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Jahrgang 1 / 2011 - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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Bewohnerin des EPZ, aufzeigen, wie Migrationsprozesse sprachliche Zwischenwelten<br />

produzieren können, die einerseits als kreative und kulturelle<br />

Leistung angesehen werden können – andererseits aber auch dazu führen<br />

können, dass MigrantInnen nur noch mit großer Anstrengung verstanden<br />

werden. Abschließend versuche ich, Frau Tekins sprachliche Praxis in die Betrachtung<br />

asylpolitischer Strukturen und die erfahrene Betreuung im EPZ<br />

einzuordnen.<br />

Auswahl der GesprächspartnerInnen<br />

Die Bedeutung von Sprache in der Forschung mit psychisch belasteten<br />

Asylsuchenden<br />

Schon zu Beginn meiner Forschung deutete sich an, dass die Auswahl möglicher<br />

GesprächspartnerInnen unter den ehemaligen BewohnerInnen des EPZ<br />

nicht nur entlang ihres jeweiligen psychischen Zustands, sondern auch entlang<br />

sprachlicher Verständigungsmöglichkeiten erfolgen musste. Ich selbst<br />

konnte neben meiner Muttersprache Deutsch sehr gut Englisch sprechen<br />

und verfügte über einen ehemals guten, aber über die Jahre in Vergessenheit<br />

geratenen Wortschatz der französischen Alltagssprache. Die meisten KlientInnen<br />

waren durch ihren Aufenthalt in der Schweiz damit konfrontiert, die<br />

landesübliche Sprache zu erlernen, um sich im Alltag zurechtzufinden. Die<br />

Asylorganisation Zürich (AOZ) förderte diese Lernprozesse, indem sie die<br />

Asylsuchenden zu Sprachkursen aufforderte und diese Leistung im Sinne<br />

des »Prinzips der Gegenseitigkeit« auch honorierte. 11 Je nach Aufenthaltsdauer,<br />

aber auch abhängig von der psychischen Verfassung und dem jeweiligen<br />

Sprachtalent, konnten die Asylsuchenden des EPZ entsprechend eher<br />

weniger oder sehr flüssig Deutsch sprechen. Je nach Herkunft und Bildungsstand<br />

verfügten sie zusätzlich über Englisch- und/oder Französischkenntnisse.<br />

All jene, deren Heimat in den ehemaligen Kolonialgebieten lag (hier<br />

vor allem diverse afrikanische Staaten), beherrschten von Geburt an neben<br />

ihrer jeweiligen Muttersprache auch die koloniale Sprache des öffentlichen<br />

Systems fließend.<br />

Da es (im Rahmen meiner Forschung) keine Gelder gab, die es ermöglicht<br />

hätten, DolmetscherInnen hinzuzuziehen, einigte ich mich mit den Mitarbei-<br />

11 Die AOZ war die Trägerinstitution des EPZ. Die Vorgaben der AOZ mussten in den verschiedenen Betreuungsangeboten<br />

der Organisation umgesetzt werden. Dazu gehörten auch die Richtlinien des Modells »Im<br />

Austausch. Das Prinzip der Gegenseitigkeit in der Arbeit mit Asylsuchenden«. Das Modell sah vor, dass die<br />

Asylsuchenden für die standardisierte Betreuung und Unterbringung Gegenleistungen erbringen mussten.<br />

Wurden diese nicht erbracht, wurde die Leistung seitens der AOZ gekürzt – bei über die Standarderwartung<br />

hinausgehenden Gegenleistungen erhielten die Betroffenen auch zusätzliche Leistungen. Die aktive Mitarbeit<br />

im Spracherwerb wurde beispielsweise mit einer intensiveren Beratung hinsichtlich einer Arbeitsplatzsuche<br />

etc. honoriert. – Vgl. Broschüre AOZ: Im Austausch. Das Prinzip der Gegenseitigkeit in der Arbeit mit<br />

Asylsuchenden. Ziele. Grundlagen. Instrumente, Zürich 2001.<br />

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