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Elek-Mantow: Zyklus 3 - André Wiesler

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Alte und neue Freunde - Janina Enders * <strong>André</strong> <strong>Wiesler</strong><br />

Bestürzt sah Brianne wie Inigos Augen sich mit Wasser füllten.<br />

„Was hast du?“, fragte sie und legte die Hand auf seine Schulter. Ein Schluchzen ließ Inigos<br />

Oberkörper erzittern. Er sackte zusammen, die Tränen flossen nun ungehindert, während er sich gegen<br />

den Türrahmen lehnte. Brianne kam einen Schritt näher und blickte unbeholfen auf den attraktiven<br />

Mann herunter, der vor ihren Augen zusammenbrach.<br />

„Inigo, ich... helfen?“, stammelte sie, die Hand noch immer auf seiner Schulter. Der dunkelhäutige<br />

Mann lehnte sich mit dem Rücken gegen den Rahmen und rutschte daran herunter. Sein Körper<br />

zitterte unkontrolliert und schluchzende Geräusche drangen hinter den Händen hervor, die er vor das<br />

Gesicht geschlagen hatte.<br />

Brianne ließ sich in die Knie herunter und legte nun beide Arme um Inigo. Langsam wiegte sie den<br />

Mann hin und her, wie ein kleines Kind das Trost bedurfte und nach einiger Zeit schien es Wirkung<br />

zu zeigen. Inigos Weinkrämpfe klangen ab und er blickte, das Gesicht naß von Tränen, auf die<br />

rothaarige Frau. Brianne schaute mitfühlend auf ihn herunter.<br />

„Willst du sprechen?“, fragte sie ihn und er nickte, fast wie betäubt. Mit ihrer Hilfe kam er bis zum<br />

Tisch, wo er sich müde auf einen Stuhl fallen ließ.<br />

Brianne fielen einige leere Flaschen auf und einige, die noch halb oder ganz voll waren. Nachdem sie<br />

sich etwas ausgiebiger in dem kleinen Raum umgesehen hatte, bemerkte sie auch einige Tonscherben<br />

in<br />

der Ecke. Scheinbar hatte Inigo eine der Flaschen gegen die Wand geworfen.<br />

Inigo blickte sie an. Tränen schimmerten noch immer in seinen Augen. Er war bleich, seine Schultern<br />

hingen herab. Als die rothaarige Frau ihn erneut aufforderte ihr zu erzählen, was los war, sträubte er<br />

sich erst, dann aber sprudelte es unhaltbar aus ihm hervor. Er sprach von seiner Liebe, von den ersten<br />

zarten Zweigen der Leidenschaft, von dem schrecklichen Überfall. Er sprach von Artin Reburs<br />

Schuld, schwörte, unter Tränen der Wut und Trauer, seinen Tod. Er versprach auch den Tod der<br />

Soldaten und doch wußte er, daß er zu beidem nicht fähig wäre. Er sprach über die Wut und die<br />

Trauer, die Hilflosigkeit und die Verzweiflung nachdem sie weg war.<br />

„Yesihja... liebste, süße Yesihja, ich werde sie nie wieder sehen!“, sagte Inigo, diesmal seltsam ruhig.<br />

Brianne blickte ihm in die Augen und Inigo sah Tränen auch in den ihren. „Ich wissen wie du fühlst!“<br />

Automatisch verbesserte Inigo: „Weiß!“<br />

Brianne nickte: „Weiß! Auch ich hab Lavar... Gefährten verloren.“ Und dann sprach auch sie von<br />

Trauer und Verlust, von Verzweiflung und Leere und auch ihre Tränen flossen ohne Rückhalt.<br />

„Die Feinde in meinem Land nahmen meinen Lavar... man nannte ihn Emerald. Ich... sah, wie er ging<br />

in die Erfüllung des Lichtmeß.<br />

„Lichtmeß?“, fragte Inigo leise.<br />

„Heiliges Stein... Freund für Arietiden. Wenn ein Arietide stirbt, schlüpft sein Geist in Lichtmeß...<br />

sagen man, hoffe es ist wahr!“<br />

Brianne schloß die Augen, als sie sie wieder öffnete, sah sie weit in die Ferne.<br />

„Hier“, sie berührte ihren Brustkorb, „sind Schmerzen. Ich war... Gefangene... hinter vielen Stangen-“<br />

„Käfig?“<br />

„Ja! Bei meiner Flucht verlor ich wieder einen Freund... nicht tot, aber weit, weit weg! Zu weit.“<br />

Weinend verbarg Brianne ihr Gesicht in den zitternden Händen.<br />

Inigo erkannte, daß er nicht der einzige war, dem die Welt so ungerecht mitspielte und immerhin lebte<br />

seine Lavir, seine Gefährtin, noch. Es war hart so zu denken, aber im Moment war sich Inigo selber<br />

der Nächste. Dennoch spürte er Mitleid als er die Kämpferin weinend auf dem Tisch liegen sah und<br />

kurz rückte sein Leid in den Hintergrund. Er stand auf, umrundete den Tisch und legte Brianne die<br />

Hand auf die Schulter, drückte leicht. Dann griff er nach einer der Weinflaschen: „Hier, trink einen<br />

Schluck!“<br />

Brianne blickte mißtrauisch auf, wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und fragte: „Was ist das?“<br />

Auf Inigos Gesicht erschien ein fast liebevolles Lächeln. „Das wird dir helfen!“<br />

Brianne schaute weiter unsicher: „Traobas... ähh, Medizin?“<br />

„Ja, so ähnlich. Trink einfach!“, befahl Inigo und nahm selber einen kräftigen Schluck aus der<br />

Flasche, bevor er sie weiterreichte. Brianne roch skeptisch an der Flasche und nahm dann einen<br />

kleinen Schluck. Ihre Augen wurden aufgerissen, verwundert. Dann, nach einem kurzen Augenblick,<br />

bogen sich ihre Mundwinkel nach oben und ihre Wangen wurden ein wenig röter: „Macht warm im<br />

Bauch... ist fajija?“<br />

Inigo nickte: „Ja, es ist eine Art Magie...Mehr?“

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