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Jahrgang 1 / 2011 - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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Überblick über die verbliebenen Kapazitäten der Gewerkschaften sein. Die<br />

EFT beabsichtigt, sich gerade in diesem Bereich auch aktiv einzubringen.<br />

Das von ihr geforderte Moratorium zur Evaluation europäischer Liberalisierungspolitik<br />

im Verkehrssektor dürfte jedoch schwer umsetzbar sein, solange<br />

die EU-Kommission unbeirrbar auf Erfolge im fortschreitenden Wettbewerb<br />

orientiert ist. Für eigene Evaluationen der ETF bedürfte es zunächst<br />

einer Stärkung der internationalen Gewerkschaftsarbeit, eine Notwendigkeit,<br />

die nicht von allen Mitgliedern gleichermaßen gesehen wird.<br />

Eine weitere Herausforderung für die Sektorgewerkschaften wäre die<br />

grundsätzliche Überwindung von Organisationsstreitigkeiten, die ihr Arbeiten<br />

erschweren und sich zum Teil aus organisationsstrategischen Gründen<br />

auch auf ihre (inter-)nationale Gewerkschaftsarbeit auswirken. Darüber hinaus<br />

erscheint eine Verstärkung der Bemühungen zur Organisierung von<br />

neuen Eisenbahnern erforderlich. Angesichts des zum Teil sehr geringen Organisationsgrads<br />

könnten sich diverse Strategien zur Mitgliedergewinnung<br />

in Form des sogenannten »Organizing« als wirkungsvoll erweisen.<br />

Dürfte der bisherige europäische Liberalisierungsprozess im Schienenverkehrssektor<br />

voraussichtlich nicht rückgängig gemacht werden, so liegt die<br />

größte Herausforderung der Gewerkschaften darin, den Wettbewerb sozial<br />

zu regulieren. Um Sozialdumping und Tarifunterbietung zu vermeiden,<br />

müssen die nationalen Gewerkschaften »durch EU-weite Mindeststandards<br />

einen nicht unterschreitbaren Sockel in den Arbeitsbedingungen […] schaffen«<br />

und für eine in etwa parallele Entwicklung der Lohnstückkosten sorgen.<br />

39 Ansatz hierfür kann eine Kombination aus Ausweitung des Europäischen<br />

Sozialen Dialogs (ESD) und Europäisierung der Tarifpolitik sein. Fällt<br />

es den Gewerkschaften bislang schwer, Sozialpartnerschaftsvereinbarungen<br />

über europäische Mindeststandards mit der Arbeitgeberseite auf Gemeinschaftsebene<br />

sowie mit Zustimmung des Rates durchzusetzen, und erlaubt<br />

der ESD keinerlei Arbeitskampfmaßnahmen oder Einkommensregelungen 40 ,<br />

so könnten europäische Tarifkoordination und transnationale Gewerkschaftskooperationen<br />

diese Lücke schließen. Als Bespiel hierfür kann die<br />

»DOORN-Initiative« genannt werden – eine tarifpolitische Kooperation von<br />

Gewerkschaften der Beneluxländer und Deutschlands, darunter die ehemalige<br />

TRANSNET, zur Verhinderung tariflicher Unterbietungskonkurrenz. 41<br />

Fehlt es diesem gewerkschaftspolitischen Instrument jedoch bislang noch<br />

am erwünschten Erfolg, so könnte sich dieser einstellen, wenn es den Ge-<br />

39 Vgl. Joachim Kreimer-de Fries: Tarifkooperation der Gewerkschaftsbünde BeNeLux-Deutschland: Die »Erklärung<br />

von Doorn«. In: Rainer Bispinck; Thorsten Schulten: Tarifpolitik unter dem EURO, Hamburg 1999,<br />

S. 185-196.<br />

40 Vgl. ebd.<br />

41 Vgl. Roland Atzmüller; Christoph Hermann: Liberalisierung öffentlicher Dienstleistungen in der EU und<br />

Österreich: Auswirkungen auf Beschäftigung, Arbeitsbedingungen und Arbeitsbeziehungen, Wien 2004,<br />

S. 129.<br />

39

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