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Elek-Mantow: Zyklus 3 - André Wiesler

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Keriams Schatten - Kai-Florian Richter<br />

Jaga nahm ihn in den Arm, sie wußte genau, daß die Verbitterung nicht ihr galt, sondern pure<br />

Verzweiflung wegen Chatsars Machtlosigkeit war. Und richtig, Chatsar brach in Tränen aus und legte<br />

schluchzend seinen Kopf an ihre Brust, während sie ihn wie ein kleines Kind wog und ihn über Kopf<br />

und Rücken streichelte.<br />

„Ich muß endgültig etwas gegen Keriam unternehmen!“ drang eine dumpfe, tränenerstickte Stimme an<br />

Jagas Ohr.<br />

-4-<br />

„Hier, das habe ich heute morgen gefunden!“ Keriam warf ein Stück Pergament auf Larkurs<br />

Schreibtisch und setzte sich anschließend auf den Holzsessel vor dem Tisch.<br />

Larkur schaute zunächst Keriam fragend an, dann das Pergament, doch schließlich griff er danach und<br />

entfaltete es. Am oberen Rand hatte es einen Riß, so als hätte jemand versucht, es einzureißen.<br />

„Ich werde Dich kriegen, warte nur ab!“<br />

„Wo habt Ihr es gefunden?“ Larkur konnte mit der Botschaft nicht viel anfangen und blickte wieder<br />

Keriam erwartungsvoll an.<br />

„Auf meinem Kissen, befestigt mit dem hier!“ Keriam warf etwas Schweres auf die Schriftstücke auf<br />

Larkurs Schreibtisch, einen Dolch mit schwarzer Klinge.<br />

Larkur nahm ihn in die Hand, drehte ihn langsam und betrachtete ihn eingehend von allen Seiten.<br />

Dann blickte er auf, wieder einen fragenden Ausdruck in den Augen.<br />

„Der verdammte Dolch steckte in meinem Kissen, keine Pfeillänge von meinem Kopf entfernt. Irgend<br />

jemand hat mein Fenster aufgebrochen, ist ins Zimmer gekommen und hat mir diese elende Botschaft<br />

gebracht, mit diesem Dolch!“<br />

„Aber Ihr werdet doch bewacht?“<br />

„Ja, natürlich werde ich bewacht! Von einem Haufen Söldnern, die mich täglich ein Vermögen kosten<br />

und offensichtlich vollkommen unfähig sind. Einer stand direkt vor meiner Tür! Direkt davor, und<br />

bekommt nichts mit!“<br />

„Was gedenkt Ihr zu tun?“<br />

„Was ich zu tun gedenke?“ Keriam war aufgesprungen, fing an zu brüllen. „Was ich zu tun gedenke?<br />

Ich habe die Idioten nicht bezahlt! Ich habe noch mehr eingestellt! Was soll ich denn noch tun? Nun<br />

seid Ihr dran! Was gedenkt Ihr zu tun?“ Keriam stand, drohend über den Schreibtisch gebeugt, mit<br />

zornrotem Gesicht vor Larkur und funkelte ihn an.<br />

„Nun beruhigt Euch wieder, setzt Euch.“ Larkur stand ebenfalls auf, drückte den zitternden Keriam<br />

zurück auf seinen Platz.<br />

„Unsere Möglichkeiten sind, wie Ihr sicher wißt, recht gering. Wir können höchstens die<br />

Patrouillengänge verstärken, doch haben wir auch nur eine begrenzte Zahl von Leuten und wir können<br />

natürlich nicht die anderen Bereiche der Stadt ungeschützt lassen...“<br />

„Die Rüstung“ Keriam blickte sich, scheinbar beruhigt, in Larkurs Raum um.<br />

„Bitte?“<br />

„Die Rüstung. In diesem Raum habe ich mindestens Eure Rüstung bezahlt, mit meinem Geld, daß ich<br />

hart erarbeitet habe. Ich wollte Euch nur daran erinnern, daß ich für diesen Haufen hier einiges an<br />

Geld gegeben habe. Und es ist deshalb Eure verdammte Pflicht, mich und meine Habe zu schützen!“<br />

Mit diesen Worten stand Keriam auf, drehte sich grußlos um, öffnete die Tür und knallte sie hinter<br />

sich so heftig zu, daß einige Pergamente von Larkurs Schreibtisch fielen.<br />

���<br />

„Stillgestanden!“<br />

Chatsar stand mit den übrigen Soldaten seiner Einheit auf dem Innenhof der Kaserne beim<br />

allmorgendlichen Appell. Wie alle anderen auch trug er neben voller Rüstung auch Hellebarde und<br />

Schild und stand, wie jeden Morgen, vor seinen ihm unterstellten Soldaten. Hauptmann Gehrfol<br />

schritt die Reihen ab, ordnete hier und da den Umhang eines Soldaten, sorgte bei einigen durch einen<br />

leichten Schlag mit seiner Reitgerte dafür, daß sie auch gerade standen, und lächelte tatsächlich<br />

einigen Soldaten zu.<br />

„Leute, ich habe euch etwas mitzuteilen!“<br />

Die Spannung in den Soldaten stieg, man spürte richtig, wie sie noch strammer standen.

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