Elek-Mantow: Zyklus 3 - André Wiesler
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Diener des Lichtmeß I: Brianne - Janina Enders<br />
„Ich bin Brianne, General unter dem Lichtmeß... keine Sängerin!“, fauchte die aufgebrachte<br />
Kriegerin.<br />
Wieder leuchteten Agathons Augen auf. Er bewegte sich schnell auf den goldenen Käfig zu und sein<br />
wallendes, weißes Gewand erzeugte ein unangenehmes, raschelndes Geräusch. Und dann<br />
unterbreitete er Brianne in der Stille ihres Gefängnisses einen unglaublichen Vorschlag... einen<br />
Vorschlag, den Brianne nicht ablehnen konnte!<br />
„Du weißt, die Priskaner kämpfen schon lange gegen euch. Mal erringen wir einen Sieg, mal einen<br />
Rückschlag.“ Er ging um den Käfig herum und betrachtete genüßlich die violetten Seide, die sich um<br />
Briannes Körper schmiegte.<br />
„Es ist mein Wunsch, den Lichtmeß zu besitzen, aber über die Jahre hinweg habe ich eingesehen, daß<br />
der Kampf sinnlos ist.<br />
„Ach ja?“, knurrte Brianne argwöhnisch.<br />
„Ich habe also beschlossen, meine Truppen zurückzuziehen-“<br />
„Was?!“, schrie Brianne uns sprang fast an den Stangen hoch. „Ist das euer Ernst, Fürst?“<br />
„Aber ja... es gibt allerdings eine Bedingung!“<br />
Brianne kniff die Augen zusammen: „Und die wäre?“ Die goldenen Punkte in Agathons grauen<br />
Augen leuchteten wild...<br />
���<br />
Der kühle Wind zog über Arietides Wiesen weiter in nördlicher Richtung. Es war ein wunderschöner<br />
Tag und der Wind gebärdete sich wie ein junges Tier, schwamm schnell, mal langsam durch die Luft,<br />
kugelte sich und breitete sich rauschend aus. Unter ihm sah er das bergige Kraler-Tal, welches sonst<br />
so verlassen wirkte... aber heute tummelten sich dort viele Leute. Sie wanderten in Richtung der Stadt<br />
Priska.<br />
Jauchzend und brausend schnellte der Wind weiter und ließ die Krieger hinter sich. Es dauerte nicht<br />
lange, da prallte er gegen die stolze Festung des Fürsten Agathon. Und was war hier los? Anscheinend<br />
gab Agathon heute ein Fest, denn die Burg war geschmückt mit sämtlichen Flaggen. Die Zugbrücke<br />
war heruntergelassen, Priskaner gingen ein und aus. Sie trugen edle Kleidung und lachten und<br />
schwatzten.<br />
Auf den Zinnen stand ein junger Mann und beobachtete ebenfalls die Menge, die in die Burg seines<br />
Vaters kam.<br />
Neckisch faßte der Wind in sein schlohweißes Haar und schmiegte sich um die Schultern.<br />
„Schon wieder ein Fest... ich möchte wissen, was der Grund ist“, flüsterte Kilian.<br />
Agathon feierte zwar des öfteren Feste, aber selten machte er sich soviel Mühe dabei. Kilian verließ<br />
den Turm und machte sich auf den Weg in den Festsaal. Als er an der „Halle der Töne“ vorbeikam,<br />
stockte er. Licht drang unter der hohen Tür durch... die Halle war erleuchtet! Fast automatisch legte<br />
Kilian seine Hand auf die verzierte Klinke und drückte sie lautlos nach unten. Jetzt konnte er das Tier<br />
sehen, das ihm gestern nacht angeknurrt hatte!<br />
Mit einem Schwung drückte er die Tür auf und trat ein. Sein Mund öffnete sich... Unglaube spiegelte<br />
sich in seinen weit aufgerissenen Augen wieder. „Was soll das?“, fragte er.<br />
Die Frau in dem goldenen Käfig blickte ihn aus den Augenwinkeln spöttisch an, aber sie bemühte<br />
sich, den Spott zu verbergen. Sie trug ein wunderschönes Kleid aus violetter Seide, das ihren Körper<br />
sanft umarmte. Ihr kurzes, dunkelrotes Haar leuchtete grell im Sonnenlicht, welches gebündelt auf sie<br />
fiel. Um ihren Hals lag ein pelziger Schal... nein, das war ein Schwanz! An seinem Ende hing ein<br />
fragiles Tier, das auf der linken Schulter der jungen Frau saß. Kilian trat näher an den Käfig: „Wer<br />
bist du?“<br />
Die dunklen Augen der Frau folgten jeder seiner Bewegungen mißtrauisch.<br />
„Warum antwortest du nicht... du brauchst keine Angst vor mir zu haben! Er versuchte ein Lächeln,<br />
das aber gefror, als er ihre Gegenfrage vernahm. „Welches Lied wollt ihr hören?“ Die Stimme war<br />
leise und zornig. Kilian erkannte, daß es ihr große Mühe machte, ruhig und beherrscht zu sprechen.<br />
„Lied? Ich verstehe das nicht!“ Er umfaßte die goldenen Stangen und die Frau wandte sich ihm zu...<br />
und er sollte auf immer sein Herz verlieren! Das Gesicht, welches ihm entgegenblickte war<br />
hohlwangig und sehr, sehr blaß. Die schön geschwungenen blaßvioletten Lippen preßten sich fest<br />
zusammen, was ihnen einen verkniffenen Zug verlieh. Sie hatte eine lange, schmale Nase, deren