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Elek-Mantow: Zyklus 3 - André Wiesler

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Der Ruf des Falken - Claudia Wamers * Jürgen Nilkens * Oliver Nothers * Robert Symons<br />

Liebesnacht etwas kostbares, ja heiliges, woran ich immer mit größter Glücklichkeit zurückdenken<br />

werde.<br />

Ich blieb also bei den Molekkai - und nicht nur drei Monate. Torrik und ich kamen uns auch im<br />

Alltagsleben immer näher, und nach einem halben Jahr bat er mich, seine Gefährtin zu werden. Torg<br />

bat mich heimlich ebenfalls darum - so froh war sein Vater selten gewesen. Da meine Liebe zu Torrik<br />

inzwischen sogar stärker geworden war - und ich glaube, das beruhte (und beruht heute noch) auf<br />

Gegenseitigkeit - willigte ich ein. Auch Rash’yira war froh und rief den Segen der Götter auf uns<br />

herab, während sie mit dem Crys, dem klassischen Dolch der Kai, Torriks und meine Pulsadern<br />

anschnitt und uns zu ‘Gefährten im Blut’ machte. Denn so sanft und zartfühlend die Kai euch auch<br />

erscheinen mögen - sie sind Krieger bzw. Kriegerinnen, die ihren Gegnern absolut gnadenlos<br />

gegenüber sind, vor allem, wenn sie diese für unwürdig halten. Blut spielt in ihren Mythen fast immer<br />

eine zentrale Rolle; doch das kann ich euch ein ander’ Mal erzählen.<br />

Auf jeden Fall: Seitdem bin ich Ehefrau und Mutter - zumindest Stiefmutter. Ich bin froh, das Torg<br />

hier war, das beruhigt mich, denn er ist wirklich wie ein Sohn für mich. Und wer weiß, wenn ich erst<br />

einmal wieder zu Hause bin - seid bitte nicht traurig, aber ich bin mittlerweile bei den Molekkai zu<br />

Hause - , vielleicht werden Torrik und ich noch ein Kind haben. So weit ich weiß, können Kai und<br />

Menschen Kinder haben, die sogar selbst Kinder zeugen können. Die Kai haben dabei jedoch die<br />

Fähigkeit, eine Zeugung zu verhindern: Eine Zeugung findet nur statt, wenn beide es wollen. In<br />

unserem Fall müßte Torrik es also wollen. Schau’n wir mal. Auf der Hochzeit erhielt ich auch meinen<br />

Kai-Namen, den ich mir mittlerweile durch diverse Kämpfe gegen Hallakine und auf der Jagd<br />

verdient hatte: Valkris, zusammengesetzt aus den Worten ‘Val’ - Frau und ‘Crys’ - Klinge, Klaue.<br />

Sinngemäß eine weibliche Kriegerin, und eine ruhmreiche dazu. Das Messer an meiner Seite ist ein<br />

solches Crys. Der Stamm hat es mir zur Hochzeit geschenkt. Seht ihr: Seine Klinge endet in einer<br />

Raute, und hier vor dem Heft sind zwei Sporne, die durch einen Knopfdruck ausklappen. Und obwohl<br />

die Klinge nicht mehr als 16 cm lang ist, ist das Crys eine furchtbare Waffe, in der Hand des<br />

Kundigen tödlich wie ein Zweihänder.<br />

Tja, nach der Hochzeit war ich noch zweieinviertel Jahre bei den Molekkai, bis mich dieser<br />

widernatürliche Drang überfiel, hierhin zurückzukehren. Ich hoffe,“ mit einem leicht böse gefärbten<br />

Blick zu Jakla, „es gibt einen wirklich verdammt guten Grund für mein hiersein. Denn dort oben war<br />

ich glücklich!“<br />

Nicht einmal die Andeutung eines Lächelns und auch nicht die Andeutung einer Erklärung erhielt<br />

man daraufhin von Jakla. Sie überhörte diese Andeutung geflissentlich - alles zu seiner Zeit, und gab<br />

keine Auskunft.<br />

Statt dessen schaltete sich jetzt Caerlissa ein, um ihre Geschichte zu erzählen... Sie erzählte ihren<br />

Schwestern, wie es dazu kam, daß sie nun die Tracht einer Priesterin trug.<br />

„Es war im Winter vor fünf Jahren, es war ein kühler Morgen und ich öffnete die Augen, sah mich<br />

irritiert um - ich wußte zuerst nicht, wo ich war... Helle Stoffbahnen eines Zeltes waren um mich<br />

herum, ein Feldlager! Von draußen vernahm ich geschäftiges Laufen, das Klirren von Waffen und das<br />

Schnauben von Pferden.<br />

Langsam versuchte ich mich aufzurichten und umzusehen. Erst den einen Arm aufstützen, so... dann<br />

den anderen...ahh. Urplötzlich verspürte ich Schmerzen tief in meinem Rücken, ich vermochte mich<br />

kaum zu rühren, auch die rechte Schulter schmerzte jetzt unangenehm, aber das war gerade noch<br />

auszuhalten. Ich blickte mich also um, ich war im Lazarettzelt. Aber - wie kam ich hierher?<br />

Ich ließ mich auf das harte Feldbett zurücksinken, ja, wie war ich überhaupt hierher gekommen? Ich<br />

lag da, ruhte mich aus und versuchte mich an die Zeit vor vielen Monaten zu erinnern, wo die<br />

Ereignisse, die mich hierher gebracht hatten, eigentlich wirklich ihren Anfang gefunden hatten.<br />

Ich dachte an euch alle, war ich doch zu diesem Zeitpunkt nun schon eine geraume Zeit fort von <strong>Elek</strong>-<br />

<strong>Mantow</strong>, etwas über ein Jahr. Vielleicht sechs Monaten zuvor war ich noch auf ungezielter<br />

Wanderschaft gewesen. Auf der Wanderschaft, ein barfüßiges Mädchen, eine Waise, die ihre Eltern

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