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Jahrgang 1 / 2011 - Rosa-Luxemburg-Stiftung

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jekthandeln wahrnehme und sie meinem Bemühen um eine antidiskriminierende<br />

bzw. antiadultistische Grundhaltung entgegenstehen. Ich frage mich,<br />

wie es möglich ist, der Starre des Systems nicht dadurch zu begegnen, dass<br />

eigene Beweglichkeit im Sinne des »Ablassens von Ansprüchen« auf Kosten<br />

der Kinder bewiesen, sondern eben diese Beweglichkeit vom System gefordert<br />

wird. Wie kann ich mich in meiner Forschung davor schützen, von<br />

Schule vereinnahmt zu werden? Und wie kann ich Praxisprozesse nicht nur<br />

erleichtern, sondern kritisch in Frage stellen und verändern?<br />

Zweitens machte ich in meiner Forschung mit den Kindern auch praktische<br />

Erfahrungen mit schulstrukturellen Begrenzungen in den Beteiligungsmöglichkeiten<br />

von Kindern und damit verbundenen »Fallen« für Erwachsene,<br />

welche theoretisch in verschiedenen Reflexionen mit dem Team und<br />

weiteren Beteiligten bereits mehrfach kritisch thematisiert worden waren. So<br />

gibt es in Schule weder einen Ort für die Bedürfnisartikulation von Kindern<br />

und die Formulierung von Wünschen an den Umgang von Erwachsenen mit<br />

ihnen noch einen Raum, wo die Kinder sich austauschen, vernetzen und<br />

selbst organisieren können. Mit diesen fehlenden strukturellen Räumen einher<br />

geht die Verantwortung von Erwachsenen, nur solche Prozesse anzuregen,<br />

die auch begleitet und strukturell verwirklicht werden können, welche<br />

ich in meinem Forschen mit den Kindern nicht einzuhalten vermochte.<br />

Aus diesem Grund war es mir in der forschenden Arbeit mit Kindern drittens<br />

nicht möglich, es bei der Thematisierung von Bedürfnissen und Wünschen<br />

von Kindern zu belassen, sondern ich sah mich in der Verantwortung<br />

dafür, diese ernst zu nehmen und Kinder dabei zu unterstützen, sie in die<br />

Schule hineinzutragen. Dieses Dilemma veranschaulicht mit meinem Forschungsvorgehen<br />

verbundene, unterschiedlich offen thematisierte oder auch<br />

kaum zugängliche Rollen-, Interessens- und Loyalitätskonflikte. In der Forschungssituation<br />

mit den Kindern wird deutlich, wie meine wissenschaftlichen<br />

Ansprüche als Forschende mit meinen Ansprüchen als Pädagogin<br />

korrelieren, emanzipatorische Veränderungsprozesse anzustoßen. Diese Erfahrungen<br />

können als Bestätigung der Kritik an praxisorientierter Forschung<br />

aufgefasst werden, derzufolge das Ziel praktischer Veränderungen innerhalb<br />

einer wissenschaftlichen Forschung zur Einschränkung des wissenschaftlichen<br />

Erkenntnisgewinnes führt. Trotz dieser Erfahrung und des darin gewachsenen<br />

Bewusstseins über die Begrenzung meines Forschungshandelns,<br />

meiner Perspektive und Einflussnahme sowie die vielfältigen Widersprüche<br />

in meinem Handeln halte ich an meinem praxisbezogenen Vorgehen fest.<br />

Denn auch meine Position ist sehr vielfältig und widersprüchlich: So wie ich<br />

meine Erfahrungen in meinem politischen Wirken auch mit Hilfe theoretischer<br />

Konzepte reflektiere und als Bildungsarbeitende immer Gefahr laufe,<br />

durch meine Fachsprache Einzelne auszuschließen, so trage ich in meine<br />

Forschung auch meine Erfahrungen als Bildungsarbeitende mit politischen<br />

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