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Jahrgang 1 / 2011 - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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Brücke zwischen Tragödie im subproletarischen Milieu und Passionsgeschichte<br />

(etwa auch durch Bachs Matthäuspassion als Leitmotiv und weitere<br />

intermediale Verweise).<br />

Die Erzählung gewinnt an Spannung, nachdem Maddalena von den Freunden<br />

ihres früheren Zuhälters, den sie an die Polizei verraten hatte, misshandelt<br />

wurde, es aber bei einer polizeilichen Gegenüberstellung nicht wagt, die<br />

wahren Täter zu identifizieren. Sie landet wegen Falschaussage im Gefängnis.<br />

Um sich irgendwie über Wasser zu halten, sucht Accattone zunächst den<br />

Kontakt zu seiner ehemaligen Familie, die aber nichts von ihm wissen will<br />

(Abb. 9). Da er offensichtlich auch nicht tiefer in die Machenschaften des<br />

Lumpenproletariats geraten will, schlägt Accattone das »Angebot« Ballilas,<br />

Mitglied einer Bande von Dieben zu werden, aus (»Spar dir deine Rettungsversuche,<br />

ich fühl’ mich wohl in meinem Dreck«). Zufällig lernt er Stella kennen,<br />

zwischen beiden entwickelt sich eine echte Liebesbeziehung. Vittorio<br />

(Stella nennt Accattone bei seinem bürgerlichen Namen) will zunächst darauf<br />

verzichten, Stella zur Prostituierten zu machen, um an Geld zu kommen.<br />

Der Versuch, einer regulären Beschäftigung nachzugehen (Abb. 10), scheitert<br />

jedoch. Die Arbeit macht Accattone körperlich schwer zu schaffen, von seinen<br />

Freunden wird er aufgezogen (»Accattone, der Schwerarbeiter«) und<br />

fängt daraufhin eine Prügelei mit ihnen an. Schließlich träumt er in der folgenden<br />

Nacht vom Tod Accattones, den er als Vittorio betrauert (Abb. 11).<br />

Daraufhin gibt er es auf, ehrlich werden zu wollen, und drängt Stella nun<br />

doch zur Prostitution. Selbst Tochter einer Prostituierten, ist Stella jedoch<br />

»vorbelastet« und zeigt sich für das Gewerbe ungeeignet. Unterdessen hat<br />

die eifersüchtige Maddalena, die im Gefängnis von Accattones »Neuer« hört,<br />

ihn an die Polizei verraten. Während Accattone gemeinsam mit Balilla und<br />

Cartagine einen Diebstahl begeht, wird er gestellt. Bei der anschließenden<br />

Verfolgungsjagd kommt er ums Leben. Sein Tod (Abb. 12) wird abermals<br />

mythologisch überhöht. Accattones letzter Satz – »Jetzt geht’s mir besser« –<br />

deutet auf seine Erlösung aus der Kette von Selbstbeschuldigungen und Verzweiflungstaten<br />

hin. Ballilas an dieser Stelle demonstrativ falsch ausgeführte<br />

Bekreuzigungsgeste weckt jedoch Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Stilisierung<br />

Accattones zum Heiligen und könnte als Distanzierung vom real existierenden<br />

Christentum im Nachkriegsitalien gedeutet werden. Pasolini lässt<br />

es letztlich offen, ob Accattone bloß Zuhälter und Gauner oder eben auch<br />

mehr ist bzw. worin dieses »mehr« besteht.<br />

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