15.11.2012 Aufrufe

Elek-Mantow: Zyklus 3 - André Wiesler

Elek-Mantow: Zyklus 3 - André Wiesler

Elek-Mantow: Zyklus 3 - André Wiesler

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Schattenfuchs und Schleiertanz - Christel Scheja<br />

„Pawlek!“ Erstaunt zuckte ein Kräuterhändler zusammen, der den Jüngling eben noch neben seinem<br />

Stand stehen gesehen hatte. Sofort überprüfte er seine Auslagen und wischte sich erleichtert den<br />

Schweiß von der Stirn, als er feststellten daß ihm nichts zu fehlen schien. „Man kann ja nie wissen,<br />

was dieses Gauklerpack vor hat!“ murmelte er zu sich selber und blickte argwöhnisch über den Platz.<br />

Ja, die Wahlen und das darauf folgende Stadtfest brachte es mit sich, daß Gesindel seinen Weg nach<br />

<strong>Elek</strong>-<strong>Mantow</strong> fand, das er weit wegwünschte - Nushq' quai und anderes Gesindel.<br />

Der Jüngling war zwischen den Menschen hindurch zu einer Lücke gehuscht und unter einen Stand<br />

gekrochen, der neben dem des Stoffhändlers lag. Schlangengleich hatte er sich durch die Schragen<br />

gewunden und kauerte nun fast unsichtbar unter dem tuchverhangenen Tisch.<br />

Geschickt lösten seine Finger die bestickte Börse vom Gürtel der Dame, ja der dreiste Dieb wagte es<br />

sogar der Maid einen Ring vom Finger zu ziehen, ehe er wieder nach hinten zurückwich und durch<br />

den hinteren Teil des Standes auf eine Gasse zwischen den Buden gelangte. Ehe er auftauchte ließ er<br />

die Münzen in seinen eigenen Beutel gleiten, den er wieder unter seinen Überwurf schob.<br />

Fröhlich pfeifend warf er die geleerte Börse über den Stand zurück und grinste breit, als er das<br />

Wehklagen und Geschrei der Edlen vernahm, die den Diebstahl entdeckt hatte. Unschuldig blickend<br />

mischte er sich unter die Schaulustigen und beobachtete, was weiter geschah.<br />

Ihre Leibwachen eilten nun herum wie aufgescheuchte Hähne. Zwei von ihnen jagten ein dürres Kind<br />

in Lumpen, das zu auffällig mit der bestickten Börse gespielt hatte.<br />

Entsetzt kreischend entwischte es den zupackenden Händen und stob wie ein aufgehetztes Reh in der<br />

nächstliegenden Gasse, verfolgt von den eindrucksvoll großen Kasraliten. Bald war nur noch Fluchen<br />

und Kreischen zu hören.<br />

Der Jüngling zuckte mit den Schultern und seufzte. Gemächlich schlenderte zu einem Fleischstand<br />

und erwarb dort ein Spießchen. Während er an dem knusprigen Fleisch nagte, setzte er seinen Weg<br />

fort, als wolle er sich nur die Stände anschauen.<br />

Der Jüngling zuckte jedoch zurück und riß die Augen weit auf, als er an dem Stand einer Nushq'quai-<br />

Sippe vorbeikam. Fast hätte er einen Packen Flickenteppiche heruntergerissen. Eine gebeugte alte<br />

Frau hatte tadelnd den Finger gehoben und verzog nun ihr runzliges Gesicht zu einem wissenden<br />

Lächeln. „Himbli, Junge, der du glaubst ...“, kicherte sie.<br />

Der Dieb schnaubte und warf den Fleischspieß beiseite, als habe er plötzlich den Appetit verloren<br />

drehte den Kopf weg, als er den prüfenden Blick der goldenen Augen nicht mehr ertragen konnte und<br />

überquerte hastig den Markt. Erst am Brunnen kam er zur Ruhe und kauerte sich dann zu einem<br />

Barden der neben einem der Becken saß, um dessen Gesang zu lauschen.<br />

Als der Sänger seinen Vortrag beendet hatte, neigte er den Kopf und lächelte den Burschen an,<br />

musterte verliebt das weiche Gesicht des Jünglings und wisperte etwas in zu ihm, das dieser ebenso<br />

rasch und leise erwiderte.<br />

„Füchslein, hab acht, die Leute des Hauptmannes Larkur suchen dich schon wieder. Was hast du nur<br />

wieder Leichtsinniges angestellt? Der Preis auf deine Ergreifung ist erhöht, und ich kenne manch<br />

einen, der sie sich verdienen will.“<br />

„Ach Reyard, das ist eine lange Geschichte. Ich war in der Oberstadt und habe da ... nein, das erzähle<br />

ich später. Ach weißt du, wenn das Leben hier zu schwer wird, dann zieh' ich einfach mit dir fort!“<br />

erklärte der Knabe fröhlich und unbeschwert. „<strong>Elek</strong>-<strong>Mantow</strong> ist schließlich nicht meine Heimat. Du<br />

weißt ja, daß ich nicht nur dies eine Handwerk ausüben kann.“ Seine Stimme klang weich und schön,<br />

als sei sie für Gesang gemacht. „Ich bin zu lang in dieser Stadt, und will mich wahrlich nicht an die<br />

Menschen hier binden, sei es durch Verpflichtungen oder ...“<br />

Er verstummte und sah sich aufmerksam um, als er einen, in der Menge herausragenden Federbusch<br />

entdeckte. Die blaue Uniform einer Stadtwache stach deutlich unter den bunten Gewändern der<br />

Menschen hervor. „Nun, wie ist's? Einen Sänger wie mich kannst du gebrauchen, oder nicht?“<br />

„Ach Füchslein, das Leben eines Barden ist so wild bewegt wie seine Lieder! Zudem habe ich mich<br />

einer Gauklertruppe angeschlossen. Ich weiß nicht was Matany sagen wird, wenn ich dich zu ihr<br />

bringe! Sie ist eine sehr eifersüchtige Frau und du hast sie schon einmal vor den Kopf gestoßen, falls<br />

du dich erinnerst. Damals als du das erste Mal zu uns kamst ...“<br />

„Matany ist eine dumme Gans, du weißt es wohl! Und ich will doch nichts von dir außer deiner<br />

Freundschaft, mein dummer großer Freund. Deinen Körper schenke ich ihr gerne!“<br />

Der Barde seufzte und verdrehte die Augen: „Füchslein, du bist trotz allem ein reizvolles Geschöpf,<br />

und deine Schönheit übertrifft Matanys. Sie wird nicht zulassen, daß du den anderen Männern den

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!