Elek-Mantow: Zyklus 3 - André Wiesler

Und er war Herr über die Zweibeiner.
Er war der Herr.
Die Zweiten gingen.
Vogelfreiheit - Stephan Packard
V.
Die Sonne war schon beinahe vollkommen untergegangen, als Lyr und Manyr stehenblieben. Sie
waren aus der alten Mine gerannt - Lyr hatte immer noch den Widerhall ihrer schnellen Schritte
durch die feuchten Gänge im Ohr - und immer weiter waren sie gelaufen, bis sie nicht mehr konnten.
Dann waren sie stehengeblieben.
„Und jetzt?“
Manyr setzte sich auf den Boden, bevor er antwortete. „Was jetzt?“
Lyr sog die kühle Abendluft ein, spürte das Pochen in ihrer Lunge. „Was soll jetzt werden?“
„Wieso?“
„Der Dieb hat jetzt zwei Ringe, und du hast gesagt, das darf niemals passieren. Was wird jetzt
geschehen?“
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Die Molegs waren wieder im Gestein verschwunden. Der Einzelne zündete langsam, mit zitternden
Fingern, die fünfte Kerze an und stellte sie an die Spitze des Sterns zurück. Der Fünfstern begann
hellrot zu glimmen, das Leuchten wurde heller und steigerte sich zu einem beinahe schmerzhaften
Glänzen.
Im fünften Strahl bildete sich ein kleiner, kreisrunder schwarzer Fleck im roten Feuer des Sterns.
Der fünfte Ring fehlte noch. Hier sollte er liegen.
Der Einzelne atmete ein paar Mal tief durch, um sich zu beruhigen. Dann nahm er den Ring,
betrachtete kurz das billige Metall, aus dem dieses so kostbare Artefakt gemacht war; dann ließ er
seine Hand langsam sinken und legte das Kleinod exakt in den kleinen schwarzen Rund hinein.
Schnell zog er seine Hand zurück; eine Flamme war entstanden in der Mitte des Rings, jetzt sprangen
die flackernden Lichter auch aus den vier anderen Ringen in die Luft, breiteten sich über den Stern
aus und bildeten ein Meer aus rotem Feuer.
Der Einzelne murmelte schnell einige Silben, um die neugeborene und doch uralte Macht auf ihn
selbst zu fokussieren.
In der Mitte des Fünfsterns richtete sich eine große Flammensäule auf, begann sich zu drehen
und dabei noch weiter zu wachsen. Immer schneller rotierte sie. Der Einzelne hielt den Atem an. Die
wachsende rote Säule erreichte die Decke der Höhle. Die Wände der Mine zitterten. Der Einzelne
wartete. Das Feuer loderte noch einmal auf, dann sprang es zur Seite weg und bohrte sich in den
Stein, wo es verlosch.
Überraschung ergriff den Einzelnen; so hatte er es sich nicht vorgestellt. Schnell lief er hinüber zu
der Stelle in der Wand, die noch immer Wärme abstrahlte, und blickte auf die mannshohen,
rotglühenden Buchstaben, die ins Gestein gebrannt standen:
An die hohen Herren des Hohen Triumvirats von Elek-Mantow:
Liebe Hohe Herren,
ich habe ein großes Problem. Ich lebe draußen vor der Stadt und bin Bauer und zahle meine Steuern
als Korn...
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„Ihr habt nicht richtig zugehört, meine Liebe.“ Jetzt grinste Manyr. „Ich habe nicht gesagt, er
dürfe niemals zwei Ringe besitzen. Es dürfen nur nicht gerade diese beiden sein.“
Er streckte eine Hand aus und reichte ihr ihren Erbring, den sie mit Verwunderung annahm.
„Was hast du ihm gegeben?“
„Einen meiner eigenen Ringe. Einen, den ich nicht so dringend brauche.“
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