Elek-Mantow: Zyklus 3 - André Wiesler
Elek-Mantow: Zyklus 3 - André Wiesler
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Totentanz - <strong>André</strong> <strong>Wiesler</strong><br />
„Zu spät wo... Autsch, verdammt... wozu?“ Aber Mitarra war schon weitergeklettert.<br />
Endlich erreichten sie den Eingang zu der großen Höhle. Sie blieb einige Zeit am Eingang stehen, um<br />
Gutram Zeit zu geben zu ihr aufzuschließen. Er erreichte keuchend das Loch am oberen Ende des<br />
Tunnels. Er rieb sich unzählige blaue Flecken und sein Gesicht war griesgrämig, schlimmer sogar<br />
noch, als morgens kurz nach dem Wecken. Damit er nicht auf die Idee kam umzudrehen, stieg sie im<br />
Inneren der Höhle wieder herunter.<br />
„Na toll, eine große Höhle“, brummelte Bärchen, wie um seinem Namen Ehre zu machen, „und was<br />
ist daran so besonders?“<br />
„Wirst Du schon sehen, komm jetzt!“ Langsam wurde Mitarra auch ungeduldig. Konnte er ihr nicht<br />
einmal vertrauen? Schließlich hatte sie ihn noch nie in irgendwas Unangenehmes reingezogen. Naja,<br />
nicht so richtig unangenehm wenigstens. Und auch nur ganz selten.<br />
Endlich war auch Bärchen am Grund der großen, runden Höhle angekommen. Er blickte sich um.<br />
Eine Höhle wie jede andere, oben ein paar Löcher, unten ein paar Löcher, an den Seiten ein paar<br />
Löcher. Gut, sie war größer als viele Andere, aber auch kleiner als viele Andere. Nichts also was eine<br />
nächtliche Klettertortur in engen, naßen, kalten Gängen mit spitzen Kanten rechtfertigen würde. Zu<br />
allem Überfluß hatte Mitarra nun auch noch die Laterne ganz heruntergedreht<br />
„Und nun?“<br />
„Warte noch einen Moment.“ Als hätte die Natur nur auf ihr Stichwort gewartet, fielen plötzlich fahle<br />
Strahlen durch eines der Löcher in der Decke. Sie trafen auf den Boden, wurden da von irgendetwas<br />
reflektiert und gestreut. Wo sie auf die Wände trafen, wurden sie erneut zurückgeworfen. Das ganze<br />
pflanzte sich immer und immer weiter fort. Im Nu war die ganze Höhle taghell erleuchtet. Die beiden<br />
Kinder Hesvites standen in der Mitte des Höhle, umflossen von hellen aber weichen Strahlen.<br />
Bärchens Mund stand weit offen und er blickte sich erstaunt um. In völliger Stille standen sie da, auch<br />
Mitarra immer wieder auf´s Neue überrascht von der Schönheit des Anblicks. So schnell, wie das<br />
Licht gekommen war, verschwand es auch wieder. Fast kam es Gutram so vor, als könne man die<br />
Strahlen beobachten, wie sie ausliefen, aber es waren wohl doch nur die Flecken auf seinen Augen.<br />
Noch als es wieder dunkel war, standen die beiden schweigend da, ergriffen von dem unglaublichen<br />
Anblick. Ohne es bewußt zu merken, hatten sie sich bei der Hand genommen. Jetzt ließ Bärchen ihre<br />
Hand los und machte einen kleinen Schritt zur Seite: „Das... das war einfach... einfach wunderbar!“<br />
„Habe ich es Dir nicht gesagt?“ Mitarra blickte ihn triumphierend an. Sein Blick war noch immer<br />
etwas verklärt. Jetzt erhob er den Arm und fragte, während er auf etwas zeigte: „Was ist denn das?“<br />
Mitarra schaute seinem Finger nach. Tatsächlich, da drüben, auf dem Felsvorsprung lag irgendetwas,<br />
das sanft im schwachen Licht der Laterne blitzte.<br />
„Moment!“ Sie drehte die Laterne wieder hoch und hielt sie in die Richtung des Vorsprungs. Jetzt<br />
funkelte das Ding dort drüben wie verrückt.<br />
„Ich geh mal gucken!“, rief Bärchen und kletterte schon die etwa zwei Sprung die Wand hoch: „Ui!“<br />
sagte er nur. Dann kam er mit diesem glitzernden Ding wieder herunter. Mitarra lief zu ihm herüber<br />
um im Licht der Laterne sah sie einen Holzkasten in Gutrams Händen ruhen. Seine Seiten waren<br />
goldbesetzt, oben drauf standen einige Figuren. Um den ganzen Kasten waren vier Bänder aus Metall<br />
geschlungen. Die Figuren waren mit Gold und Glitzersteinen verziert und sogar die eine oder andere<br />
Perle war dabei. Drei standen irgendwie abseits und sahen aus, als wären sie im Nachhinein drauf<br />
gesetzt worden. Die anderen sechs bildeten drei Paare, aber dem einen Tänzer fehlte der rechte Arm.<br />
„Was mag das sein?“, fragte sie mit großen Augen ihren Begleiter. Der zuckte nur die Schultern:<br />
„Vielleicht ist irgendwas drin?! Ich seh mal nach!“ Er nahm eine stabile Eisenstange aus der Tasche.<br />
Seit er beim Schmied gesehen hat, wieviel man damit anfangen konnte, hatte er immer eine dabei.<br />
Diese war etwa eine Hand lang. Er schob sie mit einiger Mühe unter eines der Bänder und drehte.<br />
Mitarra hob den Kopf und lauschte: „Was war das?“.<br />
Gutram hob den von der Anstrengung geröteten Kopf und blickte sie fragend an.<br />
„Da war ein Geräusch, ich habe was gehört!“<br />
Gutram holte tief Luft und drehte weiter. Gepreßt sagte er: „Der Wind.... mmh... vielleicht. Ha!“<br />
Mit einem lauten Knall, der Mitarra herumwirbeln ließ, war das Band gesprengt. Zufrieden blickte er<br />
auf. „Also was hast du gehört?“<br />
„Es war so ein Quitschen. So wie ein...“ Mitarra schrie auf. Aus einem Loch neben ihnen schoß ein<br />
Schatten, vielleicht zwei Tritt lang und einen hoch. Weiße Zähne blitzen auf, ein schuppiger Schwanz<br />
schleifte über den Boden. Vor Schreck warf Bärchen den Kasten hoch, zu seinem Glück!