Elek-Mantow: Zyklus 3 - André Wiesler
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Wie der Hieb des multorischen Säbels - <strong>André</strong> <strong>Wiesler</strong><br />
Er bedauerte es wirklich, daß er Yesihja nicht mehr Zeit gewidmet hatte. Schließlich war sie fremd in<br />
der Stadt, und die einzige Person, die sie außer ihm hier kannte, ließ sich verleugnen. Dieses<br />
Verhalten paßte so ganz und gar nicht zu der Atakuela „Rühr´ mich nicht an“, die er aus den<br />
Schilderungen kannte. Was mochte da passiert sein?<br />
Wenig später saßen sie beim Frühstück. In den letzten Tagen war es immer karger geworden. Das<br />
Obst wurde durch Rüben ersetzt, das feine, weiße Brot durch schwarzes, der feine Braten durch eine<br />
kleine Ecke rauhe Wurst. Kurz, es wurde Zeit, daß Inigo etwas Geld verdiente. Doch seine Gedanken<br />
wanderten immer wieder zu Brianne und Yesihja bemerkte dies: „Du möchtest sie weiter unterrichten,<br />
nicht wahr?“<br />
„Bitte?“ Inigo blickte auf und versuchte ein strahlendes Lächeln, „Das Strahlen deiner Augen hat<br />
mich zu sehr abgelenkt, um die Worte zu erfassen, die dein wundervoller Mund formte.“ Es fiel ihm<br />
auf, daß sie nicht länger ablehnend gegen seine Komplimente war, sondern sie still zu genießen<br />
schien.<br />
„Ich habe dich gefragt, ob du Brianne weiter unterrichten willst!“ Yesihja blickte ihn forschend an.<br />
„Ja, eigentlich schon. Ihr Sprache ist einerseits so einfach. Wenn du von etwas die Mehrzahl meinst,<br />
sagst du das Wort einfach zweimal. Andererseits ist sie so kompliziert. Es scheint mehr als drei Worte<br />
für die eigene Person zu geben, je nachdem was sie gerade macht... Es wäre so interessant diese<br />
Sprache zu beherrschen. Aber Shamino...“<br />
Inigo wurde rauh unterbrochen. Etwas von Yesihjas alter Trotzigkeit brach wieder hervor: „Ihr<br />
Männer! Gehört Brianne etwa diesem Shamino? Mit ihrem Schwert und ihren Zähnen sah nicht so<br />
aus, als würde sie sich viel gefallen lassen, also wenn du sie unterrichten willst, geh sie fragen!“<br />
Inigo sprang aufgeregt auf. Mit einem schnellen Schritt war er bei Yesihja, drückte ihr einen Kuß auf<br />
die Lippen und war zur Tür hinaus.<br />
Wenig später kam er wieder hinein und blickte auf eine amüsiert lächelnde Yesihja.<br />
Inigo kratzte sich am Kopf: „Vielleicht sollte ich mir erst was anziehen...“, und stimmte dann in<br />
Yesihjas Gelächter ein.<br />
���<br />
Mit einem kräftigen Klopfen meldete sich Inigo in der Hütte an, in der Shamino zur Zeit wohnte. Als<br />
nach einigen Augenblicken nicht geöffnet wurde, pochte er lauter. Da ertönte hinter ihm eine rauhe,<br />
aber doch feine Stimme: „Niemand darin?“<br />
Er wirbelte herum und sah in das unsicher lächelnde Gesicht Briannes. „Blacha nemu takariés!“,<br />
antwortete er, was hoffentlich soviel wie „Dann warte ich auf die Frau!“ hieß.<br />
Brianne nickte anerkennend und antwortete etwas, bei dem Inigo aber nicht mitkam. Er hob<br />
entschuldigend die Hand. Dann fragte er: „Brianne, willst du mehr lernen?“<br />
Sie legte den Kopf schief und fragte: „lernen?“<br />
Inigo nickte: „Mehr Wörter können, richtig sprechen können!“<br />
Brianne nickte schnell: „Ja, will richtig sprechen. Shamino: du nicht mehr kommen.“<br />
„Er gibt mir kein Geld mehr, das ist wahr. Aber ich werde dich trotzdem weiter unterrichten.“<br />
Brianne schien nicht alles verstanden zu haben, aber sie wies ihn an vorzugehen. Gerade als er sich<br />
auf den Weg machen wollte, trat aus einem Schatten Shamino: „Halt Inigo, ich sagte du wirst sie nicht<br />
mehr unterrichten. Und wo wir gerade dabei sind, haltet dich von ihr fern!“<br />
„Shamino“, Inigo machte eine beschwichtigende Handbewegung, „Ich will lediglich an ihrer Sprache<br />
interessiert, keine Angst.“<br />
„Man kennt euch in der Stadt, Inigo Bellodores, man weiß um deinen Ruf. Du behandelst die Frauen,<br />
als wären sie nichts als Huren, nimst die nächste, wenn du der einen überdrüssig bist. Brianne wirst<br />
du nicht mißbrauchen, sie steht unter meinem Schutz!“ Shaminos Stimme bebte vor Wut.<br />
Inigo hielt die Hände weiter erhoben, um Shamino nicht zu provozieren: „Wenn du so von mir denkst,<br />
trifft mich das zutiefst. Aber auch du hast nicht den besten Ruf -ein Jüngling, der das Recht in die<br />
eigenen Hände nimmt- und du bist ein ehrenhafter und aufrichtiger Mann. Denk´ einmal darüber nach:<br />
was die Leute erzählen und wie es in Wahrheit ist, stimmt in den seltensten Fällen überein!“<br />
Obwohl Brianne nur das wenigste verstehen konnte, merkte sie die Verstimmung der beiden Männer<br />
anscheinend, denn sie trat zu Shamino, legte ihm ihre Hand auf die Schulter, wobei die Lederbänder<br />
an ihrem Arm über seine Kleidung schabten und sagte: „Shamino, muß lernen, Freund!“