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Jahrgang 1 / 2011 - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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mens. Vom Beginn des 20. Jahrhunderts bis in die 30er Jahre hinein scheinen<br />

das Schwimmen und der Schwimmsport außerordentliche Popularität zu genießen,<br />

beide werden in Literatur und Film ausgiebig thematisiert. Schwimmsportler<br />

wie Johnny Weissmüller stiegen in den Rang von Stars auf. 38 Seit die<br />

Strandbesucher der deutschen Strände die Freibadeerlaubnis direkt vom<br />

Strand aus durchsetzen konnten (erstmals 1923 im Seebad Bansin 39 ), entfiel<br />

auch der begrenzende Wasserkasten der bis dahin der Benutzungspflicht unterliegenden<br />

hölzernen Badeanstalten. Einem Schwimmausflug im Meer waren<br />

keine Barrieren mehr gesetzt. Die Heilwirkung des Meerwassers ist seit<br />

dem Erscheinen der ersten Abhandlungen der Badeärzte bekannt und kann<br />

auch bei Hufeland, einem frühen Verfechter des Meerbades in seiner [Die]<br />

Kunst, das menschliche Leben zu verlängern (1798) nachgelesen werden. Über<br />

den therapeutischen Nutzen breitet sich die Wiedergeburtssymbolik des<br />

Wassers. 40<br />

Körper<br />

Der periphere Strandraum bietet seinerseits Raum für eine soziale Randposition:<br />

die Nacktheit 41 . Ende des 19. Jahrhunderts gab die Freikörperkultur-<br />

Bewegung den entscheidenden Anstoß für die Auflösung wilhelminischer<br />

Bekleidungs- und Körpernormen. Das Bedürfnis nach einer Rückkehr des<br />

durch zivilisatorische Einflüsse degenerierten Körpers zu einer als natürlich<br />

und gesund empfundenen Körpersprache beinhaltete auch die Trennung<br />

von einengenden Kleidungsvorschriften und den Aufenthalt des unbekleideten<br />

Körpers im Freien. Reform- und Körperkulturbewegungen suchten<br />

die enge körperliche Nähe zur Natur – bzw. zu dem geographischen Raum,<br />

der im Gegensatz zur (Groß-)Stadt als Natur begriffen wurde. Dennoch befanden<br />

sich die ersten und zahlenmäßig häufigsten Gelände der FKK in urbanen<br />

Zentren, das erste Licht-Luft-Bad entstand 1901 in Berlin am unteren<br />

Kurfürstendamm. 42 In der Zeit des Kaiserreichs von noch zahlenmäßig kleinen<br />

Gruppen unter streng hygienischen, den Idealen der Körperbildung un-<br />

38 Vgl. ebd., u. a. S. 273, S. 278, S. 282 f. – In Sprawsons Darstellung wird deutlich, dass vor allem die amerikanische<br />

Gesellschaft und der Film aus den Hollywood-Studios dem Schwimmen und seinen Protagonist_innen<br />

dergestalt Bedeutung einräumten. Dennoch verweisen kulturgeschichtliche Darstellungen der<br />

Weimarer Republik explizit auf deren ›Amerikanisierung‹, so dass, ohne dass Sprawson dies thematisieren<br />

würde, von einer ähnlichen Wertschätzung des Schwimmsports in der deutschen Gesellschaft dieser Zeit<br />

ausgegangen werden kann. – Vgl. Frank Becker: Amerikanismus in Weimar. Sportsymbole und politische<br />

Kultur 1918-1933, Wiesbaden 1993, S. 24 ff.; Detlev J. K. Peukert: Die Weimarer Republik, Frankfurt am Main<br />

1987, S. 177, S. 178 ff.<br />

39 U. a. Egon Richter: Bansin. Die Geschichte eines Weltbades, Rostock 1990, S. 30 f.<br />

40 Vgl. Christoph Hennig: Reiselust. Touristen, Tourismus und Urlaubskultur, Frankfurt am Main 1999, S. 30.<br />

41 Vgl. Oliver König: Nacktheit. Soziale Normierung und Moral, Opladen 1990, u. a. S. 29 f., S. 31, S. 39.<br />

42 Vgl. Dieter Wildt: Sonnenkult. Von der vornehmen Blässe zum nahtlosen Braun, Düsseldorf, Wien, New<br />

York 1987, S. 50 f.<br />

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