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Elek-Mantow: Zyklus 3 - André Wiesler

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Schattenspiele - Claudia Wamers<br />

Sie sah noch einen Moment den im Schlamm recht gut zu sehenden Hufspuren ihres Braunen nach,<br />

denen einige Wolfsfährten folgten. Dann wandte sie sich dem Mann zu.<br />

„Du reitest nach <strong>Elek</strong>-<strong>Mantow</strong>?“ Es schien mehr eine Feststellung als eine Frage zu sein.<br />

„Ich reite nach <strong>Elek</strong>-<strong>Mantow</strong>, ja.“ gab der Mann zurück. Die Frau trat einige Schritte auf ihn zu, jetzt<br />

zuvorkommend und überaus freundlich lächelnd.<br />

„Sagt, könntet Ihr mich vielleicht mitnehmen?“, bat sie, auf einmal gar nicht mehr so unnahbar.<br />

„Das könnte ich - vielleicht.“ Natürlich war der plötzliche Stimmungswandel nicht unbemerkt<br />

geblieben. Auch die Sache mit dem Dolch im Blusenärmel lockerte sicherlich nicht gerade die<br />

Stimmung.<br />

Das Mädel hatte etwas zu verbergen, das war offensichtlich. Sie hatte es auch, wenn sie nicht einmal<br />

die Zeit aufbrachte ihr geflohenes Pferd zu suchen, daß ja vielleicht noch lebte, ganz gewiß sehr eilig,<br />

nach <strong>Elek</strong>-<strong>Mantow</strong> zu kommen. Die junge Frau lächelte und streckte ihm eine Hand zum Gruße<br />

entgegen.<br />

„Ich heiße Shirinn, Shirinn Tayla, und ich danke für die Hilfe.“ Der Mann ergriff langsam die<br />

dargebotene Rechte, er bemerkte wohl, das die linke Hand der Frau hinter ihrem Rücken blieb, ein<br />

Dolch im Gürtel?<br />

„Mein Name ist Bercan Tibrand, und, soweit ich das bisher sagen kann, gern geschehen.“<br />

Die Frau hielt seine Hand für einen langen Augenblick fest, lächelte und sah sich dann wieder um.<br />

Wie es zuerst schien in der Hoffnung, doch noch ihr Pferd zu erblicken. Ihre grauen Augen<br />

durchbohrten förmlich das Dickicht um sie herum. Bercan Tibrand bemerkte, daß sie aufmerksam die<br />

gesamte Umgebung absuchte - nach Dingen die gewiß kleiner zu sein schienen als ein Pferd.<br />

„Bercan Tibrand ist euer Name, so so, da gab’s in der Oberstadt doch einen Fuhrunternehmer, der so<br />

hieß, Tibrand, meine ich. Hast Du mit dem zu tun? Ich bin länger nicht mehr in der Stadt gewesen.<br />

Geht es denn immer noch so wild zu in der Unterstadt?“<br />

Ihre Unterhaltung sprudelte plötzlich wie ein Wasserfall. Sie hatte ihrem Gegenüber mit Sicherheit<br />

das erwachte Mißtrauen angemerkt und tat ihr möglichstes, ihn durch ihr zwangloses Geplauder auf<br />

ganz andere Gedanken zu bringen.<br />

Dabei schritt sie jedoch recht zielstrebig auf das jetzt ruhig dastehende Pferd Bercans zu, das an<br />

einigen Halmen zupfte. Dies blieb diesem nicht verborgen, er beeilte sich ihr zu folgen. Er<br />

befürchtete, daß sie sich mit seinem Pferd aus dem Staub machen, und ihn hier vergessen könnte.<br />

Vielleicht zu Recht, vielleicht?<br />

„Ja, ich gehöre zu den Tibrandschen Fuhrleuten, das ist schon richtig.“<br />

Nun hatte er das Mädchen überholt und machte sich an den Satteltaschen zu schaffen, dabei sie im<br />

Blickfeld und das Pferd zwischen ihr und sich selbst haltend. Als er sich wieder dem Mädchen<br />

zuwandte hatte er etwas Verbandszeug in den Händen und machte eine fragende Geste. Sie nickte<br />

ergeben, scheinbar riskierte sie aus Eile lieber einen Wundbrand, als daß sie auch nur wenige Minuten<br />

verlor. Die einzelnen Kratzer und auch der Biß des silbermähnigen Wolfes waren, den Göttern sei<br />

Dank, nicht besonders gefährlich ausgefallen und schnell verbunden.<br />

Tibrand verstaute die Sachen wieder in den Taschen und stieg auf sein Pferd. Dann hielt er ihr eine<br />

hilfreiche Hand hin. Sie ergriff die Hand und schwang sich mit ihrem seltsamen Bündel hinter ihm<br />

auf. Erleichterung darüber war in ihrem Gesicht zu lesen, daß sie ja jetzt eine Möglichkeit gefunden<br />

hatte, nach <strong>Elek</strong>-<strong>Mantow</strong> zu gelangen.<br />

Sie ritten einige Zeit durch den noch immer und unermüdlich fallenden Regen. Still ritten sie, dann<br />

brach Bercan das Schweigen.<br />

„Was führt Dich nach <strong>Elek</strong>-<strong>Mantow</strong>, man sollte meinen es sei keine Stadt, in die man gerne<br />

zurückkehrt.“, versuchte Bercan mit Shirinn ins Gespräch zu kommen, und mehr über diese seltsame<br />

Frau zu erfahren.<br />

„Hm, Geschäfte.“, murmelte sie leise.<br />

Bercan kam es vor als sei Shirinn sehr müde. Scheinbar war sie die ganze letzte Nacht, die Bercan in<br />

einem kleinen Gasthaus verbracht hatte, durchgeritten. Er merkte wie sie, und das wahrscheinlich<br />

nicht nur wegen des Wolfsbisses, zu zittern begann. Die wohl durchwachte Nacht, die Kühle des<br />

Regens, der Zwischenfall mit den Wölfen, all dies konnte die Ursache dafür sein. Bercan allerdings<br />

brauchte kein Hellseher zu sein um zu spüren, daß dieses Mädchen, Shirinn Tayla wie sie sich nannte,<br />

noch andere Gründe haben mußte, so zu zittern.

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