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Jahrgang 1 / 2011 - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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derungen war der Umbau des Musters landwirtschaftlichen Besitzes und<br />

der Produktion hin zum sogenannten Ejido-System. Bereits in der »revolutionären<br />

Verfassung« von 1917 wurde diese Forderung Emiliano Zapatas<br />

festgeschrieben. Erst in den 1930er Jahren wurden jedoch unter dem linkspopulistischen<br />

Präsidenten Lázaro Cárdenas 18 Millionen Hektar enteignet<br />

und in den Gemeinde-basierten Landbesitz überführt. Ziele der Verfassung<br />

waren der Abbau des Großgrundbesitzes, die Verstaatlichung der Wasserquellen<br />

und des Bodens Mexikos.<br />

Die Partei der Institutionellen Revolution (PRI) und deren Vorgängerorganisationen<br />

konnten seit den 1930er Jahren bis zum Jahr 2000 ein Staatsparteiensystem<br />

institutionalisieren, das zwar keine besonders demokratischen Züge<br />

aufwies und nicht partizipativ war, aber in seiner korporativen Kontrolle der<br />

Massengewerkschaften und organisierten Bauernschaft über einen langen<br />

Zeitraum für viele gesellschaftliche Gruppen integrativ wirkte. Dieter Boris<br />

und Albert Sterr sprechen von einem »durchaus inklusiven Korporatismus«<br />

35 . Die politische Partizipation von Bäuerinnen und Bauern sowie ArbeiterInnen<br />

wurde erweitert, allerdings auch innerhalb des PRI-Systems<br />

kanalisiert. 36 Stabilität und politische Dynamiken in der staatlichen Funktionslogik<br />

stützten sich auf den Tausch von (materiellen) Zugeständnissen –<br />

etwa der tatsächlichen relativen Umverteilung von Grund und Boden im<br />

Ejido-System und der Möglichkeit gewerkschaftlicher Organisierung – gegen<br />

politische Unterordnung. Im strengen Wortsinn war die PRI in dieser<br />

Zeit weniger eine politische Partei als vielmehr eine Zentralagentur, die den<br />

mexikanischen Staat als Ganzen verkörperte. Das mächtige Präsidentenamt,<br />

das als Institution praktisch über der Verfassung stand, war integrativer Bestandteil<br />

des Modells. 37 Territoriale Kontrolle wurde in permanenter Aushandlung<br />

über lokale und regionale Caudillos als eine Art »politische Arbeitsteilung«<br />

ausgeübt. Die metropolitane Modernisierungskoalition formulierte<br />

Entwicklungsstrategien, während die lokal verankerten Herrschaftsgruppen<br />

sich im Tausch für relative Autonomie um ländliche Gegenden kümmerten. 38<br />

Innerhalb eines im Grunde fordistischen Entwicklungsparadigmas sorgte<br />

die Nationalisierung des Erdölsektors 1938 zudem für Kapital, das in Infrastruktur,<br />

nationale Industrie etc. investiert werden konnte. Die lange Phase<br />

relativer Stabilität der PRI – in der zwischen Repression, Konzessionen und<br />

teilweisen Partizipationsmöglichkeiten austariert wurde – wird kaum angezweifelt.<br />

Lorenzo Meyer ist der Ansicht, die aus dem Porfiriat bekannten au-<br />

35 Dieter Boris; Albert Sterr: FOXtrott in Mexiko – Demokratisierung oder Neopopulismus?, Köln 2002, S. 23.<br />

36 Vgl. Rhina Roux: El Prínicipe Mexicano. Subalternidad, Historia y Estado, México D.F. 2005, S. 173 ff.<br />

37 Vgl. Gerardo Ávalos Tenorio: El Estado mexicano en disolución. In: Metapolítica, Nr. 66, September 2009,<br />

S. 62-67.<br />

38 Vgl. Marianne Braig; Markus-Michael Müller: Das politische System Mexikos. In: Stefan Rinke; Klaus Stüwe<br />

(Hrsg.): Die politischen Systeme in Nord- und Lateinamerika. Eine Einführung, Wiesbaden 2008, S. 390-416,<br />

hier: S. 391.<br />

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