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Jahrgang 1 / 2011 - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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Das Projekt wurde in Anwesenheit und unter Einbeziehung von Lehrer<br />

_innen im Rahmen des Schulalltages auf dem Schulgelände durchgeführt.<br />

Von einer Perspektive, die vom Spannungsverhältnis von Differenzierung<br />

und Partizipation ausgeht, stellt sich zunächst die Frage, wer im Rahmen der<br />

Projektpraxis eigentlich an wessen Praxis partizipieren oder sich vielmehr<br />

von der je anderen Praxis differenzieren und abgrenzen will und kann und<br />

welche Konsequenzen das für wen hat: Will das Projektteam mehr in die<br />

schulischen Abläufe eingegliedert werden? Möchte die Lehrerin mehr an<br />

den Projekteinheiten beteiligt sein? Oder bemühen sich die jeweiligen Vertreter_innen<br />

von Projekt und Schule vielmehr darum, am je eigenen Verständnis<br />

von Lernprozessen und -arrangements festzuhalten? Welche Konsequenzen<br />

hat das für das Erleben der Kinder?<br />

Aus dieser Perspektive lassen sich erstens Ambivalenzen in der Rolle der<br />

Lehrerin in der Projektarbeit berücksichtigen, der es im gewohnten Schulsetting<br />

unter Umständen kaum möglich erscheint, sich von ihrem in der<br />

Institution verankerten Bewertungs- und Disziplinierungsauftrag zu verabschieden<br />

und gewohnte Handlungsmuster abzulegen.<br />

Zweitens können Widerstand und Abwehr von Seiten der Kinder auf diesen<br />

strukturellen Widerspruch zurückgeführt werden. So etwa, wenn das<br />

Projektteam mit Kindern z. B. Ausgrenzung thematisiert und sie ermutigt,<br />

auch damit verbundene Gefühle zu benennen. Während sich einige Kinder<br />

auf die Erweiterung des gewohnten schulischen Themen- und Aktionsspektrums<br />

einlassen und mutig über eigene Erfahrungen und Gefühle berichten<br />

können, haben andere Kinder Schwierigkeiten damit, ein in Schule<br />

(gezwungenermaßen) angeeignetes Lernverhalten aufzugeben, wenn Lernarrangements<br />

im Schulgebäude stattfinden und die Lehrerin als erste Bewertungsinstanz<br />

im Schulalltag anwesend ist. Kämpfe um Anerkennung der<br />

Erwachsenen, die Antizipation von Erwartungen und die Orientierung an<br />

sozial erwünschten Antworten sowie Rückzug und defensiv reproduzierendes<br />

Lernen sind Strategien, die so lange unumgänglich erscheinen, wie die<br />

alltägliche Erfahrung von Leistungsdruck und Bewertung ungebrochen<br />

bleibt. Die demokratischen und antidiskriminierenden Inhalte und Ansprüche<br />

des Projektes können von den Schüler_innen in diesem Zusammenhang<br />

kaum anders bearbeitet werden, als dass ihnen in diesen gewohnten<br />

Handlungsmustern begegnet wird.<br />

Drittens führt die Reflexion dieses Widerspruches im Spannungsfeld von<br />

Differenzierung/Partizipation auf der Ebene des Projektes zu einem weiteren<br />

zentralen Widerspruch: der Projektanspruch auf Implementierung und<br />

Nachhaltigkeit in Schule steht dem Anspruch gegenüber, alternative Lernerfahrungen<br />

zum schulischen Lernen zu ermöglichen. Mittlerweile erachte ich<br />

das Handeln des Projektes weniger als fehlende Positionierung, sondern<br />

vielmehr als notwendig widersprüchlich, um Veränderungsprozesse in einem<br />

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