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Jahrgang 1 / 2011 - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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Während des Verfahrens versuchte Scheibert entweder seine Aussagen zu<br />

leugnen oder zu rechtfertigen. Alle Anlagen sind auf den 21. Oktober 1942<br />

datiert und von SS-Hauptsturmführer Siebert unterzeichnet. 56 Auf alle erhobenen<br />

Vorwürfe folgte jeweils eine Stellungnahme Scheiberts, in welcher er<br />

seine Behauptungen zumeist zu relativieren versuchte, etwa indem er sie als<br />

Anekdote abtat 57 , die Entstehung seiner Behauptungen schilderte 58 oder den<br />

Vorwurf ganz abstritt. 59 Einen wichtigen Stellenwert im Streit zwischen<br />

Scheibert und den Verfahrensleitern nimmt der Gegenstand von Scheiberts<br />

Nichtsoldatensein ein. In seiner Stellungnahme erklärte er: »Selbstverständlich<br />

sind dergleichen kritische Äußerungen durchaus unmilitärisch, wenn<br />

ich allerdings auch zu bedenken bitte, daß ich nicht Soldat bin und nicht als<br />

Führer ausgebildet wurde.« 60<br />

Prompt reagierte SS-Hauptsturmführer Siebert in seinem Schreiben vom<br />

11. Dezember 1942 folgendermaßen darauf: »Wenn Scheibert seine Äußerungen<br />

mit der Angabe des Nichtsoldatenseins bemänteln will, so muss ich bemerken,<br />

dass Scheibert eine so gute Kinderstube und Bildung (alte Soldatenfamilie)<br />

genossen hat, um zu wissen, dass er die ihm zugetragenen Gerüchte<br />

über Vorgesetzte und vorgesetzte Dienststellen nicht als Tatsachen weitertragen<br />

darf.« 61<br />

Allerdings hatte Scheibert bereits am Ende seiner Stellungnahme vom November<br />

1942 andere Töne angeschlagen, die durchaus von Unterordnung<br />

und Fügsamkeit zeugen: »Ich nehme alle meine Äußerungen mit dem Ausdruck<br />

meines höchsten Bedauerns zurück und verpflichte mich vor allem<br />

zur Aufrechterhaltung strengster Loyalität und Korrektheit für die Zukunft.<br />

Vor allem will ich versuchen, den Schaden, der durch meine Handlungsweise<br />

dem Kommando und dem Ruf einzelner Führer erwachsen ist, wieder<br />

gutzumachen.« 62<br />

Die Frage, ob dies als aufrichtige Loyalität zur SS und ihren Tugendidealen<br />

zu werten ist oder eher als ein verständlicher Versuch, das Strafmaß gering<br />

zu halten, muss unbeantwortet bleiben. Jedenfalls heißt es im Abschlussbericht:<br />

»Dr. Scheibert räumt ein, dass er aus einem ihm angeborenen<br />

Hang zur Schwatzhaftigkeit und zur Erzählung von Klatschgeschichten sich<br />

habe dazu verleiten lassen, Äußerungen, deren Grundlage er selbst nicht<br />

genügend nachgeprüft habe, weiterzugeben. Er gibt zu, dass er dies nur getan<br />

habe, um sich interessant zu machen und um eine witzige Unterhaltung<br />

56 Ebd.<br />

57 Ebd., zu Anlage 6, S. 33.<br />

58 So geschehen in der Stellungnahme zu Anlagen 8 und 9, in der er angibt, »unvorsichtigerweise Gerüchte<br />

wiedergegeben« zu haben. Ebd., S. 53.<br />

59 Ebd., S. 11.<br />

60 Ebd., Stellungnahme Scheiberts, 13.11.1942, S. 62 f.<br />

61 Ebd., Schreiben Siebert an Künsberg, 11.12.1942.<br />

62 Ebd., Stellungnahme Scheiberts, 13.11.1942, S. 64.<br />

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