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Jahrgang 1 / 2011 - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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Paradiesgärtlein übernimmt das mittelalterliche Bild von der Seele als Garten.<br />

Dementsprechend soll das Buch dazu dienen, die christlichen Tugenden in<br />

die Seele »zu pflanzen«, aber auch zur »Erneuerung« und »Erweckung«, zur<br />

»Danksagung« und zum »Trost« sowie, schließlich, zu »Heiligung, Lob und<br />

Preiß des Namen Gottes« beitragen. 18 Johann Gerhards Postilla hat die Aufgaben<br />

der »Fortpflanzung des wahren Glaubens, Übung der reinen Liebe, Bekräftigung<br />

der lebendigen Hoffnung«. Ihr Ziel ist die »Erneuerung des inwendigen<br />

Menschen, Erweckung wahrer Gottseligkeit und eines heiligen<br />

Christlichen Lebens«. 19 Scrivers Gottholds zufällige Andachten sind ebenfalls<br />

auf »Übung der Gottseligkeit« gerichtet, »Ehre Gottes« und »Besserung des<br />

Gemüts« sind ihre angestrebten Ziele. 20<br />

Unter Berücksichtigung der individuellen Unterschiede sehen wir fast<br />

überall die gleichen Stichwörter: Seele, Andacht, Übung, Gottseligkeit, Erneuerung,<br />

Erweckung, Trost, Stärkung, Besserung, Aufmunterung. Diese<br />

Konnotationen vereinigt der Begriff Erbauung. Sie stimmen mit den Zielen<br />

der reformwilligen protestantischen Orthodoxie des 17. Jahrhunderts überein:<br />

Individualisierung und Verinnerlichung des Glaubens sowie Förderung<br />

einer christlichen Lebensweise. Anders gesagt, diese Bücher sollen den Menschen<br />

zur Andacht veranlassen und konkrete Anweisungen zum frommen<br />

Leben geben.<br />

Trotz der großen Zahl von Erbauungsbüchern und deren Verfassern werden<br />

in der Forschung einige von ihnen als »klassische Werke« und »klassische<br />

Autoren« 21 der Erbauungsliteratur eingestuft. Darunter fallen jene Bücher,<br />

die am häufigsten in den Inventurlisten vorkommen, in den Leichenpredigten<br />

erwähnt werden, auf eine große Resonanz bei Zeitgenossen stoßen sowie<br />

eine nachweisbare Wirkungsgeschichte in der protestantischen Frömmigkeit<br />

des 17. und 18. Jahrhunderts haben. Wie Untersuchungen der Bestände von<br />

Privatbibliotheken zeigen, weist die Auswahl der Titel und Autoren trotz<br />

regionaler und sozialer Unterschiede eine erstaunliche Übereinstimmung<br />

ligkeit insonderheit Lehrern und Predigern wie auch allen Christlichen Haus-Vätern zu ihrer Andacht Nützlich<br />

und hochnöthig zu lehren und zu gebrauchen [...], Frankfurt am Main, Leipzig 1686.<br />

18 Vgl. Johann Arndt: Paradiß Gärtlein voller Christlicher Tugenden, wie dieselbige in die Seele zu pflantzen<br />

durch andächtige, lehrhafte und tröstliche Gebet zu Erneuerung des Bildes Gottes, zur Ubung deß wahren<br />

lebendigen Christenthumbs [...] zu Erweckung deß neuen Geistlichen Lebens, zur Danksagung für allerley<br />

Wohlthaten Gottes, zum Troßt in Creutz und Trübsal, zur Heiligung, Lob und Preiß des Namen Gottes [...],<br />

Soest 1625.<br />

19 Vgl. Johann Gerhard: Postilla: das ist Außlegung und Erklärung der Evangelischen Texte, so durch gantze<br />

Jahr an den Sontagen und vornehmen Festen, auch der Aposteltage gepredigt werden: mit sonderm Fleiß zu<br />

Fortpflanzung des wahren Glaubens, Ubung der reinen Liebe, Bekrefftigung der lebendigen Hoffnung, Erneuerung<br />

des inwendigen Menschens, Erweckung wahrer Gottseligkeit und eines heiligen Christlichen Lebens,<br />

Jena 1616.<br />

20 Vgl. Christian Scriver: Gottholds Zufälliger Andachten vier Hundert: bey Betrachtung manchereley Dinge<br />

der Kunst und Natur, in unterschiedenen Veranlassungen zur Ehre Gottes, Besserung des Gemüths, und<br />

Ubung der Gottseligkeit geschöpffet, Leipzig, Magdeburg 1679.<br />

21 Rudolf Mohr: Erbauungsliteratur III, 3. Klassiker der lutherischen Erbauungsliteratur. In: Theologische Realenzyklopädie<br />

1982 (s. Anm. 10), S. 57-62.<br />

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