüsant. Müßt ihr unbedingt mal... Moment! Ich habe<br />
heute ein Nushq´qailager am Stadtrand gesehen, da muß ich euch unbedingt mal mit hinnehmen.“<br />
„Ha ha ha! Amüsant! Kann ich mir gut vorstellen, wenn du da so ganz ohne Klamotten...“<br />
„Lianna! Jetzt reicht’s aber!“ Mittlerweile wirkte Caerlissa sichtlich genervt davon, ihre kleine<br />
Schwester zu maßregeln.<br />
„Damit du endlich Ruhe gibst - die haben sie mir direkt wiedergegeben. Aber trotzdem hat es jede<br />
Menge Spaß gegeben. Allerdings wurde der dann ziemlich plötzlich unterbrochen - als nämlich die<br />
Rekschat, die ich vorher gesehen hatte, ins Lager gelaufen war. Offensichtlich hatte der Hund der<br />
Multorier ihre Fährte wieder aufgenommen - jedenfalls bat sie die Nushq´qai, sie zu verstecken. Nun,<br />
Nushq´qai halten im Normalfall so ziemlich genau nichts von Sklaverei, und dementsprechend<br />
gewährten sie ihr erst einmal Unterschlupf - mir übrigens auch. Und ich bin noch eine ganze Weile<br />
mit den Nushq´qai herumgezogen. Aber das, wovon ich euch jetzt erzählen will, geschah am nächsten<br />
Morgen, oder besser gesagt, noch in der selben Nacht.<br />
Die Rekschat, die sich übrigens als Gorretani vorgestellt hatte, saß die ganze Zeit wach am<br />
Lagerfeuer, und wenn man genau hinhörte, konnte man sie leise schluchzen hören. Natürlich wollte<br />
ich den Grund für ihre Trauer herausfinden, und die Auskunft, die sie mir auf meine Frage gab, war<br />
erschütternd: Ihr Mann, der Vater des Kindes, das nun friedlich in ihrem Arm schlummerte, war Tags<br />
zuvor von den Multoriern gefangengenommen worden. Und natürlich gab es für sie kaum Hoffnung,<br />
ihn je wiederzusehen. Da mußte ich doch einfach helfen. Eine Idee hatte ich auch schon, nur wußte<br />
ich noch nicht, wie ich sie umsetzen konnte. Aber glücklicherweise hatte ein Nushq´qai namens<br />
Kendric uns zugehört, und bot seine Hilfe an - und wie sich herausstellte, war er genau derjenige, den<br />
ich für meinen Plan gebrauchen konnte... Kendric ist mit Abstand der beste Fälscher, den ich je<br />
gesehen habe. Also schrieb ich eine Notiz und ein möglichst wichtig aussehendes Dokument, er<br />
versiegelte beides mit dem ´königlich multorischen Siegel´ und außerdem fertigte er mir die<br />
Fälschung der Abzeichen eines königlichen Sonderbeauftragten an.“<br />
„Was sollte das denn?“ fragte diesmal Leandra. „Ich dachte, du wolltest den Rekschat befreien...“<br />
„Sicher“, erwiderte Zhoreena, „aber das geht auch anders als einfach mit dem Schwert ab durch die<br />
Mitte. Hör einfach weiter zu. Ich habe mir noch von einem Nushq´qai die Uniform eines<br />
hochrangigen multorischen Offiziers beschreiben lassen, und dann konnte es auch schon losgehen -<br />
was ein Glück, daß ich auf der Universität auch Multor gelernt hatte. Ich verwandelte meine Kleidung<br />
zeitweise in eine multorische Offiziersuniform, eines der Nushq´qaipferdchen in ein schnelles<br />
Streitroß, und verdunkelte meine Hautfarbe passend. Es war überhaupt nicht schwer, das<br />
Nushq´qailager war mit soviel magischer Energie geladen, wie ich es kaum erwartet hatte. Um so<br />
besser, denn in der Garnison hätte ich wohl kaum darauf zu hoffen brauchen. Gorretani hatte mir<br />
genau beschrieben, wo die Garnison lag, in der ihr Mann gefangengehalten wurde. Und schon konnte<br />
der eigentliche Spaß losgehen.<br />
Ich reite also zur Garnison, und mache mich erst mal am Tor bemerkbar: ´Öffnet das Tor! Callorra sen<br />
Rensey, Sonderbeauftragte seiner Majestät König Critschaks, verlangt augenblicklich Einlaß! Und<br />
zwar ein bißchen plötzlich, wenn ich bitten darf! Sonst gibt es eine Meldung an höherer Stelle, dann<br />
macht euch der Heerführer mal Beine, ihr faules Pack!´ Ich glaube, die kleine Reitpeitsche, wie sie<br />
Offiziere eben so dabei haben, um ihren Befehlen Nachdruck zu verleihen, tat den Rest dazu - die<br />
haben mir das vollkommen abgekauft, diese Deppen! Jedenfalls haben sie mich zum Kommandanten<br />
geführt, und dem habe ich dann das Dokument vorgelegt - es sah auch wirklich offiziell und wichtig