Elek-Mantow: Zyklus 3 - André Wiesler
Elek-Mantow: Zyklus 3 - André Wiesler
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Schattenspiele - Claudia Wamers<br />
Schattenspiele<br />
Claudia Wamers<br />
Die Sonne ging auf über <strong>Elek</strong>-<strong>Mantow</strong>, der geteilten Stadt. Allerdings sah man als erdgebundener<br />
Bewohner dieser Stadt heute nicht sehr viel davon, verdeckten doch dichte graue Wolken den<br />
Himmel, aus denen es kräftig hinabregnete.<br />
In der Oberstadt begann trotz des andauernden Unwetters reges Treiben. Die wenigen Menschen, die<br />
es im Leben etwas besser getroffen hatten, erwachten gerade zu ihrem mehr oder eher weniger<br />
arbeitsreichen Tagwerk. Dahingegen war es in der Unterstadt, im sogenannten „Rattenloch“, gerade<br />
an der Zeit, daß die meisten der Aktivitäten eingestellt wurden. Hier lebten zwar auch einige ehrliche<br />
Leute, die nur viel Pech im Leben gehabt hatten, aber ehrlich - Im Licht des Tages, sei er auch noch<br />
so wolkenverhangen, ließ es sich recht schlecht Rauben und Meucheln, nicht daß das so unbedingt ein<br />
Hinderungsgrund wäre... So war nun einmal der allgemeine Gang der Dinge in dieser Stadt...<br />
... doch wenden wir uns einmal ab vom Gang der Dinge in dieser Stadt und widmen wir uns dem<br />
Gang eines Pferdes, das, wenn es denn seinen Kurs weiterverfolgte, am nächsten Morgen <strong>Elek</strong>-<br />
<strong>Mantow</strong> erreichen dürfte.<br />
Das Pferd ließ, ebenso wie sein tropfnasser Reiter, traurig den Kopf hängen. Die beiden paßten sich,<br />
so schien es, dem Regenwetter an. Der Reiter war zwar in einen schützenden Regenumhang gehüllt,<br />
doch trotzdem bis auf die Haut durchnäßt. Man hörte ihn ab und an verärgert vor sich hin murmeln.<br />
Er wischte sich mürrisch eine Strähne seines dunkelblonden Haares aus der Stirn und fluchte<br />
lautstark.<br />
„So ein Sauwetter, da schickt man doch keinen Hund vor die Türe. Und all das nur weil... „<br />
Abrupt griff der Mann in die Zügel und brachte sein Pferd zum Stehen. Hatte er da nicht einen Laut<br />
aus dem Unterholz vernommen? Er wartete einen Augenblick und spitzte die Ohren, um durch das<br />
Rauschen und Plätschern des Regens etwas zu hören. Nein, anscheinend doch nicht, es war wohl<br />
wirklich nur das Rauschen des Regens und das Prasseln der Wassertropfen auf dem ersten Grün des<br />
Jahres, das ihm die Laute vorgegaukelt hatte.<br />
Gerade als er sich mit einem Seufzer anschickte weiterzureiten, hörte er wiederum Geräusche. Da,<br />
rechts, das Knurren von Raubtieren war zu hören - das waren eindeutig Wölfe. Und sie stritten sich<br />
anscheinend um etwas. Nervös begann das Pferd zu tänzeln, es hatte wohl auch die Witterung in die<br />
Nüstern bekommen und wollte fort - ein schlaues Tier.<br />
Es war besser für jeden Reisenden, sich balgende Wölfe einfach zu ignorieren - so dachte jedenfalls<br />
der Reiter und gab seinem Pferd die Sporen.<br />
Da mischte sich unter das Knurren der Wölfe das angstvolle Wiehern eines Pferdes und der wütende<br />
Klang einer Frauenstimme.<br />
Der Reiter zügelte sein Pferd erneut, es tänzelte im Schlamm des Pfades auf der Stelle... eine Frau hier<br />
draußen, die sich mit Wölfen herumschlägt...<br />
„Ist eben Pech für das Mädel....“, murmelte der Reiter im tropfenden Regenumhang leise vor sich hin,<br />
und lenkte sein Pferd einige Schritte weiter auf dem Pfad Richtung Stadt. Dann allerdings riß der<br />
Mann doch noch das Tier herum in Richtung der Geräusche, und mit einem lauten Fluch und einem<br />
herzhaften „Verdammt noch mal!“ durchbrachen Roß und Reiter die Büsche.<br />
Nach einigen Metern durch dichtes Vorjahresgestrüpp welches der Hengst schnell durchbrach, bot<br />
sich dem Mann der Blick auf eine kleine, von Eichen umgebene Lichtung.<br />
Auf dieser Lichtung stand eine Frau, breitbeinig und abwartend vorgebeugt, den Rücken einem<br />
großen Baum zugewandt. Sie versuchte sich mit einem Säbel in der einen und einem langen Knüppel<br />
in der anderen Hand einer Meute Wölfe zu erwehren. Gerade hatte sie einem der Tiere den Knüppel<br />
kräftig auf die Schnauze gesetzt, so daß dieser sich jaulend zurückzog. Allerdings hatte sie dadurch<br />
ihre Deckung zu weit offengelassen - ein silbermähniger Wolf hing im Nu an ihrem Unterarm und<br />
bohrte seine Fänge hinein. Die Frau ließ den mit dieser Hand geführten Säbel mit einem hellen<br />
Aufschrei fallen.<br />
Da war auch schon der Reiter heran, die Hufe des Pferdes trampelten eines der Tiere mit der<br />
Schnauze voran in den Schlamm, und drosch einem der anderen Wölfe den Säbel ins Kreuz. Das<br />
getroffene Tier jaulte auf, stolperte und stürzte. Helles Blut rann durch das Fell und vermischte sich<br />
dort mit den Regentropfen. Der Mann sprang aus dem Sattel und machte sich bereit, auch den<br />
verbliebenen Wölfen kräftig eins auszuteilen. Diese Chance nutzte auch die Frau, denn noch hatte sie<br />
diesen Knüppel in der Hand! Sie setzte ihn mit schmerzverzerrtem Gesicht dem silbermähnigen Wolf