Elek-Mantow: Zyklus 3 - André Wiesler
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Wie der Hieb des multorischen Säbels - <strong>André</strong> <strong>Wiesler</strong><br />
„Gibt es wieder Ärger mit seiner heiligsten Magnifizenz Helikot dem dritten, Herrscher des<br />
großimperatorischen Reiches? Hat er etwa wieder drei Meilen Land einfach zu seinem Land erklärt?“<br />
Inigo ahmte die Geste eines Kaisers nach, der seine Untertanen den Ring küssen läßt.<br />
A´Tjall lachte: „Ich weiß nicht, aber es ist wohl eilig.“<br />
„Geht voran, ich folge auf eurem süßen Fuße!“<br />
���<br />
Einige Zeit später, es war ein sehr langer Brief gewesen und das langsam schwindende Gehör des<br />
Tibrandschen Schreibers hatte wenig geholfen, verließ Inigo das Haus der Fuhrunternehmer. In seiner<br />
Tasche klimperten zwei Silbersonnen, genug um Yesihja und ihn über das nächste Viertel zu bringen<br />
und diesmal mit Wein!<br />
Seine gute Laune wurde aber etwas gebremst, als er sich des Ganges entsann, den er zu tätigen hatte.<br />
Er verließ die Stadt im Südosten der Unterstadt und hielt auf das Planwagenlager zu. Die kleinen<br />
zotteligen Pferde der Nushq´qai grasten um das gute Dutzend Wagen herum, festgepflockt. Aus einem<br />
der Wagen kam fröhliche Musik, über einem kleinen Feuer brieten zwei junge Nushq´qai ein kleines<br />
Tier. Einige Frauen waren dabei in einen großen Topf Hülsenfrüchte zu schälen und einige Männer<br />
sortierten in kleinere die guten und die schlechten.<br />
Inigo holte tief Luft. Da war ja auch Kaljo und wie immer war er in der Nähe der bezaubernden<br />
Emelda. Sie saß auf dem Bock eines der Wagen und er lehnte dagegen, lächelnd etwas erzählend. Sein<br />
Lächeln aber verschwand sofort, als eine der Frauen aufsah und erst erfreut, dann erschrocken:<br />
„Inigo!“ rief. Es war Mafella, sie hatten einige Nächte zusammen verbracht. Kaljo stieß sich ab und<br />
stürmte auf Inigo zu. Dieser hob beschwichtigend die Arme und wollte zu einer Erklärung ansetzen,<br />
doch sein „Ich...“ war kaum heraus, als er auch schon von Kaljos Schulter getroffen und zu Boden<br />
gesandt wurde. Geschmeidig rollte er sich ab, kam wieder auf die Beine und zog, hinter dem Rücken<br />
hergreifend, seinen Degen. Keinen Augenblick zu früh, auch Kaljo hatte seine Waffe aus dem Gürtel<br />
gezogen, ein breites Messer, überhandlang. Er schwang es wütend von oben auf Inigo herunter. Dieser<br />
machte einen gleitenden Schritt nach hinten, ließ den Schwung so ungehindert vorbeifliegen. Kaljo<br />
war einen Augenblick aus dem Gleichgewicht, was Inigo dazu nutzte, ihn mit einem Stoß gegen die<br />
Brust zu Boden zu schicken. Keiner der anderen Männer und Frauen, die sich um die Kämpfenden<br />
sammelten, griff ein. Dies war ein Kampf der Ehre und keiner würde sich einmischen.<br />
„Kaljo, ich bin hier um mit Mutter Camilla zu sprechen!“, rief er schnell.<br />
Kaljo sprang geschmeidig auf: „Du wirst mit keinem sprechen!“<br />
Inigo hoffte auf das Ehrgefühl dieser Sippe: „Sie schuldet mir einen Gefallen! Ich tat etwas für sie,<br />
nun tut sie etwas für mich, so will es die...“ Er mußte einem wilden Hieb des jungen Mannes<br />
ausweichen, was ihm nur knapp gelang. Wieder einmal hatte er Kaljo unterschätzt. Wieder einmal!<br />
Mit einer schnellen Bewegung ließ er seinen Degen singen und eine Locke des schwarzen Haares<br />
seines Gegenübers segelte langsam zu Boden. „...Ehre!“<br />
Kaljo lachte freudlos auf, den Dolch von einer Hand in die andere wechselnd, leicht vornübergebeugt:<br />
„Du hast keine Ehre, Sujaké!“ Die umstehenden stöhnten auf. Kaljo hatte den wunden Punkt<br />
getroffen. Inigo hatte, gegen die Regeln, seinen Status verheimlicht. Es war so lange gewesen, daß er<br />
die lustigen Lieder der Nushq´qai gehört hatte, daß er von ihrem Wein trank, ihre Spiele spielte. Er<br />
war ein Sujaké, ein ehrloser Verbrecher und Mafella hatte bei einer ihrer Nächte sein Brandmal<br />
gesehen, die schwarzen Perle des Sujaké. Um ihr eigenes Gesicht nicht zu verlieren, mußte es die<br />
Sippe erfahren.<br />
„Doch ist Handel Handel!“, Inigo wich einen weiteren Schritt zurück, ließ das breite Messer an<br />
seinem Degen abgleiten.<br />
Kaljo fauchte wütend, die beiden umkreisten sich, während der andere Nushq´qai eine Lücke in<br />
Inigos Deckung suchte: „Das war bevor wir deine Bw´Rjallek entdeckten. Wir jagten dich einmal aus<br />
dem Lager, wir tun es wieder!“<br />
Bw´Rjallek. Eines dieser Worte, daß man nur schwer übersetzen konnte. Es hieß wörtlich im<br />
<strong>Mantow</strong>inschen Nicht-Freund, meinte aber eine Art seelischen Aussatzes. Für einen Nushq´qai war<br />
der Ausschluß aus den Sippen schlimmer als der Tod.<br />
Inigo stieß vor, sorgsam darauf bedacht Kaljo genug Zeit zu lassen, seinen Schlag zu parieren. Dann<br />
ließ er seinen Degen heruntergleiten, bis Parierschutz gegen Parierschutz lag. Obwohl Inigo etwa eine<br />
Pfeillänge größer war, waren ihre Gesichter nun fast gleichauf, mußte sich Inigo doch tiefer in die