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Elek-Mantow: Zyklus 3 - André Wiesler

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Schattenspiele - Claudia Wamers<br />

von seinem Pferd fort und setzte sich auf einen Felsen in die langsam mutiger werdende Sonne. Er<br />

deutete auf einen weiteren Felsen vor sich. Shirinn machte einen Schritt auf ihn zu, blickte dann unter<br />

gesenkten Lidern zu dem Pferd hinüber.<br />

„Denke nicht einmal im Traum daran, Du kämest keine fünf Schritt weit, dann hätte er Dich<br />

abgeworfen.“, meinte Bercan ruhig. Das entsprach zwar nicht den Tatsachen, aber er schien wohl gut<br />

genug geblufft zu haben, denn mit einem Aufseufzen ließ sie sich auf dem ihm gegenüberliegenden<br />

Felsen nieder und blickte zwischen ihre Stiefelspitzen auf den Boden.<br />

„Ich kann beim besten Willen nicht verraten, worum es geht.“, sagte sie leise.<br />

„Dann... wirst Du wohl laufen müssen.“, entgegnete Bercan trocken.<br />

Funkelnde Augen blitzten ihn an.<br />

„Verdammt noch mal, dann lauf' ich eben! Bis hier bin ich ja auch schon gekommen. Und ich werde<br />

schon noch weiterkommen!“<br />

„Ja, aber eher noch umkommen, habe ich die Befürchtung. Komm, vielleicht besinnst Du Dich ja<br />

unterwegs noch. Laß uns weiterreiten. Nur - eine Sache gebe ich Dir zu bedenken. Wenn hier<br />

irgendwer etwas von Dir will und darum auch mich angreifen sollte - wenn ich nicht Bescheid weiß<br />

fliegst Du schneller vom Gaul 'runter, als Dir lieb sein wird, ist das klar?“<br />

Er wartete keine Antwort ab sondern drehte sich zu seinem Pferd und stieg auf. So ritten Sie denn<br />

weiter in Richtung <strong>Elek</strong>-<strong>Mantow</strong>.<br />

Einige Meilen weiter war es dann Shirinn, die die Stille unterbrach. Die Sonne neigte sich bereits dem<br />

Horizont entgegen und die Schatten wurden länger. Mit den wachsenden Schatten schien auch<br />

Shirinn's Angst größer zu werden, denn häufiger als zuvor sah sie sich wieder um.<br />

„Du, Du hast Recht. Jemand läßt mich verfolgen. Aber ich habe nichts unrechtes getan - wirklich<br />

nicht.“, beteuerte sie.<br />

Bercan mußte schmunzeln und war froh, daß Shirinn es nicht sehen konnte. Nichts unrechtes getan,<br />

das war ja der Lieblingsspruch seiner Freundin Farlina - die hatte nie etwas unrechtes getan, so wie<br />

sie es sah jedenfalls, und Farlina hatte es faustdick hinter den Ohren.<br />

Bercan schwieg nur zu dieser Aussage. Sie hatte aus sich heraus mit der Erzählung angefangen, sie<br />

sollte auch von sich aus weitermachen damit.<br />

„Mein Dorf, dort wo ich jetzt lebe, ist in Schwierigkeiten. Es verschwinden mehr und mehr unserer<br />

Leute. Sie gehen auf die Felder und verschwinden, gehen in den Wald zum Holzfällen und<br />

verschwinden. Kein Unfall, keine Wegelagerer oder Tiere sind Schuld daran! Wir wissen daß ein<br />

Gelehrter in einer alten Ruine bei dem Dorf lebt, der raubt die Männer und benutzt sie für<br />

schreckliche Versuche.“<br />

„Und was hat das mit Deinem eiligen Ritt nach <strong>Elek</strong>-<strong>Mantow</strong> zu tun? Abgesehen davon, daß ich das<br />

alles glauben soll - Versuche und Menschenraub und so?“<br />

„Dann laß es bleiben und frag' mich nicht mehr!“<br />

Sofort war wieder Ruhe. Allerdings nur was die Unterhaltung anbelangte, denn Shirinn wurde immer<br />

nervöser, je dunkler es wurde.<br />

„Du solltest jetzt wirklich ein wenig schneller reiten, die Dunkelheit ist die Welt der Kreaturen, die er<br />

sich geschaffen hat. Sie lieben die Jagd und das Spiel mit der Beute, das Spiel in den Schatten. Beeile<br />

Dich, reite die Nacht durch oder verschanze Dich an einem wirklich sicheren Ort, sonst sind wir<br />

morgen nicht mehr unter den Lebenden.“, sprach Shirinn.<br />

Nur der Ton ihrer Worte ließ Bercan wirklich glauben, daß sie die Wahrheit gesagt hatte. Alles<br />

Flehen war aus ihrer Stimme verschwunden und hatte Angst, echter Angst, Platz gemacht. Er gab<br />

seinem Pferd die Sporen.<br />

Langsam erschien es ihm, als würden die ihn umgebenen Schatten lebendig werden. Ließ er sich jetzt<br />

von ihrer Angst anstecken? Er richtete seine Aufmerksamkeit mehr auf die Büsche seitlich des Weges<br />

- und wirklich, huschte da nicht ein Schatten entlang des Weges? Folgte da nicht irgend etwas seinem<br />

Pferd?<br />

Bercan ließ das Tier noch schneller laufen. Jetzt war er sicher, hinter ihm liefen mehrere, nun, wie<br />

sollte man es nennen? Wesen liefen hinter ihm, schnell, sehr schnell, nicht auf dem Boden wie<br />

Vierbeiner, nein zweibeinig und doch niedrig gebückt huschten sie durch die Schatten. Mindestens<br />

fünf konnte er ausmachen - zu viele.<br />

„Da, sie sind da Bercan, ich sehe sie!“ Shirinn bestätigte seine Befürchtungen.<br />

„Ja, ja, ich seh's, ich glaub's, ja, nur fort von hier!“

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