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Jahrgang 1 / 2011 - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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samtheit sind, die diese Prozesse maßgeblich vorantreiben, sondern hauptberufliche<br />

Akteure innerhalb dieser Organisationen, die durch das Amt bzw.<br />

die Funktion, die sie innehaben, auf der einen Seite Macht und Einfluss besitzen,<br />

auf der anderen Seite aber nur sehr eingeschränkten (demokratischen)<br />

Kontrollen unterliegen.<br />

In diesem Beitrag möchte ich – stark verkürzt – die Debatte der letzten<br />

Jahre in Leipzig, nur auf die kommunalen Stadtwerke bezogen, wiedergeben.<br />

Zur Situation des Haushaltes der Stadt ist vorab festzuhalten, dass der mit<br />

Abstand größte Teil des Stadthaushaltes für feststehende Pflichtaufgaben<br />

Verwendung findet. Die Ratsmitglieder haben die Möglichkeit, über ca. zehn<br />

Prozent des Haushalts mitzuentscheiden, das heißt, die finanziellen Gestaltungsspielräume<br />

der Kommunalpolitik sind begrenzt.<br />

Anfang der 1990er Jahre bietet der Energieriese Rheinisch-Westfälische<br />

Energiewerke (RWE) dem damaligen Oberbürgermeister (OBM) Hinrich<br />

Lehmann-Grube (SPD) an, die Stadt bei der Gründung der Leipziger Stadtwerke<br />

(SWL) zu unterstützen und die Stromversorgung zu übernehmen,<br />

wenn RWE 40 Prozent der Anteile an den Stadtwerken kaufen könne. Der<br />

damalige Geschäftsführer der Stadtwerke empfiehlt zunächst eine Pachtlösung,<br />

um über den Kaufpreis auf Augenhöhe verhandeln zu können. Über<br />

diesen kommt schließlich aber keine Einigung zustande. Es folgt einer der<br />

spektakulärsten Gerichtsprozesse einer deutschen Großstadt, mit einem<br />

Streitwert von 500 Millionen DM, der zwei Jahre dauert. Am Ende bekommt<br />

die Stadt das Eigentum an der Stromversorgung mit allen Anlagen und Leitungsnetzen<br />

zurück.<br />

Einige Jahre später, 1998, werden die kommunalen Stadtwerke teilprivatisiert.<br />

In der damaligen Debatte sind die beiden eingangs genannten zentralen<br />

Argumentationsstränge von Bedeutung. So wird von Seiten der Befürworter_innen<br />

des Verkaufs aufgrund der maroden finanziellen Haushaltslage<br />

argumentiert, die Stadt wolle durch die Privatisierung Schulden abbauen.<br />

Außerdem wird der Vorteil eines privaten »strategischen Partners« im liberalisierten<br />

Energiesektor betont, da kommunale Stadtwerke allein auf dem<br />

großen liberalisierten Energiemarkt nicht überstehen könnten. Bei dem Beschluss<br />

handelt es sich um einen zweistufigen Veräußerungsprozess, bei<br />

dem zunächst 40 Prozent verkauft werden sollen und eine Option besteht, in<br />

den darauffolgenden Jahren von Seiten des Käufers weitere Anteile, insgesamt<br />

bis zu 75 Prozent, zu erwerben. Konkret werden dann 40 Prozent der<br />

Anteile an die Mitteldeutsche Energieversorgungs-AG (MEAG) veräußert,<br />

der damalige Regionalversorger im Raum Halle, obwohl er in der Endrunde<br />

des Auswahlverfahrens die Kriterien am schlechtesten erfüllt. Vor allem hat<br />

die MEAG keinerlei Erfahrungen im Wettbewerb, obwohl dies nach den Kriterien<br />

des Auswahlverfahrens eines der zentralen Argumente für den Ver-<br />

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