Elek-Mantow: Zyklus 3 - André Wiesler
Elek-Mantow: Zyklus 3 - André Wiesler
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Schattenspiele - Claudia Wamers<br />
Jakla schmunzelte. Wenn Farlina sich so etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann würde sie es wohl<br />
auch tun.<br />
„Also, er hat mich gerade gefragt ob ich eine GROSSMUTTER kennen würde. So wie er es gesagt<br />
hat, meinte er nicht irgendeine Großmutter. Kannst Du Dir da einen Reim darauf machen?“, schloß<br />
Farlina.<br />
Jakla grübelte. Sollte Bercan wirklich sie suchen? Zu welchem Zweck denn nur? Einen Gegenstand<br />
hatte er wohl versteckt, hmm. Wirklich, sie hatte in den letzten Tagen etwas schlechter geschlafen als<br />
sonst. Beinahe hätte sie es auf ihre alten Knochen geschoben, aber man kann seine Kräfte, manchmal<br />
mehr Fluch als Segen, eben nicht gänzlich verleugnen, so sehr man sie auch zu unterdrücken versucht.<br />
Oft schon hatte sie geglaubt, daß ihre Magie nun vollends überwunden und eingeschlafen war, aber<br />
die Kraft ließ sich nicht so einfach in den Schlaf wiegen. Es stimmte allerdings, irgend etwas schien<br />
sich <strong>Elek</strong>-<strong>Mantow</strong> zu nähern, war dabei, sich hier aufzubauen. Die Kräfte konzentrierten sich, hier<br />
würde bald etwas geschehen. Vielleicht hatte diese Sache mit Bercan etwas damit zu tun, vielleicht<br />
auch nicht.<br />
„Nun, wir werden uns einfach Bercan einmal anhören müssen, kannst Du ihn herholen lassen? Bis an<br />
die Spalte dürfte reichen, ich werde mich mit ihm wohl oben am Wagen unterhalten, er braucht ja<br />
auch nicht zu wissen, mit wem er redet. Ich möchte ihn nicht auch noch immer hier unten haben!“,<br />
brummelte die schwarze Jakla.<br />
Natürlich meinte sie es nicht so, aber wenn einer erst einmal den Sprung heraus geschafft hatte aus<br />
den Schatten, dann stand er auf eigenen Beinen - oder fiel.<br />
„Geh’ hinunter zu den Anderen, bitte die Kinder Bercan zu suchen, er ist bestimmt nicht mehr in der<br />
Oberstadt, und lasse ihn zu dem Wagen geleiten. Und sorge dafür, daß er nicht sieht wo es hingeht.<br />
Ich werde dann kommen und mir die Angelegenheit anhören. Los, beeile Dich, wir haben nicht viel<br />
Zeit, geh!“<br />
Jakla schob Farlina zur Türe. Schnell verschwand sie im Dunkel, um die anderen Schatten, die<br />
Straßenkinder der Unterstadt, die in den alten Minengängen unter den Häusern hausten, zu<br />
alarmieren.<br />
���<br />
Bercan verließ den relativ sicheren Boden der Oberstadt mit den gepflasterten Straßen, der<br />
nächtlichen Beleuchtung und den privaten Wachleuten um, in das Rattenloch einzusteigen. Hier<br />
waren all die Dinge an der Tagesordnung, die einem wohlerzogenen jungen Mädchen der Oberstadt<br />
die Schamesröte aufsteigen ließen - falls sie nicht sowieso sofort vor Schreck in Ohnmacht fiel.<br />
Der junge Tibrand arbeitet sich durch die dunkeln Gassen, die nur hier und da spärlich erleuchtet<br />
wurden durch die Lichtbahnen, die aus den geöffneten Wirtshaustüren auf die schlammigen und von<br />
Unrat übersäten Straße fielen. Er nahm sich die einschlägigen Spelunken vor, in denen man schon mal<br />
auf Sell treffen konnte, aber irgendwie war heute nicht sein Tag.<br />
Corwin Dery drückte sich in den Schatten eines Hauseinganges - da war er doch, der Mann, der ein<br />
Geschäft für ihn haben sollte. Er kannte ihn auch, es war jemand gewesen, mit dem er vor gar nicht<br />
langer Zeit einmal ein kleines Geschäftchen gemacht hatte. Gerade wollte er sich in dessen Nähe<br />
begeben um den Mann anzusprechen, um vielleicht ein weiteres kleines Geschäftchen anzuleiern, als<br />
ihm ausnahmsweise einmal genau einfiel, welcher Art die zurückliegende Transaktion gewesen war.<br />
Ups - hatte er nicht den jungen Herrn da vorne an Jyran Vannalt verraten? War danach nicht die Rede<br />
gewesen von einer Degenstecherei in finsteren Gassen? Öhm, vielleicht sollte er sich dann doch lieber<br />
verdrücken. Corwin zog es vor, für den Rest des Abends „Frei zu nehmen“.<br />
Bercan wurde langsam aber sicher sauer. Jeder wollte Sell heute abend schon gesehen haben, aber<br />
immer war er ihm gerade einige Lokale voraus. Und seit ein paar Spelunken hatte man ihn gar nicht<br />
mehr gesehen - einfach grandios. Brummelnd zog Bercan die Gasse entlang, immer im Schutz einer<br />
Häuserwand, die Hand immer am Griff der Klinge. Hier im Rattenloch seinen Rücken ohne Deckung<br />
zu lassen war so gut wie ein Todesurteil. Man konnte ja auch gleich die Arme ausbreiten, und sich in<br />
die Spalte stürzen.<br />
Und wirklich - wie er dort so einige Minuten stand und wartete, breitete sich vor ihm das reichhaltige<br />
Spektrum des Lebens in der Unterstadt aus. Er sah wie zwei Dirnen einen Betrunkenen leicht und<br />
beinahe spielerisch um seine letzten Sonnen brachten - dabei durfte der Kerl den beiden Weibern<br />
eigentlich dankbar sein, dachte Bercan bitter. Sie retteten ihm wahrscheinlich das Leben, hier gab es