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Jahrgang 1 / 2011 - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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Gefangenen einen bestrafenden, für nahezu alle auch einen demütigenden<br />

Charakter sowie teilweise tödliche Folgen hatte. Die zur Arbeit Gezwungenen<br />

erhielten keinerlei Lohn, der auch nur ansatzweise als angemessenen<br />

gelten kann. Die Begleitumstände der Zwangsarbeit waren für viele von ihnen<br />

unerträglich. Von den Einsatzträgern und ihren Helfer_innen wurden<br />

Arbeitsunfälle, Folgeschäden durch die Arbeit und selbst der Tod der Gefangenen<br />

bewusst in Kauf genommen.<br />

Im Folgenden werden neben den KZ an den Standorten der Unternehmen<br />

im »Reichsgebiet« 3 auch jene im »Generalgouvernement« berücksichtigt.<br />

HASAG, EHAG und viele andere deutsche Unternehmen wurden nicht nur<br />

»unmittelbar zu Profiteuren des Konzentrationslagersystems [...]« 4 . Sie profitierten<br />

auch von der Verfolgung der europäischen Jüdinnen und Juden<br />

außerhalb des KZ-Systems. ZAL wurden Bestandteil der Firmenstandorte im<br />

»Generalgouvernement«. Zu den Gefangenen aus den Lagern der SS, die<br />

von der Privatindustrie zur Arbeit gezwungen wurden, gehörten auch jene,<br />

die im Laufe von 24 Stunden ein Stammlager des KZ-Systems verließen, um<br />

nach der Arbeit in einem Betrieb außerhalb des KZ dorthin zurückzukehren.<br />

Auch diese Form des Gefangeneneinsatzes soll berücksichtigt werden.<br />

Gefangene der SS wurden ab 1940 an private Unternehmen verliehen. Um<br />

den Gefangeneneinsatz bei der HASAG und beim Heinkel-Konzern besser<br />

fassen zu können, ist eine genaue zeitliche Einteilung hilfreich. Dies soll anhand<br />

des folgenden Phasenmodells 5 geschehen:<br />

1. Phase vom Beginn des Krieges bis Herbst/Winter 1941. Sie ist gekennzeichnet<br />

durch den Blitzkrieg. Im System der Gefangenenlager der SS kommt<br />

es zur Zunahme von Mordaktionen und Zwangsarbeit.<br />

2. Phase: Winter 1941/1942 bis Mai 1943: In dieser Zeit beginnt der Abnutzungskrieg.<br />

Mordaktionen und Zwangsarbeit werden zu zentralen Elementen<br />

der Gefangenenlager der SS.<br />

3. Phase: Mai 1943 bis Sommer 1944: Die Doktrin des »totalen Krieges«<br />

wirkt sich aus. Mordaktionen und Gefangenenzwangsarbeit nehmen deutlich<br />

zu. Das System der SS-Konzentrationslager setzt sich bei SS-Gefangenenlagern<br />

durch.<br />

3 Unter dem Begriff »Reichsgebiet« sollen im Folgenden Deutschland und all jene Teile Europas verstanden<br />

werden, die bis zum 01.09.1939 von diesem annektiert oder wie im Falle Österreichs unter Zustimmung eines<br />

Großteils der dortigen Bevölkerung eingegliedert wurden. Daher wird der Begriff im Folgenden in Anführungszeichen<br />

verwendet.<br />

4 Andreas Heusler: Zwangsarbeit in der NS-Kriegswirtschaft. Zur Genese eines Forschungsgenres. In: Volkhard<br />

Knigge; Rikola-Gunnar Lüttgau; Jens Christian Wagner (Hrsg.): Zwangsarbeit. Die Deutschen, die<br />

Zwangsarbeiter und der Krieg. Begleitband zur Ausstellung, Weimar 2010, S. 198.<br />

5 Die Basis für dieses Modell bilden die Phasen, wie sie von Ulrich Herbert und Karin Orth dargelegt wurden.<br />

– Vgl. Ulrich Herbert: Arbeit und Vernichtung. Ökonomisches Interesse und Primat der »Weltanschauung«<br />

im Nationalsozialismus. In: Ders. (Hrsg.): Europa und der »Reichseinsatz«. Ausländische Zivilarbeiter,<br />

Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge in Deutschland 1938-1945, Essen 1991, S. 387; vgl. Karin Orth: Das System<br />

der nationalsozialistischen Konzentrationslager. Eine politische Organisationsgeschichte, Hamburg<br />

1999, S. 21.<br />

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