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Jahrgang 1 / 2011 - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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zugleich eine Anerkennung der Person erfolgt: Durch die Unterstützungsleistung<br />

wird die Besonderheit der Person und zugleich die Beziehung zwischen<br />

den Geschwistern bestätigt. Dennoch bedarf die Solidarität zwischen<br />

den Geschwistern in den Erwartungen der Befragten immer einer Gegenseitigkeit<br />

und kann bei fehlender Gegenseitigkeit in Frage stehen. Damit zeigt<br />

sich auch hier das Bild einer auf spezifische Weise eingeschränkten Solidarität.<br />

Schließlich entstehen und verstärken sich im Verhältnis zu entfernteren<br />

Verwandten häufig Konflikte. So berichten einige Befragte von dem Druck,<br />

den Verwandte auf sie ausüben, indem sie ihnen vorhalten, nicht genug zur<br />

Überwindung ihrer Lage zu tun. Stellvertretend für diesen Personenkreis<br />

werden zum Beispiel die Schwägerin, die Tante oder die Cousine genannt.<br />

Die Erlebnisse, die von den Befragten geschildert werden, beschreiben Enttäuschungen<br />

und Kränkungen, die oft zu einem Bruch mit den jeweiligen<br />

Personen geführt haben. Zugleich bleibt dieser Bruch zumeist insofern unvollständig,<br />

als sie diesen Personen etwa im Rahmen von Familienfeiern immer<br />

wieder über den Weg laufen. Eben solche Ereignisse sind es, in denen<br />

die Konflikte wieder aufflammen und die von den Befragten als überaus unangenehm<br />

und erniedrigend beschrieben werden. Die familiäre Solidarität<br />

ist im Falle dieser entfernten Verwandtschaftsbeziehungen deutlich eingeschränkt.<br />

Etwas ausführlicher soll nun auf die Unterstützung in Freundschaftsbeziehungen<br />

eingegangen werden. Diese Beziehungen erweisen sich einerseits<br />

durch die Erwerbslosigkeit als besonders gefährdet, stellen aber andererseits<br />

besondere Ressourcen der Unterstützung zur Verfügung, die offenbar dem<br />

spezifischen Charakter von Freundschaften geschuldet sind. So zeichnet sich<br />

Freundschaft zunächst, in Abgrenzung zu allen anderen sozialen Beziehungen,<br />

durch Freiwilligkeit aus: Sie ist im Unterschied zu familiären Beziehungen<br />

gewählt und prinzipiell aufkündbar. Im Unterschied zum weiteren Kreis<br />

von Kolleg_innen und Bekannten stellen Freund_innen eine besondere Auswahl<br />

von Personen dar, zu denen eine besondere Verbundenheit empfunden<br />

wird. Diese Verbundenheit wiederum impliziert zugleich eine hohe Verbindlichkeit<br />

im Verhältnis zwischen den Personen, die Freundschaften von allen<br />

anderen Beziehungen unterscheidet. Eben jene Gleichzeitigkeit von Freiwilligkeit<br />

und Verpflichtung ist es, die (als Doppelcharakter von Freundschaftsbeziehungen)<br />

Formen der Unterstützung ermöglicht, die weder Familie und<br />

Partner_in noch sogenannte ›schwache Bindungen‹ leisten können.<br />

Freund_innen leisten einerseits emotionale Unterstützung, die in der Beziehung<br />

zum/zur Partner_in und zur Familie nicht erwünscht oder möglich<br />

ist (zum Beispiel Beratung bei Konflikten mit dem/der Partner_in oder den<br />

Eltern). In diesem Zusammenhang wird oftmals die beste Freundin oder der<br />

beste Freund als herausragende Person genannt, die in besonderer Weise die<br />

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