Elek-Mantow: Zyklus 3 - André Wiesler
Elek-Mantow: Zyklus 3 - André Wiesler
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Eine Art von Nacht - Jeanette Kaz<br />
mußte er wohl irgendein hohes Tier sein - vielleicht war er doch älter? Der Mann warf einen<br />
prüfenden Blick zu ihr und den Wagen hinüber, verzog aber keine Miene. Airan straffte sich, als er<br />
einen Schritt in ihre Richtung machte, doch einer seiner Männer hielt ihn zurück und wies auf das<br />
Gebäude, in dem Viril auf jemanden wartete, mit dem sie die Zukunft des Ordens besprechen konnte.<br />
Larkur faltete im Gehen sorgfältig seine Reithandschuhe und steckte sie in den Gürtel. Er grübelte.<br />
Hatte er schon einmal etwas von so seltsam gewandeten Frauen gehört? Priesterinnen vielleicht?<br />
Wenn ja, welchen Gottes? Götter hatten sie nun wirklich genug, hier in <strong>Elek</strong>-<strong>Mantow</strong> - auch wenn sie<br />
sich herzlich wenig um ihre Gläubigen zu scheren schienen.<br />
Viril zuckte zusammen, als die Tür aufgestoßen wurde. Sie musterte den Mann, registrierte seine<br />
Jugend, sein Haar und die gefrorenen Züge. Erleichterung machte sich in ihr breit. Dieser Mann war<br />
nicht einfach, sicherlich, aber er war ein guter Mann. Sie nickte ihm zu.<br />
Winzig, dachte Larkur, aber mit Autorität. Dieses Nicken war auch mit sehr viel Wohlwollen nicht als<br />
Verbeugung zu betrachten. Die scharfen, grauen Augen der kleinen Frau musterten ihn flüchtig, ohne<br />
daß der schmallippige Mund irgendeine Regung erkennen ließ. Als er sich nicht rührte, schnalzte die<br />
Frau kurz mit einer Gerte gegen ihren Rock. „Ihr seid“, begann sie, „vermutlich der Zuständige - hm -<br />
Beamte?“<br />
„Hauptmann der Stadtwache, ah …Dame.“ Etwas wie ein Funkeln huschte über die hellen Augen der<br />
Frau - lächelte sie heimlich? „Mutter Oberin, Hauptmann, Mutter Oberin.“ Sie wies einladend auf den<br />
zerschrammten Schreibtisch. „Nachdem wir nun korrekterweise unsere Titel ausgetauscht haben<br />
können wir vielleicht mit den Verhandlungen beginnen?“ Scheucht mich in meinem eigenen Büro<br />
herum, fuhr es Larkur durch den Kopf und: Ich beneide die zwei anderen da draußen nicht. Ich wette,<br />
sie benutzt diese Gerte nicht nur, um ihr Reittier anzutreiben. „Sicherlich, hm, … Mutter Oberin.<br />
Nehmt Platz.“<br />
Eine kleine Staubwolke stieg von ihren Gewändern auf, als sie sich niederließ. „Ah. Das tut gut. Ihr<br />
habt nicht zufällig etwas zu trinken hier?“<br />
„Dame… Mutter Oberin. Dies ist eine Einrichtung, um Reisende zu registrieren, so die Anwesenheit<br />
des Hauptmanns erforderlich ist. Eine Durchgangsstation, keine Schenke.“ Damit ließ sich Larkur auf<br />
der anderen Seite des Tisches nieder. Sie möchte alt genug sein, um seine Mutter zu sein und<br />
vielleicht auch die beiden Mädchen draußen im Hof herumkommandieren, mit ihm würde ihr das<br />
nicht gelingen. Dennoch ertappte er sich dabei, wie er sich innerlich gegen einen Tadel wappnete.<br />
Aber die Frau lächelte, Falten sprangen von ihren Augenwinkeln bis zum eckigen Kinn. „Sicherlich,<br />
Ihr habt Recht. Es war ungehörig von mir, zumal es sein kann, daß Eure Untergebenen Euch ganz<br />
unnötig hierher geholt haben.“<br />
„Nun, wenn Ihr mir Euer Anliegen mitteilen wolltet, könnten wir das ganz schnell entscheiden -<br />
Mutter Oberin.“<br />
Umständlich kramte sie unter ihrem Überwurf und förderte schließlich eine versiegelte Papierrolle zu<br />
Tage. „Dies ist ein Beglaubigungsschreiben unseres Mutterhauses sowie des Gilderates in Hale. Wir -<br />
das heißt, unser Orden - würden gerne eines unserer Häuser in Eurer Stadt öffnen.“<br />
„Dürfte das nicht eher eine Sache sein, die Ihr mit unserer Priesterschaft zu regeln habt?“<br />
„Hauptmann, wir sind kein religiöser Orden. Wir hoffen, daß <strong>Elek</strong>-<strong>Mantow</strong> keine Einwände gegen ein<br />
paar kleine Schwestern haben wird, die sich hier hauptsächlich der Wohltätigkeit und dem<br />
Bildungswesen widmen möchten - wie Ihr der Akkredition entnehmen werdet. Und selbstverständlich<br />
erwarten wir keine Geschenke von Eurer Stadt. Dies,“ sie warf einen schweren Beutel auf den Tisch,<br />
„sollte wohl genügen, eine angemessene Wohnstatt für uns zu finden.“<br />
Scharf beobachtete Viril das Gesicht des jungen Mannes. Aber er zuckte mit keiner Wimper, obwohl<br />
diese Eröffnung ihn überraschen mußte. „Wenn Ihr diese Akkredition lesen wollt, werdet Ihr<br />
vielleicht verstehen …“<br />
Larkur griff zögernd nach dem versiegelten Schreiben und drehte es unschlüssig in der Hand. Sollte<br />
dies nicht eher eine Sache des Triumvirats sein? Andererseits konnte er das nicht entscheiden, so<br />
lange er nicht wußte, was diese Frauen waren … Entschlossen brach er das Siegel.<br />
���<br />
Airan fluchte vor sich hin, während sie Arme voll Unrat durch den schlecht beleuchteten Flur<br />
schleifte. „Ich wußte es, wußte es, wußte es. Vom ersten Augenblick an, als ich dieses Dreckloch sah<br />
…“ Sie wollte gar nicht wissen, was das im Einzelnen war, was sie da aus dem Haus trug. Rain kam