Elek-Mantow: Zyklus 3 - André Wiesler
Elek-Mantow: Zyklus 3 - André Wiesler
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„Das Licht das weg tut“ ist eingeschlafen - Claudia Wamers<br />
LICHT vermuten durfte. Es gab hier nicht viele solche Stellen und auch nicht viele solcher<br />
Zweibeinlinge - aber wenn deren LICHT hell genug brannte, dann wollte er sich nicht damit anlegen.<br />
Jedenfalls nicht, so lange nicht die Herren noch nicht wieder da waren.<br />
Das Wesen zischte erbost und huschte weiter die Gasse entlang, die es eigentlich am schnellsten zu<br />
seinem Ziel bringen dürfte.<br />
Ja... hier war die Spur stark... und jetzt - neeeeeein! Die Spur, die Fäden der Macht, wo waren sie?<br />
Bei den hohen Herren! Er hatte die Spur verloren... der Torstein war zerstört! Ohhh.... ahh, da! Für<br />
einen winzigen Augenblick war ihm doch so, als wäre der Stein zerstört worden, er hatte dessen<br />
Machtströme nicht mehr spüren können. Aber da war das Signal ja wieder, etwas schwächer zwar,<br />
aber es war vorhanden.<br />
Was wagte dieser Zweibeinling eigentlich mit dem Stückchen des Torsteines zu machen? Was war das<br />
überhaupt für ein Zweibeinling? Das konnte doch kein normaler, dummer, blinder Zweibeinling sein,<br />
wie er sie bislang viel zu häufig gesehen hatte? Er hatte zwar auch schon andere Zweibeinlinge<br />
gesehen, Anwender der Kraft der Herren oder auch des... grrr, des LICHTES waren diese gewesen,<br />
aber als der kleine Zweibeinling den Torstein geraubt hatte, da hatte er doch gar nichts.... Hrrrragh,<br />
da hatte er gar nichts gemacht, um dieses zu überprüfen! Welch ein Versäumnis! Die Kreatur duckte<br />
sich tief in den Staub der Gasse und wand sich hin und her - auf seiner schuppigen Haut spürte er<br />
schon die Strafe, sollten die Herren jemals von seinen Vergehen erfahren.<br />
Niemals, niemals würde er zulassen, daß die Herren davon erführen! Die häßliche Kreatur schüttelte<br />
sich, so daß die kleinen Schuppen ihres Panzers leise aneinander klickten. Unter Zähneknirschen<br />
sprang das Wesen auf und lief, mit gesteigertem Tempo diesmal, die Gasse entlang. An deren Ende<br />
dürfte sich das Fragment des Torsteines befinden...<br />
Jawohl, jetzt merkte er dessen Anwesenheit in der Nähe, ganz in der Nähe. Und da, ja, da waren auch<br />
die anderen Fäden, dünn aber kristallklar, die der kleine Zweibeinling um sich versammelte.<br />
Ungeordnet und ungelenk waren sie noch, aber sie hatten es trotzdem gerade geschafft, den Kontakt<br />
zu dem Torstein aufzubauen - und das just in dem Moment, als er vor dem Holzkasten ankam, der den<br />
Torstein beherbergte!<br />
Er hatte Kontakt zu dem Torstein aufgenommen! Das konnten doch nur die Herren! Wieso... halt,<br />
nein, die Kreatur überlegte noch einmal ganz genau, was sie da gesehen hatte. Zuerst waren da die<br />
Stränge des Steines gewesen - feingliedrige Finger, die sich durch die Stadt nach ihm ausdehnten und<br />
ihn riefen, sowie feines Gespinst, das in intensiven Farben um den Stein herumwirbelte. Zum zweiten<br />
waren da die flackernden, kristallklaren Fäden des kleinen Zweibeinlings gewesen, die sich in alle<br />
Richtungen ausgedehnt hatten, die allerdings wie kleine Peitschenhiebe ungezielt hinaus schossen<br />
und wieder auf ihn zurückfielen - so! Und dann erst war der Kontakt entstanden... aber der war durch<br />
den Stein hervorgerufen worden. Der Stein lockte den Zweibeinling in seine Machtsphäre... der<br />
Stein... wollte den Zweibeinling!<br />
Hmmmmm, gut, sehr gut... Der Torstein bereitete schon alles vor, war das nicht wundervoll? Das<br />
Wesen bremste seinen Lauf in der Nähe des kleinen Holzkastens, um weiter zu beobachten. Die Fäden<br />
des Steines umfingen die kleinen, flackernden Fäden des Jungen, versuchten sie in den Stein<br />
hineinzuziehen und mit den eigenen Strängen zu verflechten.... Jaaaa! Neein! Das Wesen glaubte,<br />
seinen Echsenaugen nicht trauen zu dürfen, die orangeglühend auffunkelten vor Zorn. Wie hatte das...<br />
der Zweibeinling hatte die Verbindung von sich aus unterbrochen. Ein schrilles, langgezogenes und<br />
von der Wut getriebenes Heulen erfüllte die feuchtkühle Nachtluft, als die Kreatur aus dem Hain der<br />
Herren ihren Zorn hinausbrüllte in die Dunkelheit.<br />
���<br />
Gabraal zuckte zusammen, ein schreckliches Geräusch erfüllte die Nacht, die auch ansonsten schon<br />
voller ungewöhnlicher Töne war. Noch nie zuvor hatte er zum Beispiel das Holz der Dachbalken<br />
derartig arbeiten hören, noch nie zuvor hatte er gemerkt, wie sich ein vom Wind umher getriebenes<br />
Blatt anhörte, wenn es gegen die Hauswand stieß, noch nie... VERDAMMT NOCH MAL! Noch nie<br />
hatte er einen solchen Schrei, ein solches Heulen gehört - und es wollte einfach nicht aufhören!<br />
Jetzt kamen sie, um auch ihn noch zu holen. Sie hatten gemerkt, daß von den Barilkians noch einer<br />
fehlte... sie wollten Gabraal auch noch haben!<br />
Gabraal blieb einen Moment auf dem Bett hocken, die kleinen Hände in der Decke zu Fäusten<br />
zusammen geballt. Dann schnellte er von dem Lager herunter in den Wohnraum hinein. Zuerst hatte