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Elek-Mantow: Zyklus 3 - André Wiesler

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„Das Licht das weg tut“ ist eingeschlafen - Claudia Wamers<br />

Das war so gut wie eine Mahnung, schien es der Kreatur. Wenn sofort der Torstein sein oberstes<br />

Bestreben gewesen wäre, dann wäre dies hier mit Sicherheit nicht passiert. Ja, ja, schon gut, er<br />

würde den Torstein holen und seinen Herren gehorchen. Wenn er seine Sache gut machte, dann<br />

würde er schon eine angemessene Entlohnung erhalten. Vielleicht durfte er ja den flammenköpfigen<br />

Zweibeinling haben, der den Torstein überhaupt erst gestohlen hatte.<br />

Er spürte den feinen Fäden von Kraft nach, die der Torstein aussandte. Er hatte leichte<br />

Schwierigkeiten, ihn hier in dieser Steinansammlung zu finden. Zu viele andere Fäden waren hier<br />

gesponnen, manche waren fein und empfindlich, fast wie das Haar der weichen Zweibeinlinge, die<br />

vor so langer Zeit auf dem großen Stein im Hain der Herren Blut gelassen hatten. Wieder andere<br />

Strömungen waren fast so stark wie die Stämme der alten Baumsäulen dort.<br />

Dann behinderten wieder andere Dinge seine Spurensuche, Wesen anders als Zweibeinlinge, Wesen<br />

anders als er selber. Sie lebten nicht, waren aber auch irgendwie nicht ganz im Reich des Todes<br />

verschwunden, so als wollten sie sich noch einmal umschauen, bevor sie ganz vergingen. Welcher<br />

Wesenheit von all diesen seltsamen Schemen hatte er zu verdanken, daß er sich hier, im Reich der<br />

Zweibeinlinge, so frei bewegen konnte? Zu gerne hätte...<br />

Da! Da war doch tatsächlich ein Zweibeinling in den Straßen unterwegs... Es war eine von den<br />

weichen Zweibeinlingen, aber sie roch so seltsam. Sie war auch von dünnen Fäden der Kraft<br />

umgeben, aber diese Fäden woben ein wirres Muster, in dem keinerlei Ordnung war. Sie gab auch so<br />

seltsame Töne von sich, schrill, abgehackt und laut, ihr Geruch war wirklich ungewöhnlich, krankes<br />

Blut... Manchmal hatte die weichen Zweibeinlinge im Hain der Herren auch so gerochen, nachdem<br />

sie erst einmal dort angekommen waren. Sie waren für die Herren nichts mehr wert, ihre kranke,<br />

ungesunde Kraft machte den Herren Schmerzen. Nicht so wie DAS LICHT, anders, aber er mochte es<br />

selber auch nicht und schüttelte sich, daß seine Schuppen leise aneinander klangen.<br />

Nein, sie würde ihm nichts bringen, sie würde ihn keine Angst, keinen Zorn und keinen Haß mehr in<br />

ihrem Blut schmecken lassen können... Sie sollte nur schnell verschwinden, und ihm nicht im Wege<br />

stehen. Er drückte sich an der Wand entlang an ihr vorbei.<br />

Malinka huschte durch die Gassen der nächtlichen Unterstadt, lachend und kichernd... gerade hatte sie<br />

ihren toten Mann gesehen... und er hatte sie den Arm nehmen und küssen wollen... Dabei war er<br />

schon vor zwei Jahren gestorben... auf der Jagd, und daß obwohl sie ihm gesagt hatte, er solle an ihr<br />

zweites Gesicht glauben... ihre Träume würden wahr werden... Am Abend kamen die Männer dann<br />

zurück... eine Bärin hatte ihren Mann angefallen... und getötet... Damals hatte man ihr ihren Mann<br />

nicht gezeigt... jetzt hatte sie allerdings genau sehen können... wo ihm der halbe Kopf weggerissen<br />

worden war... von einem Prankenhieb... Sie kicherte wieder, ‘Tarland, Tarland’, lachte sie irre... 'Du<br />

hättest auf mich hören sollen, Tarland!’... Da, da vorne, da war auch wieder so etwas Verrücktes... ein<br />

paar orangene Augen sahen sie aus einer dunklen Gasse an... dunkle Gasse... alles war doch dunkel<br />

hier... sie kicherte wieder... 'Und wir werden keine Sonne mehr sehen, genau wie Tarland, hihihi...“...<br />

Sie taumelte, ohne die sie beobachtenden Augen weiter zu beachten, die Gasse entlang...<br />

���<br />

Gabraal bewegte den Kopf langsam von einer Seite auf die andere, wie lange hatte er denn<br />

geschlafen? Dann öffnete er langsam die Augen, Unmengen von Sand schienen ihn daran hindern zu<br />

wollen. Nun starrte er auf ein Hirschfell, ein großes Hirschfell direkt vor seiner Nasenspitze. Ein<br />

Hirschfell - wie das auf dem Bett seiner Eltern..... NEIIIIIIN!<br />

Jetzt erinnerte sich Gabraal wieder an alles - panisch sprang er vom Bett herunter und lief, laut nach<br />

seinen Eltern und nach seinem Bruder rufend, in den Wohnraum. Vielleicht waren sie ja wieder da,<br />

vielleicht, vielleicht.... Gabraal verlangsamte seine Schritte, als er inmitten des leeren Wohnraumes<br />

stand. Niemand, nichts und niemand waren hier. Augenblick mal, nichts und niemand? Das konnte<br />

wahrlich nicht sein, Gabraal konnte doch etwas spüren, von.... draußen?<br />

Irgend etwas schien ihn auf das DRAUSSEN aufmerksam machen zu wollen - nicht jetzt, jetzt hatte er<br />

eine wahnsinnige Angst. Er wollte jetzt nicht auch noch auf draußen achten, wußte er doch nicht<br />

einmal, was hier drinnen passiert war.<br />

Langsam krochen ihm wieder die Tränen in die Augen und ein seltsamer Knoten saß ihm im in der<br />

Kehle, der ihm das Atmen fast unmöglich machte. Mit einer Hand fuhr er sich an den Hals, so als<br />

wolle er einen zu engen Kragen weiter machen, der ihn am Luftholen hinderte - aber, Gabraal trug nur<br />

ein weites Hemd, kein Kragen dort! Statt dessen blieb er mit seinen kleinen Fingern in einer ledernen

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