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Jahrgang 1 / 2011 - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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toritären Strukturen des politischen Systems seien modifiziert, aber keineswegs<br />

durchbrochen oder aufgelöst worden. Dennoch konnte die PRI sich<br />

lange Zeit als die Organisation präsentieren, die alle Erfolge der Revolution<br />

in sich vereine. 39<br />

Der Konsens fiel auseinander, spätestens als sich Anfang der 1980er Jahre<br />

mit den massiven Auslandsschulden des Staates und den fallenden Ölpreisen<br />

die Krise des Fordismus in Mexiko bemerkbar machte. Wirtschaftspolitische<br />

Maßnahmen wirkten nun widersprüchlich (wie die ein Jahrzehnt später<br />

wieder aufgegebene Verstaatlichung der Banken) bzw. entsprachen immer<br />

mehr einem weltmarktorientierten, neoliberal-technokratischen Denken.<br />

Der Unmut der Bevölkerung speiste sich nicht nur aus dem »Anstieg der Arbeitslosigkeit,<br />

Stagnation oder Fall der Realeinkommen«, »sondern die spezifische<br />

Leistung des ›revolutionären Regimes‹, im Prinzip jedem in Mexiko<br />

ein Stück Land, einen Schulplatz, Trinkwasser, Krankenversorgung, eine<br />

Wohnung etc. in Aussicht zu stellen (›Faktor Hoffnung‹), [wurde] fast vollständig<br />

infrage gestellt« 40 . Die autoritären Elemente der Herrschaft waren<br />

immer sichtbarer geworden, etwa in der Erschießung von demonstrierenden<br />

Studierenden in Mexico City 1968. Veränderungen in den Sozialstrukturen<br />

wie eine urbane, immer ausdifferenziertere Mittelschicht, die bessere Bildung<br />

der Bevölkerung erforderten Veränderungen im politischen System,<br />

die allerdings nur sehr langsam vorgenommen wurden. Immer häufiger<br />

näherte sich die PRI den Positionen regionaler Caudillos, UnternehmerInnen<br />

und des Klerus an. 41<br />

Öffentliche Güter wurden privatisiert. Damit sind nicht nur Medien, Naturressourcen<br />

und Transportmittel (Straßen, Häfen, Flughäfen) gemeint, sondern<br />

auch Finanzdienstleistungen oder Pensionsmodelle. Zudem wurde das<br />

Bildungssystem auf allen Ebenen restrukturiert. Ein bedeutendes Strukturierungsmerkmal<br />

ist die Modifikation von Landbesitz und deren Festschreibung<br />

in Artikel 27 der Verfassung. Die Unveräußerlichkeit des Ejido-Landes<br />

wurde aufgehoben, sogenannte Assoziationen mit Unternehmen können geschlossen<br />

werden; Land wird in marktförmige Prozesse einbezogen. Laut<br />

Rhina Roux beinhaltet die untergeordnete Integration in wirtschaftlich-produktive<br />

Projekte wie den Nordamerikanischen Freihandelsvertrag (NAFTA)<br />

auch eine militärische Dimension (z. B. werden über Verträge wie die<br />

Mérida-Initiative und deren Vorläufer finanzielle Mittel und Ausrüstung für<br />

das mexikanische Militär bereitgestellt). 42 Roux’ Analyse gemäß ist eine neue<br />

finanzmarktorientierte Fraktion der herrschenden Klassen entstanden, die<br />

39 Vgl. Lorenzo Meyer: Liberalismo Autoritario. Las contradicciones del sistema político mexicano, México D.F.<br />

1995; vgl. Boris; Sterr 2002 (s. Anm. 35); Ávalos Tenorio 2009 (s. Anm. 37).<br />

40 Boris; Sterr 2002 (s. Anm. 35), S. 25.<br />

41 Vgl. Braig; Müller 2008 (s. Anm. 38); Roux 2005 (s. Anm. 36).<br />

42 Vgl. ebd., S. 227 ff.<br />

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