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Elek-Mantow: Zyklus 3 - André Wiesler

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Schattenfuchs und Schleiertanz - Christel Scheja<br />

überqueren - aber um das Gleichgewicht und das Gefüge der Welt zu bewahren, wird diese Kraft<br />

einem anderen geraubt.“<br />

Ailanth verkrampfte sich und röchelte. Sie konnte nur würgende Laute von sich geben und krallte die<br />

Hände in den Stoff ihrer Gewänder.<br />

Endlich ließ das Gefühl nach, und sie konnte wieder atmen, die Kraft kehrte mit einem Kribbeln in<br />

ihren Körper zurück. Ailanth sprang auf, fing sich an der Brüstung der Terrasse ab und starrte über<br />

die nebelverhangene Schlucht auf die Oberstadt. Ihr Herz pochte bis zum Hals. Bei Cherindrastas<br />

Schleier, wer war dieses Wissens kundig? Etwa ... Sie preßte die Lippen fest aufeinander und schlug<br />

dann mit der Faust auf die Schmuckziegel des Hauses. „Aziareya!“<br />

„Willst du etwa in dem Dampf da runtersteigen? Bei Hesvites Spiegel - ich werd's nicht tun!“ - „Ha,<br />

der Bursche ist bestimmt hinüber! Den hat die Schlucht verschluckt!“<br />

Die Männerstimmen entfernten sich, nachdem die Halunken doch noch eine Weile diskutiert und mit<br />

einem Stock den Rand der Schlucht abgeklopft hatten.<br />

Aziareya kauerte heftig atmend auf einem Vorsprung ungefähr einen Sprung unter dem Rand der<br />

Schlucht und rührte sich nicht. Von hier aus konnte sie leicht nach oben klettern und im Gewirr der<br />

Gassen des Rattenloches verschwinden. Aber obwohl es gräßlich stank und das Atmen eine Qual war,<br />

wartete sie. Ihre Gegner konnten ihr auflauern, und sie selber fühlte sich benommen. Ihre Wange<br />

schmerzte und ihre Glieder zitterten, aber sie mußte vor Freude kichern.<br />

Ihr tollkühnes Vorhaben war gelungen. Sie hatte ganz fest daran geglaubt, und plötzlich war ihr Fall<br />

gebremst worden. Wie auf Schaum oder Schlamm war sie die wenigen Tritte bis zum Rand der<br />

Schlucht gegangen und hatte auf diesem Absatz Zuflucht gefunden.<br />

Ja! Irgendwie stimmten die Lehren ihrer Mutter also doch! Sie hatte die Kraft gespürt, die ihr<br />

zugeflossen war - und das eröffnete ihr ungeahnte Möglichkeiten, wenn sie es genau überlegte.<br />

Aziareya genoß das Hochgefühl, das sie erfaßte und dachte an das bunt bemalte Haus nur wenige<br />

Pfeilweiten von hier.<br />

Sie würde es an einem anderen Abend noch einmal besuchen. Wenn sie in ihren Fähigkeiten geübter,<br />

und Gras über die Sache mit dem Schmuck gewachsen war. Bis dahin würde sie Reyard eben zur Last<br />

fallen und ein wenig mit den Gauklern herumziehen.<br />

Bei Cherindrastas Schleiertanz, konnte denn jetzt noch etwas schiefgehen?

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