Elek-Mantow: Zyklus 3 - André Wiesler
Elek-Mantow: Zyklus 3 - André Wiesler
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Der Ruf des Falken - Claudia Wamers * Jürgen Nilkens * Oliver Nothers * Robert Symons<br />
An dieser Stelle wurde die Erzählung von dem Gelächter der Schwestern unterbrochen. Sie alle<br />
kannten Lianna gut genug, um zu wissen, daß kaum ein Mann ihr gewachsen war.<br />
„Er hieß Leored. Es war Liebe auf den ersten Blick. Wir zogen zusammen und er bildete mich aus. Er<br />
brachte mir alles bei, was man als Dieb und Assassine wissen muß, und er lehrte mich auch, mit<br />
diesem hier umzugehen.“ Dabei zog sie halb ihr Rapier. Dann lehnte sie sich zurück, und ließ den<br />
Blick in die Runde schweifen.<br />
„Tja, und drei Monate nachdem wir uns kennengelernt hatten, haben wir geheiratet.“<br />
Verblüfftes Schweigen herrschte in dem kleinen Raum. Li’s Schwestern trauten ihren Ohren nicht.<br />
Ihre Schwester Lianna, das wildeste und unabhängigste Mädchen von <strong>Elek</strong>-<strong>Mantow</strong>, hatte geheiratet?<br />
Das hätte man von Lissa erwartet, aber doch nicht von...<br />
„Lianna, Du hast was!?!“, brachte Zho schließlich heraus.<br />
„Ich habe ihn geheiratet, Zhoreena, hörst Du schwer?“ grinste Lianna. Sie liebte es, ihre Schwestern<br />
zu verblüffen. Jakla betrachtete das Geschehen. Die Mädchen, zumindest drei von ihnen, ahnten zwar<br />
noch nichts davon, aber da war noch etwas anderes, das noch kommen würde, etwas schmerzvolles,<br />
das spürte sie in jedem ihrer alten Knochen. Lianna betrachtete einen Ring, den sie an einer Kette um<br />
den Hals trug.<br />
„Den hat Lored mir geschenkt, als er um meine Hand anhielt.“ Sie seufzte.<br />
„Es war eine himmlische Zeit. Wir unternahmen alles zusammen, von Einbrüchen bis hin zu<br />
Trinkgelagen. Er schenkte mir oft hübsche Kleinigkeiten und machte mir Komplimente, bis...“ Sie<br />
stockte und man sah, daß sie mit sich kämpfte. Aha, dachte Jakla, jetzt geht es los.<br />
„Bis zu dem Tag, als wir bei diesem fetten Händler einstiegen. Durch einen dummen Zufall wurde<br />
Leored ertappt. Bei einem der Wächtern hatte aus irgend einem Grund das Schlafgift im Wein nicht<br />
gewirkt. Er weckte die anderen und sie konnten Leored überwältigen. Ich entkam und konnte mich<br />
verstecken, fest in dem Glauben, sie würden die Stadtwache rufen, um meinen Mann abführen zu<br />
lassen. Doch der Händler hatte andere Methoden. Vor meinen Augen wurde Leored... in einen<br />
Zwinger voller Multorischer Kriegshunde gestoßen.“ Lianna war bei der Erinnerung leichenblaß<br />
geworden und Tränen strömten über ihr Gesicht. Sie schluchzte nicht, jedoch ließen die<br />
gelegentlichen Pausen in ihrer Rede darauf schließen, daß sie mit sich kämpfte. Auch die Schwestern<br />
waren erbleicht. Jede von ihnen hatte zumindest von den Multorischen Kriegshunden gehört, wenn<br />
nicht gar selber welche in Aktion gesehen. Es waren riesige graue Bestien, dreimal so groß wie ein<br />
Wolf, mit Zähnen wie Dolche, Tiere, die nur zum Töten gezüchtet und erzogen wurden, und die selbst<br />
einem Krieger im Kettenhemd den Arm mit einem Biß abtrennen konnten.<br />
Caerlissa legte einen Arm um ihre ‘kleine’ Schwester und drückte sie an sich, während Zhoreena und<br />
Leandra je eine Hand Liannas ergriffen. Nach einer Weile hatte Lianna sich wieder gefangen. Als sie<br />
wieder aufblickte brannte etwas kaltes, gefährliches in ihren Augen.<br />
„Der Fettsack hat die nächste Nacht nicht überlebt. Als ich zur Gilde kam, und man endlich zwischen<br />
meinen Tränen heraushören konnte, was geschehen war, herrschte eine große Wut und Betroffenheit.<br />
Niemand legt sich ungestraft mit der Gilde an, und so stürmte ich am nächsten Abend mit zwanzig der<br />
besten Meuchler der Gilde das Haus des Händlers. Die zehn Wachen waren tot, bevor sie überhaupt<br />
gemerkt hatten, was los war. Den fetten Händler jagte ich auf den Hof, und ließ die Hunde auf ihn los.<br />
Er schaffte knappe vier Sprung, bevor die Hunde ihn erreichten.“<br />
Ein betretenes Schweigen füllte den Raum fast spürbar aus. Dann fuhr Lianna fort zu berichten.<br />
„Ich hatte die Trümmer meines Lebens vor Augen. In dieser Stadt wollte ich nicht länger bleiben. Ich<br />
packte also meine Sachen und machte mich auf den Weg. Ich wollte weg von dort. Eigentlich war es<br />
mir egal, wohin mich der Weg führte - ich nahm meine Umgebung kaum wahr.<br />
Tage und Wochen zog ich dahin, immer dem Weg folgend, den mein Pferd gerade nahm. So war ich<br />
eines Tages ziemlich erstaunt, als ich wieder vor dem Rattenloch von <strong>Elek</strong>-<strong>Mantow</strong> stand. Ich hatte<br />
nur wenig gegessen und daher stark abgenommen. Ich besaß keine müde Sonne mehr, und am Stehlen<br />
hatte ich fürs erste die Lust verloren.“ Lianna schlug die Augen nieder.<br />
„So verdingte ich mich in dem Hurenhaus oben an der Spalte.“<br />
Caerlissa blickte entsetzt, Zhoreena zog eine Augenbraue hoch und Leandra blickte Lianna erstaunt<br />
an. Jakla begnügte sich damit, die Szene mit einem gewissen Ernst zu beobachten.