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Jahrgang 1 / 2011 - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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kauf darstellt. Wegen der direkt aneinandergrenzenden Versorgungsgebiete<br />

hat der Investor auch kein Interesse an einer Stärkung der Stadtwerke Leipzig.<br />

Einzig der Kaufpreis ist ausschlaggebend für die Entscheidung. Dies<br />

zeigt, dass das eigentliche zentrale Argument für den Verkauf von Seiten der<br />

Kommune nicht der Bedarf eines »strategischen Partners«, sondern die Verschuldungssituation<br />

bzw. Unterfinanzierung der Stadt ist.<br />

Wenige Jahre später wird die MEAG von RWE übernommen. 2003 kauft<br />

die Stadt aufgrund von Interessenkonflikten zwischen den privaten und<br />

kommunalen Anteilseignern die kompletten Stadtwerke-Anteile unter hohen<br />

Zusatzkosten im Vergleich zum Verkauf zurück. Möglich wird dies nur<br />

durch einen Entscheid des Kartellamtes. Aber die Debatte um Veräußerungen<br />

kommunaler Unternehmen setzt sich weiter fort.<br />

Alle großen kommunalen Unternehmen werden in den folgenden Jahren<br />

Gegenstand von Privatisierungsdebatten. Im September 2004 erstellt die Industrie-<br />

und Handelskammer Leipzig (IHK) ein internes Gutachten, das den<br />

Beteiligungsbericht der Stadt Leipzig auswertet. Nach dem Prinzip »Privat<br />

hat Vorrang« fordert die Kammer für eine Reihe der kommunalen Unternehmen<br />

und Betriebe die Einschränkung der Geschäftstätigkeit, die (Teil-)Privatisierung<br />

oder die Auflösung. Nach Ansicht der IHK sollen, insofern bisher<br />

Zuschüsse und Bürgschaften für kommunale Unternehmen geleistet werden,<br />

diese reduziert werden. Zur gleichen Zeit wenden sich die Gewerkschaft<br />

ver.di 4 , attac 5 und der BUND 6 mit einem Offenen Brief an die neugewählten<br />

Mitglieder des Stadtrates. Darin heißt es unter anderem: »Wir halten<br />

es für […] wichtig und für eine handlungsfähige Stadt […] lebensnotwendig,<br />

dass sie ihre Aufgaben zur Versorgung mit öffentlichen Dienstleistungen<br />

der Daseinsvorsorge und zur Bereitstellung der erforderlichen<br />

Infrastruktur mit eigenen Mitteln und demokratischer Kontrolle der Bürgerinnen<br />

und Bürger wahrnimmt.« 7<br />

In den darauffolgenden Monaten führen Stadträte der Fraktionen SPD,<br />

CDU und FDP die unterschiedlichsten Privatisierungsvorschläge von kommunalen<br />

Unternehmen ins Feld. Dabei geht es um die Stadtwerke (SWL), die<br />

Wohnungsbaugesellschaft (LWB), die Verkehrsbetriebe (LVB), die Leipziger<br />

Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft (LVV), das städtische Krankenhaus<br />

St. Georg sowie kleinere kommunale Tochterunternehmen. Im Mai 2005 ge-<br />

4 Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) ist eine Mitgliedsgewerkschaft im Deutschen Gewerkschaftsbund<br />

(DGB) mit Sitz in Berlin.<br />

5 Attac (association pour une taxation des transactions financières pour l'aide aux citoyens, dt. »Vereinigung<br />

für eine Besteuerung von Finanztransaktionen zum Nutzen der Bürger«) ist ein internationales globalisierungskritisches<br />

Netzwerk.<br />

6 Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND) ist eine Umweltschutzorganisation mit<br />

Sitz in Deutschland. Der Verein wird auch zu den Naturschutzorganisationen und den Nichtstaatlichen Organisationen<br />

gerechnet.<br />

7 Vgl. Offener Brief an die Leipziger Stadträte vom 1. September 2004:<br />

http://www.attac-leipzig.de/allg/material/2004/brief_stadtraete_2004.pdf (11.01.<strong>2011</strong>).<br />

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