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Elek-Mantow: Zyklus 3 - André Wiesler

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Ein Eimer Bier und andere Verrücktheiten - Dietmar Cremers<br />

„Sieg!“, schreit Srrszzir und reckt mit beiden Armen den Hammer hoch. „Sieg!“, lacht Den und<br />

„Sieg!“ piepst auch Aljuscha. Doch Nurin bleibt stumm. Er preßt seine Hand an die Brust. Blut quillt<br />

hervor, dort wo ihn die zweite herumfliegende Pfeilspitze getroffen hat. In den Armen Den’s sinkt er<br />

zu Boden.<br />

Der Barde röchelt. Ein dünner roter Faden läuft aus seinem Mundwinkel. Mit schimmernden Augen<br />

blickt er hinauf zu dem Mann, der ihn hält. „Weine nicht, mein Freund. Ich weiß nicht, ob du Recht<br />

hattest. Ob die Welt wirklich so gut ist, wie du sagst. Aber ich weiß, daß ich durch dich wieder etwas<br />

gefunden habe. Freundschaft.“ Mit einem Blubbern ergießt sich ein Blutstrahl aus seinem Mund. „Ich<br />

werde hierbleiben. Ich bin sowieso schon tot. Du aber, du hast noch den Willen zur Freiheit. Du mußt<br />

hier weg.“ Er hustet und spuckt. Und dann, mit einer letzten, verzweifelten Anstrengung packt er den<br />

Pelzmantel Den’s an den Schultern und zieht sich daran hoch. Seine Beine sind wacklig, doch Den<br />

und Srrszzir stützen ihn. Nurin seufzt und blickt, fast lächelnd, auf Aljuscha. Dann erhebt der Barde<br />

seinen Kopf und singt. Keine Worte, nur ein einziger, glasklarer Ton. Als tiefer Basston fängt er an,<br />

doch schwingt er sich höher und höher hinauf. Schließlich muß sich die Zauberin die Ohren zuhalten,<br />

so schrill wird der Abgesang des Barden. Und mit einem letzten, stahlharten Kreischen zerbirst das<br />

grüne Glas, das Symbol ihrer Gefangenschaft. Nurin fällt zu Boden...<br />

Auf jede dunkle Nacht folgt ein neuer Morgen. Auf jeden Sturm eine Zeit der Ruhe. Die drei stehen in<br />

der frühen Sonne auf einer Bergspitze außerhalb der Stadt. Über dem einfachen Steingrab erhebt sich<br />

ein orangefarbener Himmel. Darunter liegt das stinkende <strong>Elek</strong>-<strong>Mantow</strong>, das unerbittliche <strong>Elek</strong>-<br />

<strong>Mantow</strong>, dessen Bewohner täglich neu den Kampf gegen das erbarmungslose Leben aufnehmen.<br />

„Wasss werdet Ihr jetzzzt tun, Knochenmann?“, fragt Srrszzir. Den schweigt lange. Dann blickt er<br />

hinüber auf die schwarzen Morgennebel, die sich aus der Spalte der geteilten Stadt erheben. „Hab’<br />

noch ‘was zu erledigen.“, sagt er leise. „Ich werd’ wohl zurückgehen. Und du, Aljuscha?“ Die<br />

wiedererstarkte Zauberin nimmt ihren verbeulten Hut ab: „Oh, ehrlich gesagt, ich habe da noch eine<br />

kleine Rechnung offen. Vielleicht sieht man sich ja da unten noch mal wieder.“ Sie blinzelt und macht<br />

vor dem Echs und dem Nuu-Giik einen formvollendeten höfischen Knicks. „Auf bald, meine Herren.<br />

Und paßt auf, wenn Ihr noch einmal in die Unterstadt kommt. Die Wirkung meines Wortes wird nicht<br />

lange anhalten. Möglicherweise könnte Euch der eine oder andere Wächter noch mal begegnen.“<br />

Dann hüpft sie mit einem kleinen Lachen zur Stadt hinunter.<br />

„Möcht’ wissen, was sie da eigentlich gesagt hat.“, brummt Den. „Nun, für einen der Schschschurken<br />

wird die Wirkung zumindessst lange anhalten.“, sagt Srrszzir und grinst breit. „Da gab esss einen der<br />

Gutangezzzogenen, der meinen Schschschädel öffnen wollte. Er wollte wissssen, welche Drüssse im<br />

Hirn für meine Schschschuppen verantwortlich issst.“ Dann lacht er laut, drückt Den die Hand und<br />

stapft breitbeinig den Berg herab. Nach ein paar Schritten wirft er etwas über seine Schulter. Den<br />

fängt es auf. Es ist ein kleines Schweinsöhrchen.

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