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Jahrgang 1 / 2011 - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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ent_innen. Artikulationen des Radiomediums und einzelner Akteur_innen<br />

werden dokumentiert und in ihrer Differenz beschrieben. Das Qualitätskriterium<br />

entstört (homologisado) lässt sich beispielsweise zunächst als Bezeichnung<br />

nachverfolgen, welche eigentlich lediglich aussagt, dass eine spezifische<br />

Sendeanlage keine Interferenzen außerhalb einer bestimmten Frequenz<br />

erzeugt. Die brasilianische Regulierungsbehörde ANATEL verwendet den<br />

Begriff jedoch pauschal, um genehmigte Sendeanlagen von nicht genehmigten<br />

zu unterscheiden, denen sie eine »amateur_innenhafte« inferiore technologische<br />

Qualität unterstellt. Nicht genehmigte Antennen wie NO-AR und<br />

zugehörige Sender werden jedoch teilweise ebenfalls in Serie hergestellt und<br />

darauf geprüft, keine Interferenzen zu erzeugen. Diese Sendeanlagen werden<br />

seitens bestimmter Akteur_innen (z. B. Radioamateur_innenhandbuch,<br />

Elektrotechniker_innen) ebenso als »entstört« beschrieben. Eine Untersuchung<br />

sollte demnach nicht a priori das Unterscheidungsmerkmal »entstört«<br />

einführen, um damit ausschließlich ein als qualitativ hochwertiger geltendes<br />

Serienprodukt zu charakterisieren, da sonst die implizite Wertung der Regulierungsbehörde<br />

übernommen wird, welche diese Razzien in nicht-genehmigten<br />

Radios und die Beschlagnahmung der Sendetechnik rechtfertigt.<br />

Vielmehr wird eine differenziertere Beschreibung dieser Kontroverse unter<br />

Verfolgung aller beteiligten menschlichen und nicht-menschlichen Akteur_innen<br />

angestrebt, da vieles darauf hindeutet, dass die Schließung unabhängiger<br />

Radios durch staatliche Akteur_innen nicht auf inhaltlich-diskursiver<br />

Ebene legitimiert wird, sondern entlang einer politischen Konstruktion<br />

technologischer Fakten. 48<br />

Hybride und Netzwerke<br />

Der durch ANT-Konzepte inspirierte Blick auf Medien ist keineswegs daran<br />

interessiert, die denkbare Unterscheidung von Menschen und Nicht-Menschen<br />

zu negieren. Vielmehr möchte er sie als polarisierende Reduktion<br />

sichtbar machen, die nicht als abrufbares Kategorienpaar am Anfang einer<br />

Beobachtung steht, sondern das Ergebnis einer Abstraktion bildet. Um diese<br />

Prämisse sowohl operativ zu belegen als auch empirisch nutzbar zu machen,<br />

müssen zunächst verdinglichte, nicht-menschliche Anteile an Medien über<br />

ihre kausalen und instrumentellen Rollen als Intermediäre 49 hinaus in ihrer<br />

Hybridität (das heißt in der Umgehung von disjunktiven Unterscheidungen<br />

48 Vgl. u. a. Akrich 1987 (s. Anm. 45), S. 53; Latour 2007 (s. Anm. 11), S. 106.<br />

49 In der ANT wird zwischen Vermittlern/Mediatoren und Intermediären unterschieden. Während die beiden<br />

ersten Begriffe synonymisch auf nicht-kausale Erklärungen sozialer Prozesse und Handlungen verweisen,<br />

beschreiben Intermediäre eben solche Größen, denen eine feste Rolle nach dem Ursache-Wirkung-Prinzip<br />

eingeschrieben ist. – Vgl. Latour 2007 (s. Anm. 11), S. 89; Bruno Latour: Reensamblar lo social. Una introducción<br />

a la teoría del actor-red, Buenos Aires 2008, S. 243.<br />

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