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Elek-Mantow: Zyklus 3 - André Wiesler

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Ein Eimer Bier und andere Verrücktheiten - Dietmar Cremers<br />

Wälder. Tja, ich wollt’ mich eigentlich nur verabschieden. Mach’s gut, Cathjana.“ Doch Cathjana<br />

antwortete ihm nicht. Ihr Atem ging leicht wie eine Feder, der Raum war still. Schließlich stand Den<br />

mit einiger Mühe auf und schlurfte zur Tür, als er eine klare Stimme aus dem Bett vernahm: „Staub.<br />

Sie braucht Staub als Basis.“ Den drehte sich verblüfft um. „Hmpf?“ - „Ist er schwerhörig? Besorge er<br />

Staub! Und dann entreiße er ihr drei Haare! Schließlich braucht sie noch Stroh aus ihrer Bettstatt! Es<br />

sind zwar keine guten Kräuter, doch sie werden für sein Ansinnen genügen.“ Den überlegte kurz, ob<br />

er nicht auch ohne Stroh, Haare und Staub sterben konnte, beschloß aber dann Cathjana diesen letzten<br />

Wunsch zu erfüllen. Mit wenigen Griffen hatte er die Komponenten zusammen und hielt sie Cathjana<br />

in der hohlen Hand hin. Die Alte hob leicht ihren Kopf und spuckte auf die Mischung. „Jetzt noch ein<br />

Tropfen seines Blutes, so er noch welches hat. Denn Recht hat er: Blut ist Lebenskraft. Erinnere er<br />

sich an seine Kraft, seine eigene Potenz! Blute er, blute er für sich selbst! Und er wird leben.“ Den<br />

blickte auf das Gemisch in seiner Hand. Schließlich verstand er: Mit einem leichten Ruck seiner<br />

Zähne riß er eine kleine Wunde in seinen Unterarm und ließ ein paar Tropfen in seine Hand fallen.<br />

Dann verrieb er die Zutaten zu einer kleinen Kugel und schluckte sie. Blut! Wie lange schon hatte er<br />

darauf verzichten müssen! Und was er trotz all des Rauschgiftes, das er in sich hatte, noch schmeckte:<br />

Dieses Blut lebte. Das war nicht das Blut eines Toten, oh nein. Es war frisch und warm. Es waren<br />

seine eigenen Körperkräfte, die er schmeckte. Dieses Blut redete mit ihm, während es durch ihn<br />

hindurchfloß. Es wollte ihm sagen, daß es noch da war, daß es in ihm und für ihn war und daß nichts<br />

und niemand verhindern konnte, daß er ein gestandener Nuu-Giik war. Ein kraftvoller Nuu-Giik! Ein<br />

wütender Nuu-Giik!!! Er fühlte sich besser. Sehr viel besser. Er würde jetzt da ‘raus gehen und keine<br />

dieser mickrigen Tempelwachen würde ihn daran hindern! Ein Nuu-Giik ist für die Freiheit geboren!<br />

Er war schon halb an der Tür, als ihm etwas einfiel: „Cathjana, warum tust du das?“ Doch seine<br />

Retterin schien zu schlafen. Und vielleicht träumte sie von einem großen Palast mit vielen Dienern.<br />

„Ich breche aus, Aljuscha. Kommst du?“ - „Oh, schick!“ Die kleine Zauberin klatscht in die Hände.<br />

Sie springt von ihrem Strohlager auf, doch Den ist schon weitergestürmt. „Naja, das könnte<br />

wenigstens Spaß machen“, sagt Aljuscha zu sich selbst und trippelt hinterdrein.<br />

„Ich breche aus, Nurin. Was is’ mit dir?“ Der Barde sieht auf: „Nein, danke.“ Den tritt an ihn heran,<br />

packt ihn an den Armen und schüttelt ihn. „Hör’ ‘mal. Ich weiß, daß dir Freiheit nichts bedeutet. Und<br />

wenn du wirklich nich’ mehr an das Gute glaubst, dann bleib’ hier und verrecke. Aber wenn du auch<br />

nur ‘n bißchen glaubst, daß die Welt anders sein kann, anders sein sollte oder wenn du nur ‘n kleines<br />

Gefühl der Freundschaft für mich hast, dann beweg deinen Arsch, ich brauche deine Hilfe!“ Den sieht<br />

dem Barden fest in die Augen. Nurins Mundwinkel zucken. Dann seufzt er.<br />

Ein großer Bär poltert die Treppe des Nachtturmes der Lyzeum hinunter. Hinterdrein schleichen eine<br />

bunte Figur und eine kleine Dame mit Hut. Zwei Gestalten versperren ihnen den Weg und werden<br />

augenblicklich von zwei starken Armen durch die Luft und zu Boden geschleudert. Sie werden erst<br />

nach Stunden wieder aufstehen.<br />

„Sag’ ‘mal, du willst doch nicht wirklich ausbrechen, oder?“ Aljuscha zweifelt, während Den auf die<br />

Tür zum restlichen Teil der Lyzeum eindrischt. „Klar ... werd’ ... ich ... das.“ - „Oh, naja, ich dachte,<br />

du machst vielleicht nur Spaß. Aber ... wenn ihr beide ausbrecht, äh, was soll ich dann noch alleine<br />

hier?“ Den hält inne und schaut sie intensiv an. - „Oh, gut. Ich denke, dann werd’ ich einfach ‘mal<br />

mitkommen. Nicht wahr?“ Sie lächelt.<br />

Die Tür ist massiv. Zu massiv, selbst für jemanden wie Den. Doch er gibt nicht auf. Mittlerweile<br />

werden Rufe auf der anderen Seite laut. Und auch Nurin ruft. Er hat eine weitere verschlossene Tür<br />

gefunden. Eine, die zu den sonst leeren Zellen des Erdgeschosses führt. Den läßt von der Außentür ab<br />

und rammt mit seinem ganzen Körpergewicht die Zellentür ein.<br />

Ein Echsenwesen hat Den noch nie gesehen. Schon gar nicht eines, das mit einer langen Kette an<br />

seinem Schwanz an der Decke aufgehängt wurde. „Was tust du hier?“, fragt Den. „Wenn’sss Euch<br />

nichtsss ausssmacht: Ich hänge hier.“, antwortet das Wesen. „Willst du das?“, fragt Den. „Na, würdet<br />

Ihr esss wollen, wenn man Euch am Schwanzzz aufhängt?“ Den verzieht sein Gesicht und grunzt.

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