15.11.2012 Aufrufe

Elek-Mantow: Zyklus 3 - André Wiesler

Elek-Mantow: Zyklus 3 - André Wiesler

Elek-Mantow: Zyklus 3 - André Wiesler

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Schattenspiele - Claudia Wamers<br />

Jakla schmunzelte. Wenn Farlina sich so etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann würde sie es wohl<br />

auch tun.<br />

„Also, er hat mich gerade gefragt ob ich eine GROSSMUTTER kennen würde. So wie er es gesagt<br />

hat, meinte er nicht irgendeine Großmutter. Kannst Du Dir da einen Reim darauf machen?“, schloß<br />

Farlina.<br />

Jakla grübelte. Sollte Bercan wirklich sie suchen? Zu welchem Zweck denn nur? Einen Gegenstand<br />

hatte er wohl versteckt, hmm. Wirklich, sie hatte in den letzten Tagen etwas schlechter geschlafen als<br />

sonst. Beinahe hätte sie es auf ihre alten Knochen geschoben, aber man kann seine Kräfte, manchmal<br />

mehr Fluch als Segen, eben nicht gänzlich verleugnen, so sehr man sie auch zu unterdrücken versucht.<br />

Oft schon hatte sie geglaubt, daß ihre Magie nun vollends überwunden und eingeschlafen war, aber<br />

die Kraft ließ sich nicht so einfach in den Schlaf wiegen. Es stimmte allerdings, irgend etwas schien<br />

sich <strong>Elek</strong>-<strong>Mantow</strong> zu nähern, war dabei, sich hier aufzubauen. Die Kräfte konzentrierten sich, hier<br />

würde bald etwas geschehen. Vielleicht hatte diese Sache mit Bercan etwas damit zu tun, vielleicht<br />

auch nicht.<br />

„Nun, wir werden uns einfach Bercan einmal anhören müssen, kannst Du ihn herholen lassen? Bis an<br />

die Spalte dürfte reichen, ich werde mich mit ihm wohl oben am Wagen unterhalten, er braucht ja<br />

auch nicht zu wissen, mit wem er redet. Ich möchte ihn nicht auch noch immer hier unten haben!“,<br />

brummelte die schwarze Jakla.<br />

Natürlich meinte sie es nicht so, aber wenn einer erst einmal den Sprung heraus geschafft hatte aus<br />

den Schatten, dann stand er auf eigenen Beinen - oder fiel.<br />

„Geh’ hinunter zu den Anderen, bitte die Kinder Bercan zu suchen, er ist bestimmt nicht mehr in der<br />

Oberstadt, und lasse ihn zu dem Wagen geleiten. Und sorge dafür, daß er nicht sieht wo es hingeht.<br />

Ich werde dann kommen und mir die Angelegenheit anhören. Los, beeile Dich, wir haben nicht viel<br />

Zeit, geh!“<br />

Jakla schob Farlina zur Türe. Schnell verschwand sie im Dunkel, um die anderen Schatten, die<br />

Straßenkinder der Unterstadt, die in den alten Minengängen unter den Häusern hausten, zu<br />

alarmieren.<br />

���<br />

Bercan verließ den relativ sicheren Boden der Oberstadt mit den gepflasterten Straßen, der<br />

nächtlichen Beleuchtung und den privaten Wachleuten um, in das Rattenloch einzusteigen. Hier<br />

waren all die Dinge an der Tagesordnung, die einem wohlerzogenen jungen Mädchen der Oberstadt<br />

die Schamesröte aufsteigen ließen - falls sie nicht sowieso sofort vor Schreck in Ohnmacht fiel.<br />

Der junge Tibrand arbeitet sich durch die dunkeln Gassen, die nur hier und da spärlich erleuchtet<br />

wurden durch die Lichtbahnen, die aus den geöffneten Wirtshaustüren auf die schlammigen und von<br />

Unrat übersäten Straße fielen. Er nahm sich die einschlägigen Spelunken vor, in denen man schon mal<br />

auf Sell treffen konnte, aber irgendwie war heute nicht sein Tag.<br />

Corwin Dery drückte sich in den Schatten eines Hauseinganges - da war er doch, der Mann, der ein<br />

Geschäft für ihn haben sollte. Er kannte ihn auch, es war jemand gewesen, mit dem er vor gar nicht<br />

langer Zeit einmal ein kleines Geschäftchen gemacht hatte. Gerade wollte er sich in dessen Nähe<br />

begeben um den Mann anzusprechen, um vielleicht ein weiteres kleines Geschäftchen anzuleiern, als<br />

ihm ausnahmsweise einmal genau einfiel, welcher Art die zurückliegende Transaktion gewesen war.<br />

Ups - hatte er nicht den jungen Herrn da vorne an Jyran Vannalt verraten? War danach nicht die Rede<br />

gewesen von einer Degenstecherei in finsteren Gassen? Öhm, vielleicht sollte er sich dann doch lieber<br />

verdrücken. Corwin zog es vor, für den Rest des Abends „Frei zu nehmen“.<br />

Bercan wurde langsam aber sicher sauer. Jeder wollte Sell heute abend schon gesehen haben, aber<br />

immer war er ihm gerade einige Lokale voraus. Und seit ein paar Spelunken hatte man ihn gar nicht<br />

mehr gesehen - einfach grandios. Brummelnd zog Bercan die Gasse entlang, immer im Schutz einer<br />

Häuserwand, die Hand immer am Griff der Klinge. Hier im Rattenloch seinen Rücken ohne Deckung<br />

zu lassen war so gut wie ein Todesurteil. Man konnte ja auch gleich die Arme ausbreiten, und sich in<br />

die Spalte stürzen.<br />

Und wirklich - wie er dort so einige Minuten stand und wartete, breitete sich vor ihm das reichhaltige<br />

Spektrum des Lebens in der Unterstadt aus. Er sah wie zwei Dirnen einen Betrunkenen leicht und<br />

beinahe spielerisch um seine letzten Sonnen brachten - dabei durfte der Kerl den beiden Weibern<br />

eigentlich dankbar sein, dachte Bercan bitter. Sie retteten ihm wahrscheinlich das Leben, hier gab es

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!