Elek-Mantow: Zyklus 3 - André Wiesler
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Ein Eimer Bier und andere Verrücktheiten - Dietmar Cremers<br />
stemmte die Hand in seine Hüfte. „So so, mein Starker. Und der meine ist Elmar Einarm. Und in<br />
erster Linie bin ich Schankwart. Trinken, du verstehst? Zechen, saufen, bechern, kippen, picheln,<br />
klar? Vorher nix Infos.“ Den blickte unschlüssig auf dem Tresen umher. Die umstehenden Besucher<br />
waren bereits durch die laute Stimme Elmars aufmerksam geworden. Sie starrten den Zotteligen mit<br />
unverhohlener Neugierde an, was diesem äußerst unangenehm war. Er schrumpfte etwas in sich<br />
hinein und wollte anscheinend im Erdboden versinken, was jedoch bei seiner Größe von über einem<br />
Sprung eher lächerlich wirkte. Schließlich verlangte er mit leiser Stimme: „Ein Eimer Bier.“ Die<br />
Zuhörer schoben sich noch etwas näher heran. Hier schien ein interessantes Schauspiel vor sich zu<br />
gehen. Mal sehen, wie der Wirt mit diesem haarigen Trottel fertig wurde. Aber Elmar Einarm hatte<br />
sich durch langjährige Erfahrung eine gehörige Portion Geduld antrainiert. Und schließlich wußte er,<br />
daß ein erfolgreicher Wirt auch immer ein Alleinunterhalter seiner Gäste sein muß. Also tätschelte er<br />
mit einer theatralischen, beruhigenden Geste die behaarte Hand Dens und säuselte mit zuckersüßer<br />
Stimme: „Mein lieber, armer Freund. Die Maßeinheit dieses Etablissements sind halbe und ganze<br />
Krüge. Meinst du nicht, daß das für den Anfang genügen sollte?“ Die Umstehenden lachten leise. Den<br />
schaute von ihnen zu der Hand Elmars. Dann drehte er seine Hand um und packte die des Wirtes in<br />
einem festen Griff. Mit immer noch ruhiger, aber stupide beharrlicher Stimme sagte er: „‘Nen Eimer.<br />
Und Informationen.“ - „Oh ho!“, rief der Wirt. „Wir haben hier aber einen entschlossenen<br />
Zeitgenossen! Nun gut, du sollst deine Informationen und deinen Eimer Bier erhalten. Und zwar<br />
umsonst.“ Dann wechselte er den Griff, so daß sich die beiden in der Haltung zweier Armdrücker<br />
gegenüberstanden. „Aber erst, mein Lieber, mußt du mich darin besiegen.“ Und er begann zu drücken.<br />
Den war davon so überrascht, daß seine Hand schon fast auf dem Tresen lag, bevor er überhaupt<br />
begann ernsthaften Widerstand zu leisten. Er sah auf seine und Elmars ineinander verkrampften<br />
Hände, als ob er nicht ganz verstehen würde, was hier eigentlich vor sich ging. In dieser Position<br />
verharrten sie. Elmar mit einem angestrengten, aber siegessicheren Grinsen, Den mit einem<br />
verwunderten Blick. Die Menge um sie herum johlte begeistert. Elmar war für seine alten<br />
Söldnerspäßchen bekannt und hatte bisher nur selten verloren. Eine ganze Menge Wetten wurden<br />
bereits zu seinen Gunsten ausgehandelt, als ein Schimmer der Erkenntnis über Dens Gesicht zog. Er<br />
legte den Kopf in den Nacken ohne die Kontrolle über seinen Arm zu verlieren und lachte dröhnend.<br />
Dann legte er den Arm des Wirtes um. Einfach so, in einer einzigen flüssigen Bewegung. Als ob er<br />
nur einen Hebel umgelegt hätte.<br />
Für einen kurzen Augenblick war es still um sie herum. Dann brach ein wahrer Orkan an Gelächter<br />
los. „Du hast verloren, Elmar!“ - „Mann, der hat`s dir aber gezeigt, Elmar!“ - „Ein Eimer Bier, `mal<br />
sehen, ob er genauso gut saufen kann!“ Das Gelächter verstummte jedoch schnell, als sich der Mann,<br />
der die Wetten gegen Den angenommen hatte, gerade klammheimlich aus dem Staub machen wollte.<br />
Es entstand ein größerer Tumult und während die meisten Anwesenden auf die Straße eilten um eine<br />
wilde Verfolgungsjagd aufzunehmen, zog Elmar seinen Bezwinger in eine ruhige Ecke neben der<br />
Theke. „Nun,“, er kratzte sich mit einem gutmütigen Lächeln am Kopf „du hast mich besiegt, Den<br />
Aludingsda. Und ich halte mein Versprechen.“ Er nickte einem jungen Schankburschen zu, der kurz<br />
darauf ein Holzfaß anrollte und es mit sichtlicher Mühe auf den Tresen hob. Elmar schenkte zwei<br />
Krüge voll ein und schob einen vor Den. Dann erhob er seinen und sagte: „Möge deine Kraft nie<br />
versiegen, mein Freund.“ Den grinste, packte statt dem Krug das Faß, erhob es und stieß damit an.<br />
„Möge dein Bier nie versiegen ... mein Freund.“ Lächelnd trank er in großen Zügen, daß ihm das Bier<br />
durch die Haare in seinem Gesicht floß. Schließlich setzte er das Faß ab, wischte sich durch den Bart<br />
und machte ein ernstes Gesicht. „Ich brauche jemanden, der sich in dieser Stadt auskennt. Der mir<br />
hilft etwas zu finden. Ich suche einen Gegenstand.“ Elmar legte zwei Finger an das Kinn. „Ich nehme<br />
nicht an, daß du mir sagen willst, worum es sich handelt. Aber da du nicht einfach zum nächsten<br />
Händler gegangen bist, wird es sich wohl um etwas einmaliges handeln. Womöglich in fremdem<br />
Besitz also?“ Den brummte nur und nahm einen weiteren, tiefen Schluck. „Nun, ich könnte dir einen<br />
geschickten Dieb empfehlen oder gar einen Meuchler. Aber du weißt ja nicht, wo du suchen sollst,<br />
hm?“ Ein weiteres Brummen, ein weiterer Schluck. „Also brauchst du erst einmal jemanden, der<br />
wiederum viele Leute kennt. Und bessere Beziehungen hat als ich. Zur Ober- und zur Unterstadt. Tja,<br />
du suchst eindeutig nach Corwin Dery.“ - „Corwin Dery?“ - „Ja, er weiß mehr über den<br />
Aufenthaltsort von, hm, Gegenständen als jeder hier. Aber ich warne dich. Wenn es sich um sehr<br />
wertvolle Sachen handelt, Schmuckstücke oder so, oder gar um magische Artefakte, dann ist es<br />
höchstwahrscheinlich, daß er dich übers Ohr haut.“ - „Nichts wertvolles. Nichts magisches. Ich suche<br />
einen einfachen ... Totenschädel.“