Elek-Mantow: Zyklus 3 - André Wiesler
Elek-Mantow: Zyklus 3 - André Wiesler
Elek-Mantow: Zyklus 3 - André Wiesler
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Totentanz - <strong>André</strong> <strong>Wiesler</strong><br />
älter als Aramar, allerdings von ungefähr seiner Größe. Ihr braunes Haar hatte sie heute nach oben<br />
gebunden, was ihr ausgesprochen gut stand. Allein bei diesem Gedanken merkte er, wie seine<br />
Gesichtshaut eine satte Röte zu erreichen drohte, also beeilte er sich: „Schön warm hier!“ zu sagen.<br />
Romina lachte: „Auch euch einen schönen guten Morgen! Was kann ich für euch tun?“<br />
Aramar errötete noch ein wenig mehr und brachte dann ein: „Wollte mich nur mal umschauen“<br />
heraus, während er sich abwandte.<br />
Sein Blick streifte über die Regale und Vitrinen. Wie Romina es nur immer wieder schaffte ihrem<br />
Laden innerhalb weniger Tage ein vollständig anderes Aussehen zu geben. Noch bei seinem letzten<br />
Besuch hatten dort in dem Regal Dutzende häßlicher Vasen gestanden. Die konnte sie unmöglich alle<br />
verkauft haben. Plötzlich streifte sein Auge etwas Ungewöhnliches. Er bemerkte es erst, als er den<br />
Kopf schon weiter gedreht hatte. Er schaute noch einmal hin -Nichts! Doch als er den Kopf abwandte,<br />
erschien es wieder. Ein gelbliches Leuchten, nicht so hell wie ein Feuer oder eine Lampe, eher so wie<br />
reflektiertes Sonnenlicht in einem klaren Bergsee. Er schaute hin und der Glanz verschwand. Was<br />
immer es war, es konnte nur aus dem Augenwinkel entdeckt werden. Also schaute er zur Seite und<br />
ging langsam auf die Quelle des Lichtes zu. So konnte er erkennen, daß die Lichtstrahlen von einem<br />
Holzkasten, vielleicht eine Hand mal eine Pfeillänge mal drei Ring groß ausging. Oben auf diesem<br />
Kasten standen einige Figuren, ein paar reich verziert, einige andere ganz schmucklos. Der Kasten<br />
wurde von sechs Bändern aus Metall umfangen, die auf irgendeine Art und Weise magisch zu sein<br />
schienen. Mit feuchten Händen hob Aramar den Kasten auf und schaute ihn sich genau an. Es waren<br />
keine magischen Zeichen oder Runen zu sehen, nichts woran man eine magische Formel festmachen<br />
könnte. Trotzdem war an diesem Kasten etwas Besonderes.<br />
„Na, habt ihr etwas nach eurem Geschmack gefunden?“, Romina tauchte irgendwo aus ihrem Gewühl<br />
auf und stand neben ihm.<br />
„Vielleicht“, schwindelte Aramar. Wenn er etwas in <strong>Elek</strong>-<strong>Mantow</strong> gelernt hatte, dann war es das<br />
feilschen.<br />
Einige Momente später verließ Aramar den Laden, den Kasten eng an seine Brust gepreßt. Er hastete<br />
nach Hause und stellte den Kasten auf den Tisch. Seinen Verfolger hatte er nicht bemerkt.<br />
Lange Augenblicke saß er einfach vor dem Kasten und probierte herum. Tatsächlich, wann immer er<br />
den Kasten nur aus den Augenwinkeln sah, schien er zu leuchten, blickte er ihn jedoch direkt an, war<br />
nichts Außergewöhnliches zu sehen...<br />
Und wofür wohl diese Bänder waren? Sie waren etwa eine Pfeilbreite breit und ziemlich dick. Auch<br />
schien es ihm, als wären die Figuren eigentlich beweglich. Auf der Vorderseite ließ sich unter einem<br />
dieser Bänder etwas ertasten. Es schien eine Art kleiner Kugel zu sein. Zögerlich zog er an dem Band.<br />
Es war stabil, ließ sich kein Stück bewegen. Vielleicht waren ja an der Innenseite Runen eingeritzt,<br />
anders war es kaum zu erklären. Aramar holte also das kleine Messer, mit dem er sein Brot zu<br />
schneiden pflegte und fing an das Band zu zerschneiden. Es dauerte ziemlich lange und als er es<br />
endlich durch hatte und es mit einem leisen Schnacken auseinandersprang, waren seine Hände richtig<br />
klamm. Die Kugel stellte sich als Perle heraus. Aber diese Kälte... der Ofen mußte erneut<br />
ausgegangen sein. So ein Mist! Er huschte nur schnell zum Herd und schürte das Feuer, setzte ein<br />
bischen Wasser für einen Tee auf und wollte sich dann wieder dem Kasten zuwenden. Doch dort, wo<br />
er noch einen Augenblick zuvor gestanden hatte, lag nun nur noch das metallene Band auf dem Tisch.<br />
Durch die nun offene Tür fegte der Wind verirrte Schneeflocken herein. Er war sich doch sicher<br />
gewesen, die Tür geschlossen zu haben. Verzweifelt rannte er in den Schnee hinaus auf die Straße und<br />
schaute hin und her. Natürlich war niemand mehr zu sehen. Er mußte vergessen haben die Tür zu<br />
verschließen und nun war irgendein Taugenichts mit seinem Hab und Gut auf und davon. Wer brachte<br />
so etwas nur fertig?<br />
Aramar ging zurück in sein Haus, verschloß die Tür hinter sich und setzte sich traurig an den Tisch.<br />
Gedankenverloren spielten seine Hände mit dem metallenen Band. Na toll, nicht mal Runen auf<br />
diesem dummen Band! Was hatten die Götter nur gegen ihn?