Elek-Mantow: Zyklus 3 - André Wiesler
Elek-Mantow: Zyklus 3 - André Wiesler
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„Das Licht das weg tut“ ist eingeschlafen - Claudia Wamers<br />
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Gabraal huschte in der Dunkelheit an der Wand entlang bis zu dem Vorhang, der das Schlafzimmer<br />
der Eltern als dem zweiten Raum der Hütte von dem Wohnraum abtrennte. Er kannte den Weg im<br />
Schlaf - er schlief ja wahrscheinlich sowieso noch. Als er so durch die Hütte schlich fiel ihm auf, wie<br />
still überhaupt die ganze Stadt zu sein schien.<br />
Das Rattenloch von <strong>Elek</strong>-<strong>Mantow</strong> war nie still. Immer hörte man irgendwo das Lachen von diesen<br />
bunt angemalten Frauen und das Brüllen und Singen von den Leuten, die nicht mehr gerade durch die<br />
Straße gehen konnten. Ab und zu hörte man auch wie jemand schrie, der sich wohl weh getan haben<br />
oder etwas verloren haben mußte. Von Zeit zu Zeit hörte man das Bellen eines Hundes oder das<br />
Krähen eines Hahnes. Aber jetzt? Es war so still hier, man hörte das Haus leise ächzen - fast als wäre<br />
es lebendig. Dieser Gedanke beflügelte den Jungen, das seltsame Kribbeln seiner Nackenhaare<br />
ignorierend sprang er fast durch den Vorhang in - ein leeres Zimmer!<br />
Wie vor die Wand gelaufen stand der Junge in dem Zimmer seiner Eltern, daß auch als Lager für die<br />
Wolle gebraucht wurde, und für die Stoffe, die seine Mutter auf dem Webstuhl im Wohnraum<br />
herstellte. Das Bett, daß sein Vater selber gebaut hatte, lag leer, die Hirschfelle darauf lagen unberührt<br />
und flach - darunter konnte einfach niemand schlafen. Trotzdem sprang der Junge auf das Bett und<br />
wühlte Decken und Felle durcheinander, immer wieder nach Vater und Mutter rufend - er erhielt<br />
keine Antwort in dem leeren Haus...<br />
„Maaamaaa, Vaater, Kraaaajin!“, endlich brachen nun auch die Tränen aus dem Jungen hervor. Das<br />
salzige Naß strömte heiß seine Wangen hinunter, brannte fast Spuren in das angsterfüllte Gesicht<br />
Gabraals. Wo konnten sie nur sein? Was war nur geschehen? Immer noch in Grübeleien und Fragen<br />
vertieft sank der Rotschopf auf den Kissen zusammen und weinte, bis keine Tränen mehr in ihm<br />
waren und nur noch Schluchzer kamen. Jetzt beruhigten sich die zuckenden Schultern der kleinen<br />
Figur auf der Bettstatt langsam, Gabraal schlief, auf den Fellen und Decken die nach den Kräutern<br />
seiner Mutter dufteten, ein.<br />
���<br />
Langsam näherte sich das Wesen der Ansammlung von Zweibeinlingen, die dort an diesem Einschnitt<br />
in der Welt lebten. Von dort ging der Lockruf aus, von da vorne, da, wo auch der Zweibeinling mit<br />
dem Stück des Torsteines irgendwo sein mußte.<br />
Vorsichtig setzte die Gestalt eine Klaue vor die nächste, geduckt durch die Büsche schleichend<br />
näherte es sich mehr und mehr dem Ziel seiner Träume. Dabei bemerkte es, daß es durchaus nicht<br />
mehr so alleine unterwegs war, so ruhig und ungestört wie in seinem Hain der Herren. Fremdartige<br />
Wesen existierten hier, seltsame Dinge, alle schienen sie sich zu der Ansammlung von Zweibeinlingen<br />
hingezogen zu fühlen, die dort - da, endlich sah er es - in diesen Steinblöcken hausten. Merkwürdig,<br />
es waren viel zu viele Steinblöcke und viel zu wenig Zweibeinlinge... Es war wirklich eine sehr<br />
seltsame Nacht! Aber er liebte sie, sie erlaubte ihm umherzureisen und alle diese Dinge zu spüren,<br />
vielleicht seinen Herren etwas zu bringen, was sie dazu bewegen würde, wieder zu ihrem treuen<br />
Wächter zurückzukehren.<br />
Oh, und hier gab es doch vielerlei Dinge zu spüren und zu schmecken. Welche Düfte fremder Art<br />
hingen hier in der Luft, und so viele andere von ihnen trugen Erinnerungen mit sich, die er kannte...<br />
Er schmeckte Angst, ohh... wie sehr liebte er diesen Geschmack, und da.... dieses triumphale Gefühl<br />
von unwandelbarer Macht über Dinge und Kreaturen, das Gefühl war stark und wunderbar, wie es so<br />
durch diese eine Gasse strömte und an ihm vorbeizog. Weiter, hier, schmecken, spüren, wittern, war<br />
da nicht Haß? Er blieb einen Moment stehen und spürte diesem einzigartigen Aroma nach...<br />
Konnte er vielleicht einen Augenblick den Torstein warten lassen? Nur einen Augenblick in den<br />
Genuß von reiner Angst oder reinem Haß zu kommen, wäre das nicht einen kleinen Umweg wert? Er<br />
beschloß, die Frage für sich mit einem eindeutigen JA zu beantworten. Viel zu lange schon hatte er<br />
auf diesen kostbaren Augenblick verzichten müssen, wo der erste Tropfen angsterfüllten Blutes...<br />
Aaargh, was war denn das? Hier spürte er einen ekelhaften Gestank in dieser Gasse, hier konnte er<br />
nicht weitergehen, nein! Das war der bestialische Gestank starken Glaubens und des Vertrauens in<br />
das, was schon seine Herren damals dazu gebracht hatte, ihn hier alleine zurück zu lassen. Es war,<br />
bjäch, DAS LICHT! Allein der Gedanke daran, und dann dieser Schwall verdorbener Luft, machten<br />
das Wesen taumeln und eine andere Richtung einschlagen.