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Elek-Mantow: Zyklus 3 - André Wiesler

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Totentanz - <strong>André</strong> <strong>Wiesler</strong><br />

Der Soldat näherte sich der Uhr und sagte, mit freundlicher Stimme: „So werde ich das Prachtstück<br />

nun mitnehmen. Der Dank des Herrn ist euch sicher!“<br />

Etwas stimmte nicht, jetzt spürte es auch der einfache, etwas einfälltige Handwerker. „Ja sicher, aber<br />

von Dank alleine ist schlecht leben. Ihr entsinnt euch sicher, in der Abmachung heißt es `bei Erhalt<br />

der Ware 500 Goldsonnen an den Schmied´. So war es besprochen und beschlossen.“<br />

Der Kommandant blickte über seine Schulter. Der Handwerker folgte dem Blick und sah, zuerst mit<br />

Verwunderung, dann mit Schrecken, daß der eine der Soldaten eine gespannte Armbrust erhoben<br />

hatte.<br />

„Sicher, nun ist es aber leider so, daß mein Herr zur Zeit das Gold etwas knapp nur hat und sich<br />

deswegen entschlossen hat“, hier machte er einen Schritt zur Seite, „euch mit Eisen zu bezahlen.“<br />

Ein Sirren erfüllte die Luft und der Schmied spürte einen stechenden Schmerz in der Brust. Der<br />

Bolzen hatte seine Lederschürze durchschlagen und war tief in seine Brust gesunken. Nurmehr die<br />

Federn waren zu sehen, rote Federn, kurz und ausgefranst.<br />

Der Hautpmann lachte und stieß den verdutzt auf seine Brust starrenden Schmied zur Seite. Auch die<br />

Soldaten lachten laut und saßen wieder auf.<br />

„Habt Dank!“,sagte der Kommandant mit höhnischer Stimme, als er die Spieluhr aufnahm und sich<br />

zur Tür wandte, „Schade nur, daß die Welt einen Mann eures Talentes verlieren muß. Es trifft doch<br />

immer die Falschen.“<br />

Der Wirt setzte sich mühsam auf. Haß sprühte aus seinen blutunterlaufenen Augen und nur mühsam,<br />

röchelnd konnte er sprechen: „Niemals sollt ihr Freude an meinem Werk haben. Die Melodie soll auf<br />

immerdar in euren Ohren sein und ihr sollt tanzen. Tanzt den Todestanz“<br />

Dann brach er zusammen und mit einem letzten Husten löschte er sein Lebenslicht aus. Der<br />

Kommandant stand noch einige lange Augenblicke dort. Warum konnte er nur die Worte des alten<br />

Mannes nicht abschütteln, wie er die Flüche der vielen Anderen abschüttelte? Und wo zum Petek kam<br />

dieser Wind her.<br />

„Wir reiten!“, rief er den noch immer wie Milchmädchen kichernden Soldaten zu, die sich nach<br />

diesem gelungenen Scherz in Hochstimmung fühlten. Er saß auf und sie preschten los. Es sollte ihr<br />

letzter Ritt sein.<br />

Das erste Band<br />

Das monotone Stampfen der Hufe auf das Kopfteinpflaster und das hin- und herwiegen des Wagens<br />

schläferten A´Tjall ein. Sie waren schon seit den frühen Morgenstunden, kurz vor Sonnenaufgang<br />

unterwegs und würden mit etwas Glück <strong>Elek</strong>-<strong>Mantow</strong> schon am frühen Abend erreichen. Der Neue<br />

machte sich gut. Er war noch unerfahren und manchmal etwas nervös, aber er konnte mit Tieren<br />

umgehen und wußte den Wagen zu steuern. Auch jetzt hatte er die Zügel in der Hand. Sie warf ihm<br />

einen nachdenklichen Blick zu. Er war nicht besonders groß, obwohl er sie noch immer um fast eine<br />

Hand überragte. Auch kräftig war er nicht, aber das konnte noch kommen, immerhin war er höchstens<br />

16 Jahre alt. Sein genaues Alter wußte niemand, anscheinend nicht mal er selber. Er war ein typischer<br />

Junge <strong>Elek</strong>-<strong>Mantow</strong>s, wenn er auch das Glück gehabt hatte, auf der besseren Seite der Stadt geboren<br />

zu werden. Seine Mutter war im Dienste des Hauses Broschakal. Sein Name klang seltsam in A´Tjalls<br />

Ohren: Fenuk. Irgendwie erschien es ihr, daß ein solcher Name eher zu einem Hallakine passen<br />

würde, oder zumindest zu einem großen, kräftigen Mann und nicht zu einem solchen Jungen.<br />

Aber egal, sie mußte sich langsam überlegen, was sie Herrn Tibrand über den Jungen erzählen sollte.<br />

Er war sicher ein guter Arbeiter, hatte hart mit angepackt und schien fast unermüdlich. Auf der<br />

anderen Seite war er etwas tolpatschig und unbedacht. Vielleicht hing das mit seiner Jugend<br />

zusammen. Und er mußte lernen sich durchzusetzen.<br />

Sie hatten die Ladung schneller als erwartet abgeliefert, gerade bei diesem Schnee eine beachtliche<br />

Leistung und sich dadurch den versprochenen Bonus verdient. Der Händler aber wollte sich<br />

herausreden, er habe nicht genug Gold um auszuzahlen, beim nächsten Male aber, da würde die<br />

Summe selbstverständlich aufgeschlagen. Der Junge wollte sich schon darauf einlassen, doch A´Tjall<br />

hatte sich den Händler vorgenommen und wenig später hatte er einiges herausgerückt. Der Junge<br />

bekam ein Schwert und ein Pony, das nun hinter dem Wagen herlief. Sie selbst hatte auf etwas<br />

bestanden, daß man zu Geld machen konnte.<br />

Sie lehnte sich nach hinten und hob ihren Teil der Prämie auf, drehte ihn in den klammen Händen. Es<br />

war ein verzierter Holzkasten auf dem neun Figuren standen. Es schien Multorisch zu sein, denn drei<br />

der Figuren waren multorische Soldaten, angebracht auf einer runden Scheibe, die sich sicher drehen

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