Elek-Mantow: Zyklus 3 - André Wiesler
Elek-Mantow: Zyklus 3 - André Wiesler
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Schattenfuchs und Schleiertanz - Christel Scheja<br />
„Pawlek!“ Erstaunt zuckte ein Kräuterhändler zusammen, der den Jüngling eben noch neben seinem<br />
Stand stehen gesehen hatte. Sofort überprüfte er seine Auslagen und wischte sich erleichtert den<br />
Schweiß von der Stirn, als er feststellten daß ihm nichts zu fehlen schien. „Man kann ja nie wissen,<br />
was dieses Gauklerpack vor hat!“ murmelte er zu sich selber und blickte argwöhnisch über den Platz.<br />
Ja, die Wahlen und das darauf folgende Stadtfest brachte es mit sich, daß Gesindel seinen Weg nach<br />
<strong>Elek</strong>-<strong>Mantow</strong> fand, das er weit wegwünschte - Nushq' quai und anderes Gesindel.<br />
Der Jüngling war zwischen den Menschen hindurch zu einer Lücke gehuscht und unter einen Stand<br />
gekrochen, der neben dem des Stoffhändlers lag. Schlangengleich hatte er sich durch die Schragen<br />
gewunden und kauerte nun fast unsichtbar unter dem tuchverhangenen Tisch.<br />
Geschickt lösten seine Finger die bestickte Börse vom Gürtel der Dame, ja der dreiste Dieb wagte es<br />
sogar der Maid einen Ring vom Finger zu ziehen, ehe er wieder nach hinten zurückwich und durch<br />
den hinteren Teil des Standes auf eine Gasse zwischen den Buden gelangte. Ehe er auftauchte ließ er<br />
die Münzen in seinen eigenen Beutel gleiten, den er wieder unter seinen Überwurf schob.<br />
Fröhlich pfeifend warf er die geleerte Börse über den Stand zurück und grinste breit, als er das<br />
Wehklagen und Geschrei der Edlen vernahm, die den Diebstahl entdeckt hatte. Unschuldig blickend<br />
mischte er sich unter die Schaulustigen und beobachtete, was weiter geschah.<br />
Ihre Leibwachen eilten nun herum wie aufgescheuchte Hähne. Zwei von ihnen jagten ein dürres Kind<br />
in Lumpen, das zu auffällig mit der bestickten Börse gespielt hatte.<br />
Entsetzt kreischend entwischte es den zupackenden Händen und stob wie ein aufgehetztes Reh in der<br />
nächstliegenden Gasse, verfolgt von den eindrucksvoll großen Kasraliten. Bald war nur noch Fluchen<br />
und Kreischen zu hören.<br />
Der Jüngling zuckte mit den Schultern und seufzte. Gemächlich schlenderte zu einem Fleischstand<br />
und erwarb dort ein Spießchen. Während er an dem knusprigen Fleisch nagte, setzte er seinen Weg<br />
fort, als wolle er sich nur die Stände anschauen.<br />
Der Jüngling zuckte jedoch zurück und riß die Augen weit auf, als er an dem Stand einer Nushq'quai-<br />
Sippe vorbeikam. Fast hätte er einen Packen Flickenteppiche heruntergerissen. Eine gebeugte alte<br />
Frau hatte tadelnd den Finger gehoben und verzog nun ihr runzliges Gesicht zu einem wissenden<br />
Lächeln. „Himbli, Junge, der du glaubst ...“, kicherte sie.<br />
Der Dieb schnaubte und warf den Fleischspieß beiseite, als habe er plötzlich den Appetit verloren<br />
drehte den Kopf weg, als er den prüfenden Blick der goldenen Augen nicht mehr ertragen konnte und<br />
überquerte hastig den Markt. Erst am Brunnen kam er zur Ruhe und kauerte sich dann zu einem<br />
Barden der neben einem der Becken saß, um dessen Gesang zu lauschen.<br />
Als der Sänger seinen Vortrag beendet hatte, neigte er den Kopf und lächelte den Burschen an,<br />
musterte verliebt das weiche Gesicht des Jünglings und wisperte etwas in zu ihm, das dieser ebenso<br />
rasch und leise erwiderte.<br />
„Füchslein, hab acht, die Leute des Hauptmannes Larkur suchen dich schon wieder. Was hast du nur<br />
wieder Leichtsinniges angestellt? Der Preis auf deine Ergreifung ist erhöht, und ich kenne manch<br />
einen, der sie sich verdienen will.“<br />
„Ach Reyard, das ist eine lange Geschichte. Ich war in der Oberstadt und habe da ... nein, das erzähle<br />
ich später. Ach weißt du, wenn das Leben hier zu schwer wird, dann zieh' ich einfach mit dir fort!“<br />
erklärte der Knabe fröhlich und unbeschwert. „<strong>Elek</strong>-<strong>Mantow</strong> ist schließlich nicht meine Heimat. Du<br />
weißt ja, daß ich nicht nur dies eine Handwerk ausüben kann.“ Seine Stimme klang weich und schön,<br />
als sei sie für Gesang gemacht. „Ich bin zu lang in dieser Stadt, und will mich wahrlich nicht an die<br />
Menschen hier binden, sei es durch Verpflichtungen oder ...“<br />
Er verstummte und sah sich aufmerksam um, als er einen, in der Menge herausragenden Federbusch<br />
entdeckte. Die blaue Uniform einer Stadtwache stach deutlich unter den bunten Gewändern der<br />
Menschen hervor. „Nun, wie ist's? Einen Sänger wie mich kannst du gebrauchen, oder nicht?“<br />
„Ach Füchslein, das Leben eines Barden ist so wild bewegt wie seine Lieder! Zudem habe ich mich<br />
einer Gauklertruppe angeschlossen. Ich weiß nicht was Matany sagen wird, wenn ich dich zu ihr<br />
bringe! Sie ist eine sehr eifersüchtige Frau und du hast sie schon einmal vor den Kopf gestoßen, falls<br />
du dich erinnerst. Damals als du das erste Mal zu uns kamst ...“<br />
„Matany ist eine dumme Gans, du weißt es wohl! Und ich will doch nichts von dir außer deiner<br />
Freundschaft, mein dummer großer Freund. Deinen Körper schenke ich ihr gerne!“<br />
Der Barde seufzte und verdrehte die Augen: „Füchslein, du bist trotz allem ein reizvolles Geschöpf,<br />
und deine Schönheit übertrifft Matanys. Sie wird nicht zulassen, daß du den anderen Männern den